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Kohleausstiegsgesetz: Stromerzeuger STEAG scheitert vor dem BVerfG

18.08.2020 Mehrheitlich kommunale Unternehmen können sich laut Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nicht auf ihre materiellen Grundrechte berufen. Das BVerfG hat den Antrag des Essener Energiekonzerns STEAG auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Ausschreibungsvolumen und der Höhe des Steinkohlezuschlags nach dem sogenannten Kohleausstiegsgesetz mit Beschluss vom 18.08.2020 - 1 BvQ 82/20 abgelehnt. Das Kohleausstiegsgesetz trat am 14.08.2020 in Kraft und hat zum Ziel, die Kohleverstromung in Deutschland bis 2038 schrittweise zu reduzieren und zu beenden. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde der STEAG von vornherein unzulässig wäre, weil sich dieses als gemischtwirtschaftliches Unternehmen, an dem die öffentliche Hand mit mehr als 50% beteiligt ist, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auf Grundrechte berufen könne. Entgegen der Einschätzung des Unternehmens gebe auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) hier keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Diese käme nur dann in Betracht, wenn nach Art. 51 Abs. 1 S. 1 GRCh die Durchführung von Unionsrecht in Frage stehe. Das sei nicht der Fall. Die STEAG ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Alleingesellschafterin seit 2014 die Kommunale Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (KSBG) ist. Bei der KSBG handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener kommunaler Stadtwerke- und Holding-Unternehmen. Eigentümer der STEAG sind über mehrere Ebenen hinweg überwiegend kommunale Gebietskörperschaften, welche insgesamt 85,9% der Anteile halten. Am 29.07.2020 hatte das Unternehmen den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Es ist der Ansicht, es könne sich trotz der Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand auf Grundrechte berufen. Dies ergebe sich auch aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG. Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, staatliche Unternehmen und sogenannte gemischtwirtschaftliche Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mehr als 50% der Anteile hält, können sich nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht nach Art. 19 Abs. 3 GG auf die materiellen Grundrechte berufen. Daran hält das Gericht fest. Die Antragstellerin könne sich deshalb als überwiegend von kommunaler Hand gehaltenes, gemischtwirtschaftliches Unternehmen nicht auf die von ihr als verletzt gerügten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 (Eigentumsfreiheit) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) berufen. Die STEAG ist einer der größten Betreiber von Steinkohlekraftwerken in Deutschland. Sie sieht sich bei den Entschädigungen für das vorzeitige Abschalten der Anlagen gegenüber den Betreibern von Braunkohlekraftwerken benachteiligt, die feste Entschädigungssummen erhalten. Für Steinkohlekraftwerke sind dagegen Ausschreibungsverfahren mit Höchstsummen vorgesehen. STEAG hatte die Beträge als «unangemessen niedrig» kritisiert. Betreiber von Steinkohlekraftwerken befürchten, auf einem erheblichen Teil ihrer Investitionen in jüngere Anlagen sitzen zu bleiben. - Quelle: BVerfG -

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