Guthaben aus Energierechnungen sind unverzüglich zu erstatten
19.01.2015 Der klagende Verbraucherschutzverein Nordrhein-Westfalen beanstandete das Verhalten des beklagten Energieversorgers, der den Abschluss von Sonderverträgen über Strom und Gas mit Verbrauchern anbietet, hinsichtlich der Jahresabrechnung und der Festsetzung zukünftiger Abschlagszahlungen.
Ergab die Jahresabrechnung einen Überschuss der Abschlagszahlungen über den errechneten Betrag, wurde vielfach dieser Betrag (auch soweit er nicht mit der nächsten Abschlagsrechnung verrechnet werden konnte) durch das beklagte Unternehmen nicht ausbezahlt, sondern mit den folgenden Abschlagsrechnungen verrechnet. Auch in den Fällen, in denen sich bei der Jahresrechnung herausstellte, dass der ursprünglich angenommene Verbrauch bei weitem nicht erreicht wurde, wurde die Höhe der Abschlagszahlungen nicht angepasst.
Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 16.12.2014 - I-20 U 136/14 (VW-DokNr. 15003015), gegen das die Revision nicht zugelassen wurde, unter ausführlicher Begründung die Berufung des Energieversorgers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen:
Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen dienen dazu, die Wirkungen rechtlicher oder faktischer Vorausleistungspflichten des anderen Vertragspartners abzumildern. Aus der Natur von Abschlagszahlungen ergibt sich ohne Weiteres, dass ein etwaiger »Überschuss« nach Abrechnung unverzüglich zurückzuzahlen ist. Entgegenstehende AGB sind nach § 307 BGB unwirksam.
Eine Vorauszahlung unterscheidet sich von einer Abschlagszahlung dadurch, dass sich bei der Vorauszahlung (Vorschusszahlung) die Zahlung auf eine Lieferperiode bezieht, die dem Fälligkeitszeitpunkt nachfolgt, bei der Abschlagszahlung hingegen vorausgeht. Die Verpflichtung des Lieferanten, zukünftige Abschlagszahlungen an dem mutmaßlichen Verbrauch auszurichten, ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Rechts. Sie gilt auch in Sonderverträgen. Der Wortlaut des § 41 Abs. 2 Satz 2 EnWG, welcher nur Voraus- aber nicht Abschlagszahlungen nennt, steht dem nicht entgegen.
Der Entscheidung ist zuzustimmen. § 41 Abs. 2 Satz 2 EnWG ist ein (weiteres) Beispiel für eine schlampige Umsetzung der EU-Richtlinie. Statt der deutschen Rechtstradition zu folgen und explizit Abschlags- und/oder Vorauszahlungen (zum Unterschied siehe §§ 11, 12 StromGVV/GasGVV, zuvor schon §§25, 28 AVBEltV/AVBGasV) anzusprechen, wurde einfach der Begriff aus der Richtlinie abgeschrieben. Gemeint ist in § 41 Abs. 2 Satz 2 EnWG ersichtlich jedenfalls auch die Abschlagszahlung.
Eine ähnlich schlampige Umsetzung der Richtlinie findet sich z.B. gleich einen Absatz weiter (§ 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG) wo die »Rücktrittsrechte«, die im deutschen Recht eigentlich »Kündigungsrechte« heißen müssten. Nach deutscher Rechtstradition beseitigt der Rücktritt den Vertrag ex tunc, die Kündigung ex nunc. Selbstverständlich ist hier Letzteres gemeint.
- RA Michael Brändle -