Online-Forum für Betriebswirtschaft, Wirtschaftsrecht und Steuerrecht der Versorgungs- und kommunalen Unternehmen

BVerwG: Kostentragung bei Verlegung von Telekommunikationslinien wegen U-Bahn-Baus

29.04.2015 Mit Urteil vom 29.04.2015 (BVerwG 6 C 32.14) hat das Bundesverwaltungsgericht folgendes entschieden: Ein Telekommunikationsunternehmen hat die Kosten für die Verlegung seiner bereits vorhandenen Telekommunikationslinien zu tragen, wenn in einer öffentlichen Straße eine besondere Anlage errichtet werden soll, die eigenen Zwecken der wegeunterhaltungspflichtigen Gemeinde dient, jedoch nicht von der Gemeinde selbst, sondern von einer Gesellschaft hergestellt wird, die aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen von der Gemeinde rechtlich und wirtschaftlich beherrscht wird.

Rechtlicher Hintergrund - TKG -

Nach dem Telekommunikationsgesetz - TKG - ist der Bund befugt, öffentliche Straßen, Wege und Plätze für solche Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, die öffentlichen Zwecken dienen. Er überträgt diese Nutzungsberechtigung auf die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Soll die öffentliche Straße nach Errichtung der Telekommunikationslinie für weitere und andere Anlagen als Telekommunikationslinien (sogenannte spätere besondere Anlagen) genutzt werden, hat das Telekommunikationsunternehmen die Kosten zu tragen, die durch eine Verlegung der vorhandenen Telekommunikationslinie aus diesem Anlass entstehen, wenn die spätere besondere Anlage (a) aus Gründen eines öffentlichen Interesses und (b) von dem für die öffentliche Straße unterhaltungspflichtigen Träger der Straßenbaulast oder unter dessen überwiegender Beteiligung ausgeführt werden soll. Zu den besonderen Anlagen in diesem Sinne gehören beispielsweise auch U-Bahnen.

Verlegung von Telekommunikationslinien erforderlich

Die Klägerin, die Kölner Verkehrsbetriebe AG, betreibt den öffentlichen Personennahverkehr im Großraum Köln. Ihre Gesellschaftsanteile halten zu 10% die Stadt Köln und zu 90% die Stadtwerke Köln GmbH. Alleinige Gesellschafterin der Stadtwerke Köln GmbH ist die Stadt Köln. Sie ist wegeunterhaltungspflichtig für die öffentlichen Straßen in ihrem Stadtgebiet. Die Stadt Köln plante, innerhalb des Stadtgebiets eine unterirdisch geführte Strecke der Stadtbahn als Nord-Süd-Verbindung zu bauen.

Vertraglich wurde der Wechsel der Bauherreneigenschaft für einen planfestgestellten Streckenabschnitt von der Stadt Köln auf die Klägerin vereinbart. Die beklagte Deutsche Telekom AG betreibt in Köln ein Netz von Telekommunikationslinien, die im öffentlichen Straßenraum verlaufen. Die Errichtung von Haltestellen und Anlagen für den Gleiswechsel der Nord-Süd-Verbindung, erforderte die Verlegung von Telekommunikationslinien der Beklagten.

Wer trägt die notwendigen Verlegungskosten?

In einem Vertrag mit der Klägerin verpflichtete sich die Beklagte, die Verlegungsarbeiten durchzuführen, während die Klägerin sich verpflichtete, die notwendigen Kosten der Maßnahmen einstweilen - vorbehaltlich einer späteren gerichtlichen Klärung - vorzulegen. Die Kölner Verkehrsbetriebe AG zahlte an die Beklagte vorläufig die angefallenen Kosten und leistete Vorauszahlungen. Nachdem sie die Beklagte erfolglos aufgefordert hatte, ihr diese Kosten zu erstatten, hat sie Klage erhoben. Nach erstinstanzlicher Klageabweisung hat das OVG Münster der Klage stattgegeben. Das BVerwG hat auf die Revision der beklagten Deutschen Telekom AG das Urteil des OVG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das BVerwG bestätigt allerdings im Ergebnis die Auffassung des OVG Münster, dass hier der Bau der U-Bahn unter überwiegender Beteiligung der wegeunterhaltungspflichtigen Stadt Köln ausgeführt wird und deshalb grundsätzlich die Verlegungskosten für die Telekommunikationslinien von der Beklagten zu tragen sind.

Verflechtung der Stadt mit den Verkehrsbetrieben

Eine Beteiligung der wegeunterhaltungspflichtigen Gemeinde an dem Vorhaben liege nicht nur dann vor, wenn sich die Gemeinde (überwiegend) an der tatsächlichen Ausführung der Anlage beteiligt.

Entscheidend sei zum einen, dass die Anlage aus einem öffentlichen Interesse ausgeführt werden soll, dessen Wahrnehmung dem Wegeunterhaltungspflichtigen als eigene Aufgabe übertragen ist. Zum anderen müsse der Wegeunterhaltungspflichtige durch die Art seiner Beteiligung die Ausführung der Anlage steuern können. Dies könne sich aus einer unmittelbaren oder mittelbaren gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des Wegeunterhaltungspflichtigen an dem Dritten ergeben, der die Anlage tatsächlich herstellt. Wie in der Pressemitteilung des Gerichts ausgeführt wird, seien diese Voraussetzungen hier allein schon durch die gesellschaftsrechtliche Verflechtung der Stadt Köln mit der Klägerin und die dadurch gegebene Möglichkeit erfüllt, die Ausführung der U-Bahn durch die Klägerin rechtlich und wirtschaftlich als ein Vorhaben zu steuern, das der Erfüllung der der Stadt Köln obliegenden Aufgabe dient, den öffentlichen Personennahverkehr in ihrem Stadtgebiet zu organisieren.

Ausnahme bei Telekommunikations-(Fern-)Linie

Laut dem BVerwG müsste das Telekommunikationsunternehmen nach dem TGK die Kosten der Verlegung seiner Telekommunikationslinien ausnahmsweise dann nicht tragen, wenn diese nicht ausschließlich dem Ortsverkehr, sondern auch dem Fernverkehr gedient hätten und ihre Verlegung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hätte. Nach Ansicht des BVerwG komme es nach dem Gesetz auf die Funktion der Telekommunikationslinie an. Entscheidend sei, ob in ihr bestimmungsgemäß Fernverkehr stattfindet. Das OVG hätte deshalb tatsächliche Feststellungen dazu treffen müssen, welche der verlegten Telekommunikationslinien im Zeitpunkt ihrer Verlegung für Fernverbindungen genutzt wurden und ob ihre Verlegung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht hat. Um diese Feststellungen nachzuholen, hat das BVerwG die Sache an das OVG Münster zurückzuverweisen.

- fb -

Autoren:

Fachartikel:

Erweiterte Suche