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Land Berlin unterliegt im Stromnetzverfahren auch vor Kammergericht

24.09.2020 Seit Jahren will der Berliner Senat das Stromnetz wieder verstaatlichen, doch der bisherige Betreiber Vattenfall wehrt sich erfolgreich dagegen. Nun hat das Land vor dem Kammergericht Berlin (KG) eine Niederlage erlitten und die Berufung des Landes Berlin letztinstanzlich abgewiesen. Eine Revision ist nicht möglich. Damit ist dem Land zumindest vorerst untersagt, die Konzession für den Netzbetrieb an das Landesunternehmen Berlin Energie zu vergeben. Damit folgten die Richter einer Entscheidung des Berliner Landgerichts vom November 2019. Die Begründungen für die Abweisung fallen jedoch durchaus unterschiedlich aus. Intransparenz durch mangelhafte Akteneinsicht und eine fehlerhafte Auswertung der Kriterien bei der Ausschreibung sah das KG als entscheidend für die Abweisung der Klage an. Das Landgericht Berlin als Vorinstanz hatte dagegen wesentlich grundsätzlicher argumentiert: Die Richter dort hielten das Landesunternehmen weder personell noch technisch für eine effiziente Durchführung des Netzbetriebs geeignet. Außerdem zweifelten sie die Neutralität der Vergabestelle an, die die Ausschreibung durchgeführt hatte. Diesen Gründen folgte das KG nicht. Weiter möglich ist also, dass der Berliner Senat bei den nun kritisierten Punkten nachbessert und die Vergabe doch noch aus seiner Sicht erfolgreich abschließen kann. Allerdings handelte es sich bei dem nun abgeschlossenen Verfahren um ein Eilverfahren. Das anhängige Hauptverfahren zur Sache, das vor dem Berliner Landgericht anhängig ist, wurde bislang nicht eröffnet. Wie das Land nun vorgeht, ist also offen. Der bisherige Konzessionsinhaber Stromnetz Berlin, eine Vattenfall-Tochter, geht in einer Stellungnahme davon aus, dass das Land Berlin die Entscheidung des Kammergerichts respektiert, zeitnah eine Neubewertung der Angebote vornimmt und eine Entscheidung zugunsten der Stromnetz Berlin trifft. Das Konzessionsangebot sowie das Kooperationsangebot der Stromnetz Berlin lägen dem Land Berlin vor und seien immer noch gültig. Die Konzession zum Stromnetz in Berlin ist formell seit 2014 abgelaufen. Der Berliner Senat arbeitet seit Jahren daran, Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte rückgängig zu machen. Auch das Stromnetz soll wieder in staatliche Hand wechseln. Berlin hatte seine Anteile am Stromversorger Bewag 1997 abgegeben, Vattenfall übernahm 2001 die Mehrheit. Nach einem langwierigen Ausschreibungsverfahren bekam der landeseigene Betrieb »Berlin Energie« im vergangenen Jahr den Zuschlag für 20 Jahre. Eine unabhängige Vergabekammer des Senats hatte zuvor das Angebot aus drei verschiedenen ausgewählt. Dagegen hatte der bisherige Betreiber Stromnetz Berlin geklagt und vor dem Landgericht Recht bekommen. Dies hat das KG nun letztinstanzlich bestätigt. - MS -

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