WWF-Studie zum CO2-Mindestpreis im Stromsektor
19.03.2018 Der WWF hat eine neue Studie zum CO2-Mindestpreis im Stromsektor vorgestellt. Darin hat das Öko-Institut für den WWF analysiert, wie sich verschiedene Ausgestaltungen von CO2-Mindestpreisen im Stromsektor auf die CO2-Minderung in Deutschland und Europa auswirken. Der WWF fordert von der Bunderegierung gemeinsam mit den europäischen Nachbarländern einen CO2- Mindestpreis von 25€ je Tonne zum Jahr 2020 einzuführen und dies mit einer verbindlichen Stilllegung der ältesten Braunkohlekraftwerke in Höhe von mindestens 7 Gigawatt zu verbinden.
Der Stromsektor habe in Deutschland eine besondere Rolle, weil er mit 40% der Treibhausgasemissionen einerseits der größte Einzelverursacher sei und andrerseits schnelle Minderungen biete, so Michael Schäfer, Leiter des Fachbereichs Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland. Dagegen bliebe über den Emissionshandel der CO2- Preis bis Mitte der 2020er zu niedrig, um einen Anreiz zur CO2-Minderung zu bieten.
Der CO2-Ausstoß in Deutschland sei auf demselben Niveau wie 2009. Deutschland werde ohne die kurzfristige und konsequente Umsetzung weiterer Maßnahmen im Jahr 2020 weder das nationale Klimaschutzziel von 40% (ggü. 1990) noch das europäische Klimaschutzziel in den Nicht-ETS Sektoren von 14% (ggü. 2005) erreichen. Das 40%-Klimaschutzziel werde ohne zusätzliche Maßnahmen voraussichtlich im Jahr 2020 um ca. 90 Mio. t CO2 Äqu. verfehlt (»Minderungslücke«).
Nach dem Ergebnis der Studie könne ein regional eingeführter CO2-Preis in Europa schon bis 2020 erhebliche Mengen an Treibhausgasemissionen einsparen.
Die Berechnungen stützen sich auf einen länderübergreifenden Mindestpreis in Deutschland, den Benelux-Ländern, Frankreich, Österreich und Dänemark. Von den Niederlanden und Frankreich sei bereits bekannt, dass sie einen CO2- Mindestpreis einführen möchten. Gepaart mit Stilllegungen von Braunkohlekraftwerken könnte Deutschland so die bestehende Lücke für das 40%-Ziel schließen. Schäfer betont, dass nach ihren Analysen die sofortige Einführung eines CO2-Mindestpreises von 25 €/t kombiniert mit einer Stilllegung von 7GW im Jahr 2020 zur zusätzlichen Minderung von 77 Mio. t CO2 führe, sodass die Minderungslücke zu 85% geschlossen werde. Um das 40%-Reduktionsziel zu erreichen, müssten in den anderen Sektoren zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die 13 Mio. t CO2 Äqu. einsparen. Darüber hinaus wird in der Studie angeführt, dass sich das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU ETS), dem eine zentrale Rolle für die Emissionsminderungsstrategien im Stromsektor zugedacht worden war, nach wie vor in einer tiefen Krise befinde. Diese werde verursacht von massiven Überschüssen an Emissionszertifikaten. Die aktuell beschlossenen Maßnahmen zur strukturellen Reform des EU ETS markieren zwar wichtige Schritte zur Modernisierung des Systems. Sie blieben jedoch mit Blick auf die Überschusskrise des Systems hinter den Notwendigkeiten zurück.
Stellungnahme des BDEW
Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, erklärt zur WWF-Studie: »Die Vorschläge gehen am eigentlichen Problem vorbei. Während die dem Emissionshandel unterliegende Energiewirtschaft erhebliche CO2-Einsparungen liefert, sind genau diejenigen Sektoren im Rückstand, die nicht vom Emissionshandelssystem erfasst sind.«
Die Emissionen der Stromerzeugung würden bis zum Jahr 2020 um voraussichtlich knapp 40% unter denen des Jahres 1990 liegen. Im Verkehrssektor dagegen seien die Emissionen sogar gestiegen, er stoße heute mehr Kohlendioxid aus als 1990. Auch in der Landwirtschaft und im Wärmemarkt hätten sich die CO2-Emissionen zuletzt erhöht. Dass das Klimaziel 2020 kaum noch zu erreichen sei, liege an diesen nicht vom Zertifikate- System erfassten Sektoren. Kapferer fordert daher, »endlich auch dem CO2- Ausstoß in diesen Wirtschaftszweigen einen Preis geben.«
Im Gegensatz zum WWF führt der BDEW steigende Preise für CO2-Zertifikate auf die beginnende Wirkung der Reform des Emissionshandels zurück. Zudem würden die weiteren beschlossenen Reformschritte den Preis weiter erhöhen. Es würden deutlich mehr CO2-Zertifikate aus dem Markt genommen als bisher. Kapferer verweist dabei auf die Einschätzung des Bundesumweltministeriums: In den frühen 2020er Jahren werde eine Knappheit am Markt entstehen, die wirksame Anreize für Investitionen in den Klimaschutz setzt.
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