Digitalisierung treibt Stadtwerke um – wichtigstes Thema in den nächsten Jahren
Neue Stadtwerkestudie veröffentlicht:
18.06.2018 Die Stadtwerke in Deutschland befinden sich mitten in der digitalen Transformation - entsprechend nimmt die Digitalisierung inzwischen für sie eine so große Bedeutung wie noch nie ein. 77% der Stadtwerke wollen sich in den kommenden zwei bis drei Jahren stark oder sehr stark mit der Digitalisierung auseinandersetzen - vor einem Jahr waren es noch 71%. Mit Smart Metering - also intelligenten Messstellen - wird von 75% der Stadtwerke ein eng mit der Digitalisierung verknüpftes Thema ebenfalls als besonders wichtig hervorgehoben. Das sind die Ergebnisse der neuen Stadtwerkestudie 2017 im Auftrag der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young und des BDEW. Daran beteiligt waren 101 deutsche Versorgungsunternehmen aller Größenordnungen. Befragt wurden deren Vorstände und Geschäftsführer.
Einstellung hat sich gewandelt
Durch die zunehmende Bedeutung der digitalen Technologien sehen 51% - also über die Hälfte der Unternehmen - die Digitalisierung inzwischen als Chance. Vor einem Jahr waren es noch 47%. Der Anteil der Stadtwerke, die die Digitalisierung als Bedrohung wahrnehmen, ist dagegen von 27 auf 22% gesunken. Mit Hilfe digitaler Technologien wollen 59% der Stadtwerke bis 2020 die Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Geschäftsprozesse deutlich steigern und 5% die Kommunikation mit Lieferanten und Kunden auf Echtzeit- Kommunikation in beide Richtungen umstellen.
Bis 2030 könnten die Umwälzungen noch deutlich gravierender ausfallen, mit Auswirkungen, die heute noch gar nicht abzuschätzen sind. Die Stadt - werke schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden 12 Jahren zu grundlegenden, disruptiven Veränderungen kommen wird, durchschnittlich auf 35%. Eine langsame Evolution dürfte nach ihrer Einschätzung mit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von knapp 30% eintreten.
EY-Partner Metin Fidan, Leiter des Energiesektors bei EY, stellt heraus, dass die Stadtwerke mit Hilfe digitaler Technologien einerseits neue Ertragsquellen mittels neuer Geschäftsmodelle sondieren und andererseits die Effizienz und Geschwindigkeit ihrer Prozesse steigern und die Interaktionen mit dem Verbraucher verbessern wollen. Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, verweist darauf, dass auch kleinere Unternehmen die Möglichkeiten der Digitalisierung gekonnt für sich nutzen. Der Erfolg des digitalen Wandels hänge dabei weder von der Mitarbeiterzahl noch vom Umsatz eines Unternehmens ab.
Knapp 60% der Stadtwerke erwarten gute Geschäftslage
Angesichts der guten wirtschaftlichen Lage können die Stadtwerke insgesamt auf eine starke Basis bauen: Die Einschätzung der Geschäftslage hat sich gegenüber dem Vorjahr noch verbessert: 59% erwarten gute oder sehr gute Geschäfte, 2017 waren es 56%. Nur 7% stellen sich auf schlechte Geschäfte ein. »Die Stadtwerke bringen alle Voraussetzungen mit, um im Wettbewerb bestehen zu können,« sagt daher Kapferer. »Eine Schlüsselfrage wird sein, ob die kommunalen Eigner ihren Stadtwerken auch den notwendigen finanziellen Spielraum lassen, um in die Zukunft zu investieren. Die Stadtwerke werden den Transformationsprozess nur dann gestärkt meistern, wenn sie die notwendigen Investitionen auch tätigen können.«
Bürokratischer Aufwand größtes Hemmnis für Digitalisierung
Die Stadtwerke sehen aber auch Probleme, die die digitalen Vorhaben hindern: das ist in erster Linie der bürokratische Aufwand, der für 65% ein Hemmnis darstellt. 63% sehen die personellen Ressourcen beziehungsweise die fehlende Qualifikation der eigenen Mitarbeiter als weitere Barriere.
»Der Regelungsaufwand in der Energiewirtschaft ist in der Tat höher als in vielen anderen Branchen«, erklärt EYDirector Helmut Edelmann. »Die Stadtwerke sehen sich mit zahlreichen Gesetzen und Regelungen konfrontiert, u.a. dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, dem Messstellenbetriebsgesetz oder dem IT-Sicherheitsgesetz. Die daraus folgenden gesetzlichen Anforderungen haben viele Stadtwerke schon angenommen - unter anderem durch den Rollout moderner digitaler Messeinrichtungen.« 26% hätten schon mit dem Rollout begonnen, 33% planten ihn für das laufende Jahr.
Auch für den anstehenden Einbau intelligenter Messsysteme haben viele Unternehmen die Strategie in der Schublade. Hier fehlt allerdings der Startschuss durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Dazu müssen die Geräte von mindestens drei Herstellern zertifiziert worden sein. Die Quote der Stadtwerke, die noch keine Strategie haben oder abwarten, ist nach der Studie von 46% auf 30% gesunken.
69% sehen hohe Gefahr von Stromausfällen nach Hackerangriffen
Bei der IT-Sicherheit kommen die Unternehmen ebenfalls voran - wenn auch nur langsam: So stufen zwar 69% der Stadtwerke die Gefahr von Ausfällen in der Stromversorgung durch Hackerangriffe als hoch oder sehr hoch ein. Im Vorjahr war der Anteil mit 73% jedoch noch etwas höher. Fidan führt dies unter anderem auch auf die inzwischen erfolgten IT-Sicherheitsmaßnahmen zurück: »Die technische Sicherheit erscheint gut beherrschbar. Inzwischen haben 37% der Unternehmen ein Informationssicherheitssystem installiert. Vor einem Jahr waren es nur 13%. Über die Hälfte der Stadtwerke hat zudem einen IT-Sicherheitsbeauftragten benannt. Das zeigt, dass die Sicherheit ernst genommen wird.« Entscheidend für den Erfolg der Digitalisierung sei jetzt, dass die Stadtwerke auch das nötige, qualifizierte Personal bekommen.
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