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Kommission drängt auf die strikte Einhaltung der EU-Vorgaben zur Wasserversorgung/Abwasserentsorgung

10.07.2014 Die Europäische Kommission geht in zwei parallelen Verfahren gegen Italien und Portugal vor, um die Versorgung der EU-Bürger mit sauberem Trinkwasser bzw. die sachgerechte Entsorgung von Abwasser sicherzustellen.

Kommission fordert Italien auf, für gesundes und sauberes Trinkwasser zu sorgen

Die Europäische Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet, weil das Land es versäumt hat, dafür zu sorgen, dass sein Trinkwasser den EU-Vorschriften entspricht. Die Belastung des Wassers mit Arsen und Fluorid ist in Italien und insbesondere in der Region Latium seit langem ein Problem.

Nach der Trinkwasserrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten das Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch anhand von 48 mikrobiologischen, chemischen und Indikator-Parametern überwachen und testen. Werden hohe Mengen an Arsen oder anderen Schadstoffen festgestellt, dürfen die Mitgliedstaaten für einen bestimmten Zeitraum von den in der Richtlinie festgesetzten Höchstwerten abweichen, sofern keine potenzielle Gefährdung für die menschliche Gesundheit besteht und die Trinkwasserversorgung nicht auf andere zumutbare Weise aufrechterhalten werden kann.

Laut der Richtlinie sind insgesamt drei Abweichungen für eine Dauer von jeweils höchstens drei Jahren zulässig.

Die Mitgliedstaaten dürfen zweimal von den Höchstwerten abweichen und können unter außergewöhnlichen Umständen noch ein drittes Mal eine Abweichung beantragen. Mit dem Abweichungszeitraum sollten die betreffenden Mitgliedstaaten Gelegenheit erhalten, dauerhafte Lösungen zur Behebung der Probleme zu finden.

Die Beschlüsse über die Zulassung von Abweichungen enthalten strenge Bedingungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit. So muss Italien sicherstellen, dass für Säuglinge und Kinder bis drei Jahren genügend genusstaugliches Trinkwasser zur Verfügung steht. Die Abweichungen wurden davon abhängig gemacht, dass Italien die Abnehmer über die Gefahren - insbesondere die Gefahren für Kinder - informiert, die sich aus dem Konsum des betreffenden Trinkwassers ergeben. Außerdem wurde Italien aufgefordert, einen Plan für Abhilfemaßnahmen zu erstellen und die Kommission über die erzielten Fortschritte zu unterrichten.

Mehr als ein Jahr nach Ablauf der dritten Abweichung wird in Italien weiterhin gegen die Richtlinie verstoßen. In 37 Wasserversorgungsgebieten der Region Latium werden die Grenzwerte für Arsen und Fluorid nach wie vor überschritten. Deshalb richtet die Kommission auf Empfehlung von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik jetzt ein erstes Mahnschreiben (die erste förmliche Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens) an Italien.

Kommission klagt gegen Portugal wegen Versäumnissen bei der Abwasserbehandlung

In einem anderen Verfahren klagt die Europäische Kommission gegen Portugal vor dem Gerichtshof, weil das Land es versäumt hat sicherzustellen, dass das Abwasser kleiner Gemeinden ordnungsgemäß behandelt wird. Das Fehlen geeigneter Kanalisationssysteme und Kläranlagen, die nach EU-Recht seit 2005 für kleine Gemeinden vorgeschrieben sind, stellt eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sowie für die Binnengewässer und die Meeresumwelt dar.

Zwar konnten erhebliche Fortschritte erzielt werden, seit die Kommission im Jahr 2009 in dieser Sache eine »mit Gründen versehene Stellungnahme« an Portugal gerichtet hat. Aufgrund der nach wie vor bestehenden erheblichen Mängel hat die Kommission jedoch auf Empfehlung von EU-Umweltkommissar Janez Potocnik den Gerichtshof der Europäischen Union mit dem Fall befasst.

Nach den EU-Vorschriften über die Behandlung von kommunalem Abwasser aus dem Jahr 1991 hätten kleinere Gemeinden (dies sind in der Regel solche mit Einwohnerzahlen zwischen 2.000 und 15.000) ihre Systeme zur Sammlung und Behandlung von Abwasser bis spätestens 2005 einrichten müssen. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das in die Kanalisation eingeleitete Wasser zur Schadstoffbeseitigung einer Zweitbehandlung unterzogen wird, bevor es ins Meer oder in Binnengewässer eingeleitet wird. Des Weiteren müssen die Kläranlagen so ausgelegt sein, dass sie saisonale Schwankungen des Abwasseraufkommens auffangen können.

Portugal hinkt bei der Umsetzung dieser Vorschrift hinterher. 2009 übersandte die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, weil acht Städte in Portugal immer noch nicht an ein geeignetes Abwassersystem angeschlossen waren und 186 Städte keine Zweitbehandlungsanlage hatten oder nur über unzureichende Kapazitäten verfügten.

Während seit 2009 hier beträchtliche Fortschritte erzielt wurden, zeigen die jüngsten Informationen, dass 52 Gemeinden noch immer nicht über geeignete Anlagen verfügen und in 25 Fällen keine Frist für die vollständige Einhaltung gesetzt wurde. Daher hat die Kommission nunmehr beschlossen, den Gerichtshof mit dem Fall zu befassen.

- eh -

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