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Anschluss- und Benutzungszwang an Fernwärmeversorgung aus Klimagründen erleichtert

01.10.2016 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 08.09.2016 (BVerwG 10 CN 1.15) mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen eine Kommune den Anschluss- und Benutzungszwang an eine Fernwärmeversorgung zum Zwecke des globalen Klimaschutzes nach § 16 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) anordnen darf. § 16 EEWärmeG lautet: »Die Gemeinden und Gemeindeverbände können von einer Bestimmung nach Landesrecht, die sie zur Begründung eines Anschluss- und Benutzungszwangs an ein Netz der öffentlichen Fernwärme- oder Fernkälteversorgung ermächtigt, auch zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes Gebrauch machen.«

Der Entscheidung liegt ein Rechtsstreit zwischen der Stadt Halberstadt und einer lokalen Wohnungsbaugenossenschaft zu Grunde. Die Stadt beschloss in 2012 eine Satzung, mit der für einen Teil des Stadtgebiets zum Zwecke des Klima- und Ressourcenschutzes ein Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwärmeversorgung angeordnet wurde. Die Wohnungsbaugesellschaft bestritt, dass mit dem Anschluss der Grundstücke an die Fernwärmeversorgung im konkreten Fall Vorteile für den Klimaschutz verbunden seien. Das OVG Magdeburg hat die Satzung in wesentlichen Teilen für unwirksam erklärt, weil ein dringendes öffentliches Bedürfnis für einen Anschluss- und Benutzungszwang, wie es § 8 Nr. 2 Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt vorschreibt, nicht hinreichend festgestellt sei. Die Stadt habe es vor dieser Anordnung unterlassen, den dafür erforderlichen gutachtlichen Vergleich der zu erwartenden CO2-Emissionen mit und ohne Anschlusszwang an die Fernwärmeversorgung durchzuführen.

Das BVerwG hat der Revision der Stadt stattgegeben und festgestellt, dass die bundesrechtliche Vorschrift des § 16 EEWärmeG nicht ermächtigt, auf Länderebene die Anforderungen in Bezug auf den globalen Klimaschutz zu verschärfen. § 8 Nr. 2 GO kann daher nicht als Grundlage für zusätzliche Erfordernisse herangezogen werden. Nach dem EEWärmeG kann ein gutachtlicher Vergleich der zu erwartenden CO2-Emissionen mit und ohne Anschluss- und Benutzungszwang nicht generell gefordert werden. Wenn die Fernwärmeversorgungseinrichtung in einem bestimmten Mindestmaß, entsprechend EEWärmeG Anlage VIII, mit erneuerbaren Energien, mit Abwärme oder Kraft-Wärme-Koppelung betrieben wird, so spricht eine generelle Vermutung dafür, dass der Anschluss- und Benutzungszwang von Wohngebieten dem Klima- und Ressourcenschutz dient. Erfüllt sie diese Anforderungen nicht, bedarf es allerdings in der Regel einer konkreten Vergleichsberechnung in Bezug auf die gesamtklimatischen Auswirkungen.

Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das OVG hat zu prüfen, ob die Fernwärmeeinrichtung der Stadt Halberstadt den Anforderungen der Anlage VIII des EEWärmeG entspricht.

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