EU ist bei Energieunion auf gutem Weg, doch Netzausbau in Deutschland bleibt eine Herausforderung
02.01.2018 Die Europäische Kommission hat am 24.11.2017 den dritten Bericht zur Energieunion, der ausführliche Analysen für die 28 Mitgliedstaaten enthält, veröffentlicht. Aus dem Bericht geht hervor, dass die EU auf gutem Weg ist, die Energieunion zu verwirklichen. Auf Deutschland bezogen zeigt der Bericht auf, dass hier der Ausbau des Stromübertragungsnetzes noch eine wichtige Herausforderung für die Zukunft bleibt.
Der dritte Bericht über die Lage der Energieunion gibt einen Überblick über die Fortschritte, die im vergangenen Jahr nach Veröffentlichung des zweiten Berichts über die Lage der Energieunion vom Februar 2017 erzielt wurden, und enthält eine Vorschau auf das kommende Jahr. In den ersten drei Jahren des Vorhabens Energieunion wurde der Schwerpunkt stärker auf Gasprojekte gelegt, die für die Beendigung der Abschottung der Energieversorgung im östlichen Ostseeraum und die Versorgungssicherheit in Südosteuropa entscheidend waren. Ab 2017 konzentriert sich die EU-Förderung mehr auf Projekte in den Bereichen Stromversorgung und intelligente Netze, wobei es vor allem darum geht, erneuerbare Energiequellen grenzüberschreitend einzubinden, Innovationen und die Digitalisierung voranzutreiben und das Netz »intelligenter« zu machen. Die Kommission hat dazu eine neue Liste mit Vorhaben für wichtige Stromverbundnetze vorgestellt. So werden Verbindungsleitungen zwischen Dänemark nach Deutschland sowie die Südlink- Windstromleistung als Projekte von gemeinsamem Interesse durch die EU gefördert.
Maroš Šefˇcoviˇc, Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für die Energieunion, äußerte sich zu dem Bericht wie folgt: »Die Energieunion wird nur dann ein Erfolg, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Ziel ist, unserer Verpflichtung zur Vollendung der Energieunion bis zum Ende der Amtszeit dieser Kommission nachzukommen. Im Jahr 2019 darf die Energieunion nicht mehr länger nur auf dem Papier stehen, sondern muss tägliche Realität sein, die jedem EU-Bürger zugutekommt. Hier ist in allen Teilen der Gesellschaft mehr Eigenverantwortung gefragt. Deshalb steht das nächste Jahr für mich im Zeichen des Engagements.«
Der EU-Kommissar für Klimapolitik und Energie, Miguel Arias Cañete, ergänzte: »Die europäische Energiewende ist auf gutem Weg - der Anteil der erneuerbaren Energien ist auf Rekordhöhe, bei gleichzeitig rasch sinkenden Kosten. Aber die europäische Energieinfrastruktur muss sich in gleichem Tempo in dieselbe Richtung entwickeln, um diese Energiewende zu unterstützen. Deshalb haben wir eine neue Liste mit Vorhaben für wichtige Stromverbundnetze und für intelligente Netze vorgeschlagen. Die heute beschlossenen Schritte zur Förderung der Infrastruktur für saubere Energie sind ein weiterer wichtiger Vorstoß für mehr Nachhaltigkeit, mehr Wettbewerbsfähigkeit und mehr Sicherheit im Energiesystem und schaffen einen echten europäischen Mehrwert.«
Analyse zu Deutschland
Bereits 2002 hatte der Europäische Rat alle Mitgliedstaaten aufgefordert, bis 2020 einen Verbundgrad von mindestens 10 Prozent ihrer vorhandenen Stromerzeugungskapazitäten zu erreichen, d.h. jeder Mitgliedstaat sollte seine Stromleitungen so auslegen, dass mindestens 10 Prozent des in den jeweiligen Kraftwerken erzeugten Stroms grenzüberschreitend in Nachbarländer weitergeleitet werden kann. Der Stromverbund in Deutschland ist zwischen 2014 und 2017 von 10 auf 8,9 Prozent gesunken und liegt damit hinter dem Ziel von 10 Prozent bis 2020. Durch die Fertigstellung der derzeit laufenden Projekte von gemeinsamem Interesse (PCI), an denen Deutschland beteiligt ist, ist das Land dennoch auf einem guten Weg, das 10 Prozent-Ziel bis 2020 zu erreichen.
Interne Engpässe im deutschen Stromübertragungsnetz stellen jedoch sowohl innerhalb Deutschlands als auch in den benachbarten Mitgliedstaaten nach wie vor eine Herausforderung dar. Es werden zwar große Anstrengungen unternommen, um die internen Netzwerke zu verbessern, aber die Verzögerungen bei wichtigen Projekten sind, auch wegen des politischen Widerstands, beträchtlich. Netzüberlastung erfordert zunehmende Eingriffe von Übertragungsnetzbetreibern. Darüber hinaus wurde ein Reservesystem eingeführt, um die internen Engpässe vorübergehend zu beheben, bis das interne Netz ausreichend entwickelt ist.
Auch im Hinblick auf die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ergeben sich für das deutsche Stromnetz neue Anforderungen. Erneuerbarer Strom wird dezentral erzeugt, so dass große Offshore-Projekte, die in Nord- und Ostsee geplant sind, den Bedarf an Netzmanagement erhöhen dürften. Im dritten Bericht über die Lage der Energieunion wird insofern bestätigt, dass ohne Anpassung der Infrastruktur an die Erfordernisse des zukünftigen Energiesystems eine Energiewende nicht möglich ist.
Die Energie-, Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastrukturen sind immer stärker miteinander verknüpft. Lokale Netze gewinnen im täglichen Leben der EU-Bürger - die zunehmend auf Elektromobilität, dezentrale Energieerzeugung und Laststeuerung setzen - immer mehr an Bedeutung. Dabei wurden bereits beachtliche Fortschritte erzielt, aber insbesondere im Elektrizitätsbereich treten weiterhin Engpässe auf.
Aus diesem Grund hat die Kommission am 24.11.2017 eine Mitteilung zum Stromverbundziel von 15 Prozent für 2030 angenommen.
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