Kernbrennstoffsteuer verfassungsgemäß?
Nach Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist die von AKW-Betreibern zu zahlende Kernbrennstoffsteuer verfassungsgemäß. Das Gericht hat mit zwei Beschlüssen vom 11.1.2012 Anträge des Energiekonzerns EnBW auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die Steuerfestsetzung abgelehnt.
Anders als das FG Hamburg und das FG München hat es keine ernstlichen Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die Kernbrennstoffsteuer stehe auch im Einklang mit dem Europarecht (Az.: 11 V 2661/11 und 11 V 4024/11).
Der Energiekonzern EnBW wendet sich gegen die Kernbrennstoffsteuer für Betreiber von Atomkraftwerken. Zwar zahlte er zunächst die Steuer, legte gegen die als Steuerfestsetzungen wirkenden Anmeldungen jedoch Einsprüche ein und begehrte, die Vollziehung der Steueranmeldung aufzuheben. Das zuständige Hauptzollamt lehnte dies ab. EnBW beantragte daraufhin einstweiligen Rechtsschutz beim FG.
Das FG Baden-Württemberg hat die Entscheidungen des Hauptzollamtes bestätigt und im Gegensatz zu den Finanzgerichten Hamburg und München die Kernbrennstoffsteuer für verfassungsgemäß erklärt. Für die Frage, ob es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallende Verbrauchsteuer handelt, kommt es nach seiner Ansicht nicht darauf an, ob die Steuer auf die Stromkunden abwälzbar ist oder nicht. Dabei beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht konnte auch keinen Verstoß des Gesetzes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) erkennen. Das Eigentumsrecht der AKW-Betreiber sei nicht verletzt, sofern sie ihre kerntechnischen Anlagen weiterhin rentierlich betreiben können.
Das FG hält die Kernbrennstoffsteuer auch für europarechtskonform. Insbesondere verneint das Gericht einen Verstoß gegen das Verbot der Erhebung nicht harmonisierter Verbrauchsteuern auf elektrischen Strom. Auch habe der Gesetzgeber mit dem KernbrStG keine der Verpflichtungen verletzt, welche die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) eingegangen sei.
Bei der im Verfahren auf Aufhebung der Vollziehung einer Steuerfestsetzung ausreichenden, aber auch gebotenen summarischen Prüfung verstoße die Anwendung des KernbrStG - so der Senat weiter - auch nicht gegen primäres oder sekundäres Europarecht. Insbesondere sei der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, das Gesetz verstoße gegen das Verbot der Erhebung nicht harmonisierter Verbrauchsteuern auf elektrischen Strom, nicht stichhaltig.
Es ist damit zu rechnen, dass das mit seinem Antrag gescheiterte Unternehmen mit der vom Gericht zugelassenen Beschwerde den Bundesfinanzhof anrufen wird, wo bereits Beschwerden gegen die anderslautenden Entscheidungen der Finanzgerichte Hamburg und München anhängig sind. Eine endgültige Klärung der Rechtslage wird allerdings im Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz nicht zu erreichen sein.
Diese wird erst aufgrund bereits anhängiger - soweit bekannt aber noch nicht entschiedener - Klageverfahren herbeigeführt werden können. Erst in solchen Verfahren können die aufgeworfenen Fragen - möglicherweise unter Anrufung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Gerichtshofs der Europäischen Union - abschließend beurteilt werden.