Zwischenstaatliche Abkommen im Energiebereich
16.02.2016 Durch einen Beschluss der Europäischen Kommission sollen die Mitgliedstaaten künftig verpflichtet werden, ihre zwischenstaatlichen Energieabkommen mit Drittstaaten vor deren Abschluss der Kommission vorzulegen.
Der neue Beschluss bezieht sich auf alle zwischenstaatlichen Abkommen zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten und einem oder mehreren Nicht-EU-Staaten, die Auswirkungen auf die Sicherheit der Energieversorgung und das Funktionieren des Energiebinnenmarktes der EU haben. Einbezogen werden neben den zwischenstaatlichen Abkommen auch Vereinbarungen, die nicht rechtsverbindlich sind, wie z.B. gemeinsame politische Erklärungen und Absichtserklärungen, die die Auslegung des EU-Rechts betreffen oder aber Bedingungen für die Energieversorgung (Preise) oder den Ausbau der Energieinfrastruktur festlegen.
Nach den derzeit geltenden Vorschriften müssen die Mitgliedstaaten ihre Energieabkommen mit Drittstaaten der Kommission erst übermitteln, nachdem sie abgeschlossen wurden. Die wichtigste Änderung durch den neuen Beschluss ist daher die Einführung einer verbindlichen Vorab-Prüfung der Vereinbarkeit durch die Kommission. Die Mitgliedstaaten sollen künftig keine zwischenstaatlichen Abkommen im Energiebereich unterzeichnen dürfen, bevor die Kommission ihre Stellungnahme abgegeben hat. Bei Abschluss eines zwischenstaatlichen Abkommens oder einer entsprechenden Änderung müssen die Mitgliedstaaten die Stellungnahme der Kommission in allen Punkten berücksichtigen.
Aufgrund der fortschreitenden Integration der Energiemärkte und der Energieinfrastruktur der EU können sich die Entscheidungen eines Mitgliedstaats negativ auf die Versorgungssicherheit in Nachbarländern oder auf das Funktionieren des Energiebinnenmarktes der EU auswirken. 2015 beschlossen die Mitgliedstaaten die Strategie zur Energieunion. Darin wird der Schutz der Integrität der EU-Energiemärkte als entscheidend für die Sicherung der Energieversorgung für die EU-Bürger und die Förderung einer stärkeren Solidarität und einer gerechteren Wirtschaftsunion betrachtet.
Da die Einhaltung der EU-Vorschriften für die Energiemärkte nicht immer im kommerziellen Interesse der Energielieferanten außerhalb der EU liegt, können die Mitgliedstaaten unter Druck geraten, Klauseln aufzunehmen, die die Funktionsfähigkeit des Energiebinnenmarkts der EU behindern. Besonders problematisch sind Klauseln, die die eigentumsrechtliche Entflechtung von Energietransportunternehmen und Energieproduzenten verhindern, den Zugang anderer Unternehmen zur Infrastruktur begrenzen, keine wettbewerbliche Tariffestsetzung zulassen oder verhindern, dass der Käufer von Gas oder Öl diese an andere Mitgliedstaaten weiterverkaufen kann.
Mit dem neuen Beschluss würden alle betroffenen Mitgliedstaaten den gleichen Informationsstand hinsichtlich grenzüberschreitender Projekte haben, was dazu beitragen würde, Doppelinvestitionen oder Lücken in der Infrastruktur zu vermeiden. Auch für die einzelnen an Projekten des Energiebereichs beteiligten Unternehmen würde der neue Beschluss Vorteile bringen, da mögliche Problempunkte hinsichtlich eines Verstoßes gegen das EU-Recht in einem frühen Stadium gelöst werden könnten, so dass für die Investoren und Projektträger Rechtsicherheit entstünde und Kosten für eine Annullierung oder Verzögerungen vermieden würden.
Der Kommissionsbeschluss tritt erst in Kraft, wenn das Europäische Parlament und der Rat ihn im Mitentscheidungsverfahren angenommen haben.
- ha -