EWI-Studie: Prüfung des Strommarktdesigns notwendig, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten
11.02.2020 Ob das aktuelle Strommarktdesign das heutige Niveau an Versorgungssicherheit künftig noch garantieren kann, ist nach einer Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI) angesichts des Rückgangs der konventionellen Erzeugung fraglich. Das EWI stellt fest, dass durch den Ausbau der erneuerbaren Energien, den Ausstieg aus der Kernenergie sowie die Einführung verschiedener (Netz-)Reserveinstrumente die konventionellen Erzeugungskapazitäten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen sind. Aufgrund der Pläne für einen beschleunigten Kohleausstieg sowie der aktuell kaum absehbaren Investitionen in neue Kapazitäten sei zu erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzen werde. Voraussichtlich werden im Vergleich zum Jahr 2019 bis 2023 ca. 17 GW weniger Kapazität, bis zum Jahr 2030 sogar ca. 28 GW weniger Kapazität an Kohle- und Kernenergie zur Verfügung stehen.
Zugleich stünden die verbleibenden konventionellen Kraftwerke vor der Herausforderung, auch bei mehr volatiler EE-Einspeisung bereitzustehen, um Schwankungen auszugleichen, auch wenn sie nur in wenigen Stunden im Jahr eingesetzt werden, und dadurch auch nur wenig Zeit haben, sich zu refinanzieren. Dass zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in wind- und sonnenarmen Stunden zusätzliche regelbare Leistung erforderlich sein wird, ist unumstritten, auch wenn zur Höhe des Bedarfs unterschiedliche Berechnungen existieren.
Nach Auffassung des Instituts steht das aktuelle deutsche Strommarktdesign somit vor mehreren Herausforderungen. Die eine bezieht sich auf Knappheitssituationen. Im aktuellen Marktdesign würde Strom auf Grundlage eines sog. Energy-Only-Marktes gehandelt. Der Preis bilde sich jeweils auf Basis der kurzfristigen variablen Kosten der Stromerzeuger. Sei die Erzeugung knapp, seien die Preise kurzfristig sehr hoch. In Knappheitssituationen, in denen alle verfügbaren Kraftwerke im Einsatz sind, könnten sich Preise oberhalb der Grenzkosten der letzten Erzeugungseinheit einstellen. Diese Preisspitzen seien aber grundsätzlich wichtig, damit auch Spitzenlastkraftwerke ihre Kapitalkosten finanzieren können, so das EWI. Außerdem könnten häufig auftretende Preisspitzen Anreiz für Erzeuger sein, in neue Kapazitäten zu investieren.
Für eine effiziente Preisbildung sei darüber hinaus wichtig, dass der Verbrauch reduziert, bzw. angepasst werden könne, also eine Preiselastizität gegeben sei. Sei das nicht der Fall, könnten eigentlich effiziente Knappheitspreise nicht entstehen. In der Folge könne es kurzfristig zu unerwünschten Abschaltungen von (Industrie-)Verbrauchern kommen, die ggf. mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten einhergingen. Langfristig könnten fehlende Preisspitzen dazu führen, dass Investitionssignale nicht ausreichend zustande kommen. Grundsätzlich stelle sich hier die Frage, welches Niveau an Versorgungssicherheit gesellschaftlich erwünscht bzw. volkswirtschaftlich optimal ist.
Das EWI kommt zum Ergebnis, dass die veränderten Rahmenbedingungen, etwa der Kohleausstieg oder der anvisierte zusätzliche volatile EE-Anteil, eine Neubewertung des aktuellen Strommarktdesigns erfordern. Es stelle sich die Frage, ob das bestehende Strommarktdesign ausreiche, oder ob eine leistungsbezogene Vergütung von Kapazität eine sinnvolle Ergänzung darstellen könnte. Zur Beantwortung der Frage bedürfe es allerdings einer fundamentalen Modellierung und Analyse.
- Quelle: EWI -