Bundeskartellamt gibt Mehrheitserwerb von EWE an VNG frei
23.10.2014 Das Bundeskartellamt (BKartA) hat den Erwerb weiterer 15,79% der Anteile an der VNG AG, Leipzig, durch die EWE AG, Oldenburg, freigegeben. Die Anteile hat die EWE AG von der Wintershall Holding GmbH, Kassel, erworben. In der Folge wird die EWE AG insgesamt 63,69% der VNG-Anteile halten und erlangt damit fusionskontrollrechtlich die alleinige Kontrolle. Andreas Mundt, Präsident des BKartA: »Das Zusammenschlussvorhaben konnte aufgrund der positiven wettbewerblichen Entwicklungen im Gasbereich freigegeben werden. Angesichts der neueren Entwicklungen im Gasbereich sind die Märkte auf der Großhandelsstufe zusammengewachsen und dort bundesweit abzugrenzen. Lediglich der Markt für Haushaltskunden in der sogenannten Grundversorgung ist noch lokal bzw. regional abzugrenzen.«
Die EWE AG ist ein Energieversorgungsunternehmen, das in der Strom-, Gas- und Wasserversorgung vor allem in der Region Ems/Weser/Elbe, in Ostbrandenburg und auf Rügen tätig ist. Sie ist der größte deutsche Gasverteilnetzbetreiber und hat die meisten Gashaushaltskunden. Die Umsatzerlöse der EWE AG betrugen 2013 ca. 8,9 Mrd. Euro, von denen mehr als 90% in Deutschland erzielt wurden. VNG ist das flächen decken - de Ferngasunternehmen in den neuen Bundesländern. Hauptaktivitäten sind Import, Handel, Transport und Speicherung von Erdgas. Sie betreibt über ihre Tochtergesellschaft ONTRAS das Gasfernleitungsnetz in den ostdeutschen Bundesländern mit mehr als 7.200 Kilometer Länge. Darüber hinaus ist VNG auch in der Erdgasförderung in Norwegen und in Dänemark sowie in weiteren fünf europäischen Ländern tätig. VNG erzielte 2013 Umsatzerlöse von ca. 11 Mrd. Euro, von denen mehr als 80% auf Deutschland entfielen.
Im Zuge des Fusionskontrollverfahrens hat das BKartA nach intensiven Ermittlungen neue Marktentwicklungen auf den Gasmärkten berücksichtigt und seine zum Teil jahrzehntelange Abgrenzung der Gasmärkte geändert. Das Amt kommt zu folgenden Ergebnissen:
- Allgemein hat sich die Marktmacht von den deutschen Ferngasgesellschaften vor allem zu den ausländischen Gasproduzenten, insbesondere Gazprom und Statoil, verschoben. Diese sind auch immer mehr als Händler auf den nachgelagerten Stufen tätig.
- Die bisherige Unterscheidung zwischen der Belieferung überregionaler Ferngasgesellschaften (1. Stufe) und regionaler Ferngasunternehmen (2. Stufe) wird daher aufgegeben. Beide Marktstufen werden sachlich zu einer einheitlichen Gasgroßhandelsstufe (für H-Gas und L-Gas) einschließlich der Händler zusammengefasst. Räumlich wird der Großhandelsmarkt für Erdgas bundesweit abgegrenzt und nicht mehr netzbezogen oder marktgebietsbezogen. Das gilt auch für den nachgelagerten Markt der Belieferung von regionalen und lokalen Weiterverteilern, insbesondere Stadtwerken.
- Auf den Endkundenmärkten unterscheidet das BKartA zwischen einem Markt für die Belieferung von leistungsgemessenen Letztverbrauchern (insbesondere Industriekunden) und Standardlastprofilkunden (Haushaltskunden). Der Markt für die Belieferung von Industriekunden wird nunmehr auch bundesweit und nicht mehr netzbezogen oder marktgebietsbezogen abgegrenzt.
- Bei der Belieferung von Haushaltskunden differenziert das BKartA nunmehr - in Übertragung der Praxis im Strombereich - sachlich zwischen Grundversorgungskunden und Sondervertragskunden. Dafür sprechen empirische Indizien zu Preisabständen, Wechselverhalten und Anbieterstruktur. Wegen der positiven wettbewerblichen Entwicklungen werden die Märkte für Sondervertragskunden bundesweit abgegrenzt. Dagegen bleibt es bei den Grundversorgungskunden räumlich bei der netzbezogenen Abgrenzung, bei der jeder Grundversorger in seinem Gebiet dann ein Monopol hat.
Ein Schaubild zur neuen sachlichen Marktabgrenzung des BKartA im Gasbereich kann auf der Internetseite des BKartA abgerufen werden.
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