Deutschland bei Strom- und Gasrichtlinien und Offshore- Sicherheitsregeln im Verzug
28.04.2016 Die Europäische Kommission hat Deutschland aufgefordert, geltendes EU-Recht im Bereich Energie vollständig umzusetzen. Dabei geht es zum einen um die korrekte Umsetzung der Stromrichtlinie und der Gasrichtlinie, insbesondere der Vorgaben zur Unabhängigkeit der Übertragungsnetzbetreiber, und zum anderen um die Vorgaben zur Sicherheit von Offshore-Aktivitäten zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas. In beiden Fällen hat die Kommission Deutschland eine mit Gründen versehene Stellungnahme übersandt. Dies ist die zweite Stufe im Rahmen des insgesamt dreistufigen Vertragsverletzungsverfahrens. Deutschland hat nun in beiden Fällen zwei Monate Zeit, um der Kommission mitzuteilen, wie es die gemeinsam beschlossenen EU-Regeln umsetzen wird. Andernfalls kann die Europäische Kommission Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) verklagen.
Die Strom- und Gasrichtlinien gehören zum Dritten Energiepaket und umfassen eine Reihe wichtiger Bestimmungen, die das reibungslose Funktionieren der Energiemärkte gewährleisten sollen. Dazu gehören neue Vorschriften zur Entflechtung von Übertragungsnetzbetreibern und Energieversorgern und -erzeugern, zur Stärkung der Unabhängigkeit und der Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörden und zur verbesserten Funktionsweise der Endkundenmärkte im Interesse der Verbraucher. Deutschland hat mehrere Vorschriften bezüglich des Entflechtungsmodells für einen unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber (ITO) nicht ordnungsgemäß in nationales Recht übertragen. Beispielsweise stehen die Vorschriften zur Unabhängigkeit des Personals und der Führungsebene des ITO nicht in vollem Einklang mit den Richtlinien, und die Definition des vertikal integrierten Unternehmens schließt Aktivitäten außerhalb der EU aus. Die Bundesrepublik hat auch nicht für die vollständige Einhaltung bestimmter Regeln über die Befugnisse der nationalen Regulierungsstelle gesorgt. So kann die Regulierungsstelle nicht völlig unabhängig die Tarife und andere Vertragsbedingungen für den Netzzugang und Ausgleichsleistungen festlegen, und die Befugnis der Regulierungsstelle ist nicht umfassend gewährleistet, Sanktionen in Höhe von bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes des Übertragungsnetzbetreibers bzw. des vertikal integrierten Unternehmens zu verhängen. Zudem bestehen mehrere Mängel hinsichtlich der Umsetzung der Verbraucherschutzvorschriften. Ein erstes Mahnschreiben hatte die Europäische Kommission der Bundesrepublik im Februar 2015 übermittelt.
Die Offshore-Sicherheitsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine Reihe von Vorschriften zu erlassen, um Unfälle zu verhindern und um bei einem Unfall in einer Offshore-Erdöl- oder -Erdgasanlage umgehend und wirksam reagieren zu können. So müssen Unternehmen für ihre Offshore-Anlage noch vor Beginn der Exploration und der Öl- oder Gasgewinnung einen Bericht über ernste Gefahren erstellen. Bei der Lizenzvergabe müssen die EU-Mitgliedstaaten außerdem dafür sorgen, dass die Unternehmen über solide Finanzen und die notwendige Fachkompetenz verfügen. Die Öffentlichkeit ist über die von den Unternehmen und den EU-Staaten ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen zu informieren, und die Unternehmen sollten uneingeschränkt für Umweltschäden haften, die sie an geschützten Meereslebewesen und natürlichen Lebensräumen verursachen. Die Richtlinie musste bis zum 19. Juli 2015 in nationales Recht umgesetzt werden.
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