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Messstellenbetrieb: Auslegungsgrundsätze der Regulierungsbehörden zur Entflechtung

05.08.2017 Am 14.07.2017 haben die Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder gemeinsamen Auslegungsgrundsätze zu entflechtungsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Messstellenbetrieb vorgelegt (VW-DokNr. 17002057). Die Grundsätze geben das Verständnis der Regulierungsbehörden zur Auslegung und Umsetzung der Entflechtungsbestimmungen wieder, insbesondere soll das Verhältnis des Messstellenbetriebs - und besonders des Betriebs moderner Messeinrichtungen (mME) und intelligenter Messsysteme (iMSys) - zum Netzbetrieb geklärt werden.

Allerdings ist das Dokument keine Festlegung i.S.d. § 29 EnWG und hat nicht den Charakter einer Verwaltungsvorschrift, sondern soll den Unternehmen als Orientierungshilfe dienen. Die Auffassung der Regulierungsbehörden dürfte teilweise als sehr weit eingestuft werden. Dies gilt besonders für die rechtliche Trennung von grundzuständigen Messstellenbetrieb (gMSB) und wettbewerblicher Messstellenbetrieb (wMSB) sogar für Energieversorgungsunternehmen (EVU) unterhalb der De-Minimis- Schwelle, die bisher nicht rechtlich entflochten sind (sog. De-Minimis-Unternehmen).

Im Ergebnis ist nach Auffassung der Regulierungsbehörden zu beachten, dass bei Unternehmen, welche die De-minimis-Schwelle des § 7 Abs. 2 EnWG (100.000 Netzkunden) überschreiten,

  • der grundzuständige Messstellenbetrieb grundsätzlich nur durch die Netzgesellschaft erfolgen darf;
  • ein Übertragungsvorgang nach § 41 ff. MsbG erforderlich ist, falls andere Teile des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens den grundzuständigen Messstellenbetrieb (gMSB) durchführen sollen;
  • für Letztentscheider des Netzbetreibers auch in seinem Aufgabenbereich als grundzuständiger Messstellenbetreiber eine Anstellungspflicht beim Netzbetreiber und ein Angehörigkeitsverbot bei betrieblichen Einrichtungen, die für Gewinnung/Erzeugung oder Vertrieb zuständig sind, besteht;
  • der Verteilernetzbetreiber eine Verwechslung zwischen seinem Netz - betrieb einschließlich gMSB zu Vertriebsaktivitäten ausschließen muss.
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    Ferner ist nach den Grundsätzen zu beachten, dass:

  • Bündelangebote/Beipackwerbung von gMSB und Vertrieb beim Zählertausch nur diskriminierungsfrei möglich sind;
  • die Kosten für den Messstellenbetrieb konventioneller Zähler weiterhin im Netzbetrieb zu buchen sind (Etwas anderes gilt ausdrücklich für Kosten, die beim grundzuständigen Betrieb mME/iMSys anfallen. Hierfür sind eigene Konten zu führen. Beim gMSB ist gemäß § 6b EnWG auch ein Tätigkeitsabschluss zu erstellen und testieren zu lassen.);
  • die informatorische Entflechtung den gesamten Netzbetrieb inklusive gMSB umschließt;
  • die Regeln für wirtschaftlich sensible und vorteilhafte Informationen aus § 6a EnWG im Bereich Messstellenbetrieb Anwendung finden (unabhängig davon, ob konventionelle Zähler oder mME/iMSys);
  • eine weitergehende informatorische Trennung innerhalb des Netzbetreibers nicht notwendig ist. Aufgrund der Übernahme der Grundzuständigkeit ist keine (IT-)Systemtrennung beim Netzbetreiber notwendig.

Grundzuständige Messstellenbetreiber haben die Möglichkeit, die Grundzuständigkeit des Messstellenbetriebs für moderne Messeinrichtungen und intelligente Messsysteme an Dritte zu übertragen. Dritte, die die Grundzuständigkeit für intelligente Messsysteme und moderne Messeinrichtungen übernehmen wollen, benötigen dafür eine Genehmigung durch die Bundesnetzagentur. Nach Ansicht der Regulierungsbehörden kann der Netzbetreiber oberhalb der De-minimis Schwelle als juristische Person weder im eigenen noch im fremden Netzgebiet wettbewerblich tätiger Dritter nach § 5 MsbG sein. Die Rolle des Dritten sei wettbewerblich geprägt und als andere Tätigkeit der Energieversorgung u.a. rechtlich vom Netzbetreiber zu entflechten. Dies gelte für alle grundzuständigen Betreiber mME/ iMSys gleichermaßen, da das MsbG keine De-minimis-Schwelle kenne. Möchte also ein Netzbetreiber unterhalb der De-minimis-Schwelle grundzuständiger und wettbewerblicher Betreiber mME/iMSys sein, sei dies nicht möglich. Hierfür komme nur eine andere juristische Person in Frage. Bezogen auf den oftmals anzutreffenden Fall, dass bei kleineren EVU der Netzbetrieb zusammen mit den Sparten Erzeugung und Vertrieb in einer einzigen GmbH ausgeübt wird, weisen die Auslegungsgrundsätze darauf hin, dass dies für solche Konstellationen ebenfalls die Ausgründung einer weiteren Gesellschaft bedeute. Eine Tätigkeit einer anderen Gesellschaft des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens sei - bei Einhaltung der informatorischen und buchhalterischen Entflechtung - aber gleichwohl möglich. Die wichtigsten Konstellationen aus Sicht des Netzbetreibers für seine Tätigkeit als wettbewerblich tätiger Dritter für mME/iMSys im eigenen Netzgebiet werden in den Auslegungsgrundsätzen tabellarisch dargestellt.

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