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Neue Regelungen zur Gasversorgungssicherheit in Europa

27.04.2017 Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament haben sich auf der Grundlage eines Vorschlages der Europäischen Kommission auf eine neue Verordnung zur Gasversorgungssicherheit geeinigt. Durch die Verordnung wird die Europäische Union künftig besser gegen Störungen der Gasversorgung geschützt sein. Kernpunkt der neuen Regelungen ist die erstmalige Festschreibung eines Solidaritätsprinzips, welches die einzelnen Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ihren Nachbarländern im Fall einer Versorgungskrise zu helfen.

Etwa ein Viertel des Energiebedarfs in der Europäischen Union wird mit Gas gedeckt. Prognosen zufolge dürfte der derzeitige jährliche Gasbedarf der EU-Mitgliedstaaten in Höhe von insgesamt rd. 400 Mrd. m³ in den nächsten Jahren in etwa gleich bleiben. Rund 65 Prozent dieses Gases wird - hauptsächlich aus Russland, Norwegen und Algerien - importiert.

Die Europäische Union hatte nach den Gaskrisen der Jahre 2006 und 2009 bereits erste Maßnahmen zur Stärkung ihrer Gasversorgungssicherheit getroffen. Dazu wurde 2010 insbesondere die erste Verordnung zur Gasversorgungssicherheit erlassen, welche die Mitgliedstaaten erstmals dazu verpflichtete, nationale Krisenpräventions- und Bewältigungsmaßnahmen zu konzipieren und einander darüber zu informieren. Gemäß dieser Verordnung müssen Unternehmen zudem die Gasversorgung geschützter Kunden auch im Falle von Lieferunterbrechungen gewährleisten und ist die Installation bidirektionaler Kapazitäten vorgeschrieben, um Gas auch entgegen der Hauptflussrichtung transportieren zu können. Die Europäische Strategie für Energieversorgungssicherheit sowie die durchgeführten Stresstests zur Belastbarkeit des europäischen Gassystems haben jedoch gezeigt, dass viele EU-Mitgliedstaaten noch nicht ausreichend vor Versorgungsengpässen geschützt sind. Nicht zuletzt aufgrund der geopolitischen Lage und der Abhängigkeit der EU von Gasimporten hat die Gasversorgungssicherheit weiterhin eine hohe Priorität, weshalb die verbleibenden Schwächen der geltenden Rechtsvorschriften durch die neue Verordnung mittels einer noch weiter verstärkten Koordination und Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten behoben werden sollen.

Die neuen Bestimmungen sehen gemeinsame, regional koordinierte Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten zur Sicherung der Gasversorgung vor. Regionale Gruppen sollen zur besseren Bewertung des Risikos von Gasversorgungsrisiken beitragen und die Entwicklung einer Vereinbarung zu gemeinsamen Präventions- und Krisenbewältigungsmaßnahmen unterstützen. Zudem müssen Erdgasunternehmen künftig langfristige, für die Versorgungssicherheit relevante Verträge melden. Das sind Verträge, die mehr als 28 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs des jeweiligen Mitgliedstaates umfassen. Schließlich gilt nun erstmals ein Solidaritätsprinzip. So müssen die Mitgliedstaaten ihre Nachbarländer in einer schweren Krise unterstützen, damit die Haushalte in Europa auch im Krisenfall mit ausreichend Gas versorgt werden können.

Der für Klimapolitik und Energie zuständige Kommissar, Miguel Arias Cañete, und der für die Energieunion zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefˇcoviˇc, betonten die Verbesserung der Energieversorgungssicherheit in der EU und damit einen wichtigen Beitrag für die Energieunion. Solidarität und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten seien die Grundlage der neuen Vorschriften. Diese würden nationalen Bedingungen und Besonderheiten der Mitgliedstaaten Rechnung tragen und gleich zeitig einen EU-weiten Rahmen für regionale Zusammenarbeit bilden.

- ha -

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