Bundeskabinett hat Reservekraftwerksverordnung verabschiedet
Die Bundesregierung hat die vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie vorgelegte Reservekraftwerksverordnung (ResKV) verabschiedet.
Die Verordnung dient der Umsetzung von im letzten Jahr eingeführten gesetzlichen Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Versorgungssicherheit im Bereich der konventionellen Stromerzeugung. Sie kodifiziert und systematisiert die seit 2011 bestehende Praxis von Übertragungsnetzbetreibern und Bundesnetzagentur zur Vorhaltung von Kraftwerken als Reserve für die Absicherung bestimmter Krisenszenarien insbesondere in den Wintermonaten (»Netzreserve«). Auf Grund der derzeit bestehenden regionalen Engpässe im Süden Deutschlands sollen bis zur Fertigstellung wichtiger Netzausbauprojekte, Reservekraftwerke für besondere Belastungssituationen insbesondere während der Wintermonate vorgehalten werden, die außerhalb des Energiemarktes zur Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems eingesetzt werden können. Die jüngste Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes hat zudem die Möglichkeiten geschaffen, Anlagen, welche vom Betreiber stillgelegt werden sollen, vorläufig im Betrieb zu halten, wenn dies zur Gewährleistung der Systemsicherheit erforderlich ist.
Die Verordnung sieht u.a. eine jährliche Überprüfung der Systemsicherheit im Hinblick auf die verfügbaren Erzeugungskapazitäten durch Übertragungsnetzbetreiber und Bundesnetzagentur vor, deren Ergebnisse in einem Bericht veröffentlicht werden. Soweit sich hieraus ein Bedarf an Reserveleistung ergibt, wird dieser ausgeschrieben. Interessierte Betreiber können die Nutzung ihrer Anlagen als Reservekraftwerke anbieten. Um Fehlanreize zu vermeiden, können sich an der Ausschreibung grundsätzlich nur systemrelevante Anlagen beteiligen, die der Betreiber endgültig stilllegen will (»No-way-Back«-Verpflichtung). Die Vergütung erfolgt dabei kostenbasiert. d.h. nur die durch den Einsatz der Anlage im Rahmen der Netzreserve zusätzlich verursachten Kosten werden erstattet. Kosten, die dem Betreiber im Falle einer Stilllegung ohnehin entstanden wären, sind nicht erstattungsfähig.
Die jeweiligen Verfahrensschritte - Systemanalyse der Übertragungsnetzbetreiber, Bericht der Bundesnetzagentur, Ausschreibung des Bedarfs durch den Übertragungsnetzbetreiber, Bindung der jeweiligen Kraftwerke durch Vertrag - sollen jährlich zu festen Terminen durchgeführt werden. Für das Jahr 2013 gelten gesonderte Fristen: bis 15.9.2013 erfolgt die Prüfung und Bestätigung des Bedarfs an Netzreserve im Hinblick auf den Winter 2013/2014 durch die Bundesnetzagentur.
Die Verordnung präzisiert zudem die gesetzlichen Pflichten der Anlagenbetreiber zur Anzeige geplanter Stilllegungen von Kraftwerken. Die Pflichten der Anlagenbetreiber zur Anzeige einer Stilllegung 12 Monate vor dem Termin, das während dieser Frist geltende Verbot der Stilllegung, die Pflicht zum Erhalt der Anlage nach § 13a Abs. 3 sowie die Pflicht zur Anpassung der Einspeisung nach § 13 Abs.1a des Energiewirtschaftsgesetzes knüpfen am Merkmal der Nennleistung der betreffenden Anlage an. Mit Ausnahme des Verbots der endgültigen Stilllegung systemrelevanter Anlagen, das erst bei Anlagen mit einer Nennleistung ab 50 Megawatt greift, sind Anlagen mit einer Nennleistung ab 10 Megawatt von den genannten Pflichten erfasst. Um auf die Stilllegung von verschiedenen Anlagen oder Teilkapazitäten von Anlagen unterhalb dieser Schwelle, die gleichwohl in Summe zu einer solchen Gefährdung führen können, reagieren zu können, legt die Verordnung fest, dass Anlagen eines Betreibers, bei denen die Summe der Leistungswerte die Summe der Netto-Nennwirkleistungen aller an einem Netzknoten angeschlossenen Anlagen den jeweiligen Schwellenwert überschreitet, als eine Anlage gelten.
Auch das Verfahren bei geplanter vorläufiger Stilllegung wird durch die Verordnung näher ausgestaltet. Vorläufige Stilllegungen sind Maßnahmen, die bewirken, dass die Anlage nicht innerhalb von einer Woche wieder in einen Betriebszustand versetzt werden kann.
Ausschließlich im Falle der Gefährdung der Systemsicherheit durch die vorläufige Stilllegung einer Anlage, kann der Übertragungsnetzbetreiber den Anlagenbetreiber zur Bereithaltung der Anlage für die Absicherung von Notfällen verpflichten. Dem Betreiber werden die hierfür erforderlichen Kosten erstattet.
Entsprechend dem Zweck, die Verfügbarkeit von Erzeugungskapazitäten für Krisenfälle, die insbesondere im Winter auftreten, zu gewährleisten, unterliegen Anlagen, die für die Sommermonate vorläufig stillgelegt werden sowie Anlagen, welche der Eigenversorgung dienen, als auch Anlagen, die als Industriekraftwerke, im so genannten Kampagnenbetrieb (Saisonbetrieb) Energie erzeugen, nicht dem Stilllegungsverbot.
Es wird davon ausgegangen, dass die auf Grundlage der Verordnung organisierte Nutzung von bestehenden Kraftwerken als Reserveanlagen in der Praxis die größte Bedeutung behalten wird. Gleichwohl wird auf Grundlage der jährlichen Systemanalyse auch die Frage der Notwendigkeit eines Neubaus von Anlagen untersucht werden. Wenn keine anderen Mittel die Systemsicherheit adäquat gewährleisten können, kann ein solcher Neubau und die Verpflichtung der Übertragungsnetzbetreiber hierzu, veranlasst werden.
Die Verordnung tritt am Tag nach Verkündung in Kraft. Eine Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich. Die Vorgaben sind bis zum 31.12.2017 befristet und stellen eine Übergangsregelung bis zu einer Entscheidung im Hinblick auf die zukünftigen Rahmenbedingungen des Energiemarktes dar.
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