Klagen gegen befristete Betriebsuntersagungen im AKW Biblis 2011 sind zulässig
Nach zwei am 4.7.2012 verkündeten Zwischenurteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Az.: 6 C 824/11.T und 6 C 825/11.T) sind die Klagen gegen die im März 2011 angeordneten, befristeten Betriebsuntersagungen für die Kernkraftwerke Biblis Block A und Block B zulässig.
Die Betriebsuntersagung für die beiden Kraftwerksblöcke war vom Land Hessen, vertreten durch das Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 18. März 2011 auf drei Monate befristet angeordnet worden, nachdem sich Bund und Länder aufgrund der Havarie des japanischen Kernkraftwerks in Fukushima auf eine solche Vorgehensweise geeinigt hatten. Dagegen hat die Betreibergesellschaft der Kernkraftwerke Biblis, die RWE Power Aktiengesellschaft Essen, am 1. April 2011 Klage erhoben, zunächst mit dem Ziel, die Anordnungen zur befristeten Betriebsuntersagung aufzuheben. Da sich nach Ablauf der Befristung im Juni 2011 die angeordneten Betriebsuntersagungen in der Sache erledigt haben, hat RWE beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof nunmehr beantragt, die Rechtswidrigkeit der beiden Anordnungen des Landes Hessen festzustellen, um u.a. aufgrund einer solchen verwaltungsgerichtlichen Feststellung Schadensersatzforderungen gegen das Land Hessen zivilrechtlich durchzusetzen.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner mündlichen Verhandlung ausschließlich mit der Zulässigkeit der beiden Klagen deshalb befasst, weil bereits diese für jede Klage vom Gesetz geforderte, zwingende Voraussetzung hier überaus komplexe rechtliche und tatsächliche Fragen aufwirft. Ein für die Zulässigkeit der Klagen von RWE nach Ablauf der Befristung darzulegendes, berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die befristeten Betriebsuntersagungen vom 18. März 2011 rechtswidrig waren, setzt voraus, dass dadurch ein konkreter Schaden entstanden oder eine fortwirkende Rechtsverletzung eingetreten ist. Insbesondere eine konkrete Schadensverursachung durch die Anordnungen des Umweltministeriums vom 18. März 2011 ist zwischen RWE und dem beklagten Land Hessen aber streitig, weil u.a. das Kernkraftwerk Biblis Block B im Zeitpunkt der Anordnungserteilung wegen Revisionsarbeiten abgeschaltet war und das Kernkraftwerk Block A wegen anstehender Revisionsarbeiten im Juni 2011 heruntergefahren werden sollte und von den Verfahrensbeteiligten unterschiedliche Angaben dazu gemacht werden, wann ein Wiederanfahren von Biblis Block B technisch möglich und auch beabsichtigt war.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte der 6. Senat im Wesentlichen aus, aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung bestehe ein berechtigtes Interesse von RWE an der beantragten Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Anordnungen zur befristeten Betriebsuntersagung der Blöcke A und B des Kernkraftwerks Biblis vom 18. März 2011.
Ein solches berechtigtes Feststellungsinteresse ergebe sich aufgrund der von RWE derzeit noch vorbereiteten zivilrechtlichen Schadensersatzklage wegen Amtshaftung gegen das Land Hessen, die nicht offenkundig ohne jegliche Erfolgsaussichten sei. Danach sei auch hinsichtlich der Betriebsuntersagung für den Block B des Kernkraftwerks Biblis ein Schaden nicht von vornherein auszuschließen. Die Revision gegen die Urteile wurde nicht zugelassen.
- Hess. VGH -