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Politische Einigung zu geplanten Offshore-Vorschriften

Nach dem Unfall der »Deepwater Horizon« im Golf von Mexiko im Mai 2010 überprüfte die Kommission die geltenden Sicherheitsbestimmungen der Mitgliedstaaten für Offshore-Aktivitäten und schlug neue Rechtsvorschriften vor, durch die gewährleistet werden soll, dass in der gesamten EU die weltweit strengsten Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltstandards Anwendung finden.

Das Europäische Parlament und der Rat kamen zu einer politischen Einigung über den Legislativvorschlag der Kommission über die Sicherheit bei der Erdöl- und Erdgasförderung in der EU. Es wird erwartet, dass das Europäische Parlament und der Rat die Rechtsvorschriften in den kommenden Monaten förmlich verabschieden. Die vereinbarte Richtlinie umfasst folgende Kernelemente:

  • Lizenzvergabe. Mit der Richtlinie werden klare Regeln für die wirksame Verhütung schwerer Unfälle und für wirksame Notfallmaßnahmen eingeführt. Die Lizenzbehörde in den Mitgliedstaaten muss dafür sorgen, dass nur Betreiber, die nachweislich über ausreichende technische und finanzielle Kapazitäten verfügen, um die Sicherheit der Offshore-Aktivitäten und den Umweltschutz zu gewährleisten, zur Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas in den Gewässern der EU zugelassen werden. Vor der Aufnahme von Explorationsbohrungen in Gebieten, in denen noch keine Bohrungen vorgenommen wurden, ist die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen.
  • Unabhängige, für die Anlagensicherheit zuständige nationale Behörden überprüfen die Bestimmungen über Sicherheit, Umweltschutz und Notfallbereitschaft auf Bohrinseln und Plattformen sowie die Arbeiten darauf. Halten die Unternehmen die Mindeststandards nicht ein, ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Durchsetzung und/oder verhängen Sanktionen; im schlimmsten Fall müssen die Betreiber die Bohrungen oder die Förderung einstellen.
  • Obligatorische Ex-ante-Notfallplanung. Die Unternehmen müssen vor dem Beginn der Exploration oder der Förderung für ihre Anlage einen Bericht über die damit verbundenen ernsten Gefahren erstellen, der eine individuelle Risikobewertung und Risikokontrollmaßnahmen sowie einen Notfallplan umfasst. Diese Unterlagen müssen den nationalen Behörden vorgelegt werden, die über das weitere Vorgehen entscheiden.
  • Unabhängige Prüfer. Die vom Betreiber vorgestellten technischen Lösungen müssen vor Inbetriebnahme der Anlage und dann regelmäßig während des Betriebs von einem unabhängigen Prüfer überprüft werden.
  • Transparenz. Den Bürgern werden Informationen über das Sicherheits- und Umweltschutzniveau der Branche und die Tätigkeiten der zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung gestellt, die sie vergleichen können. Die Informationen werden auf den Websites dieser Behörden veröffentlicht. Informanten, die Missstände aufzeigen, werden geschützt. Betreiber, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind, müssen Berichte über schwere Unfälle vorlegen, an denen sie außerhalb des Gebiets der Union beteiligt waren, damit die daraus gewonnenen Erkenntnisse geprüft werden können.
  • Notfallmaßnahmen. Die Unternehmen müssen Notfallpläne auf der Grundlage der Risikobewertungen für ihre Bohrinsel oder Bohrplattform ausarbeiten und Ressourcen vorhalten, um sie im Bedarfsfall umzusetzen. Die Mitgliedstaaten berücksichtigen diese Pläne ihrerseits bei der Erstellung der nationalen Notfallpläne. Zu den Plänen finden regelmäßig Übungen der Unternehmen und der nationalen Behörden statt.
  • Haftung. Die Öl- und Gasunternehmen haften uneingeschränkt für Umweltschäden, die sie an geschützten Meereslebewesen und natürlichen Lebensräumen verursachen. Hinsichtlich Schäden an Gewässern wird die geografische Zone auf alle Meeresgewässer der EU ausgedehnt und umfasst damit auch die ausschließliche Wirtschaftszone (bis zu 370 km von der Küste entfernt) und den Festlandsockel, der der Rechtshoheit der Küstenmitgliedstaaten untersteht. Der derzeitige EU-Rechtsrahmen für die Umwelthaftung bei Gewässerschäden gilt nur für die Hoheitsgewässer (d.h. in einer Entfernung von ca. 22 km von der Küste).
  • EU-Gruppe der Offshore-Behörden. Off shore-Inspektoren der Mitgliedstaaten werden zusammenarbeiten, um für einen wirksamen Austausch der besten Praktiken zu sorgen und zur Entwicklung und Verbesserung der Sicherheitsstandards beizutragen.
  • Internationale Zusammenarbeit. Die Kommission wird mit ihren internationalen Partnern zusammenarbeiten, um auf die Anwendung der höchsten Sicherheitsstandards weltweit hinzuwirken. In der EU tätige Betreiber müssen nachweisen, dass sie auch außerhalb des Gebiets der Union die gleiche Strategie zur Vermeidung schwerer Unfälle anwenden, der sie bei ihren Tätigkeiten innerhalb der EU folgen.

- EU-Kommission -

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