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BKartA zu Nutzerbewertungen in Internetportalen

18.06.2020Das Bundeskartellamt (BKartA) hat die vorläufigen Ergebnisse seiner Sektoruntersuchung zu Nutzerbewertungen im Internet vorgestellt. Die Ermittlungen betrafen über 60 große Internet- Portale, die Nutzerbewertungen aus 16 verschiedenen Branchen anzeigen, sowie zahlreiche andere Marktteilnehmer. Bis zum 31.07.2020 besteht noch die Gelegenheit, zu dem Konsultationspapier Stellung zu nehmen. Nach Auswertung der Stellungnahmen wird das BKartA im Herbst dieses Jahres einen abschließenden Bericht veröffentlichen. Im Ergebnis zeigen die Ermittlungen nach Auffassung des Amtes vor allem eines: Portale und Plattformen müssten für die von ihnen dargestellten Bewertungen deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Dazu gehörten vor allem eine zielgenaue Filterung der abgegebenen Bewertungen und die Zulassung gekennzeichneter und damit für den Verbraucher erkennbarer Produkttests. Viele Verbraucher vertrauten bei der Suche nach einem Produkt, einem Arzt oder einer Reise im Internet oder auch bei Stromwechselportalen auf die Bewertungen anderer Nutzer. Das BKartA kann seit der 9. GWB-Novelle von 2017 bei begründetem Verdacht auf gravierende Verstöße gegen verbraucherrechtliche Vorschriften, wie beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder rechtliche Vorgaben für Allgemeine Geschäftsbedingungen, Sektoruntersuchungen durchführen. Diese richten sich nicht gegen bestimmte Unternehmen, sondern verfolgen den Zweck, Marktbedingungen vertieft zu erforschen. In der Praxis der vergangenen Jahre hat das Bundeskartellamt mittels Sektoruntersuchungen wettbewerbsbezogene Beschränkungen ausgemacht und Lösungen entwickelt, beispielsweise bei Tankstellen, der Fernwärmeversorgung, den Energievergleichsportalen oder Ablesediensten. Das Bundeskartellamt kann allerdings nur Untersuchungen durchführen und ggf. Defizite identifizieren. Über die Befugnis, etwaige Rechtsverstöße per behördlicher Verfügung abzustellen, verfügt das Amt hingegen nicht. Insbesondere das Thema „Fake-Bewertungen“ ist aus Sicht des Amts bedeutsam. Das BKartA hat insbesondere die Funktionsweisen von Bewertungssystemen untersucht, die Interessenlagen der verschiedenen Marktteilnehmer analysiert und eine Kategorisierung der in der Praxis relevanten Problembereiche vorgenommen. Dabei haben sich wohl große Unterschiede im Hinblick auf die Vorgehensweise der verschiedenen Portale bei der Erfassung, der Filterung und der Darstellung von Bewertungen ergeben. Nur einzelne Portale setzen spezifische Filter zur Identifizierung von gefälschten Bewertungen ein und sanktionieren diese auch systematisch. Die meisten Portale nehmen hingegen nur eine automatische oder manuelle Vorab-Prüfung auf Schimpfworte, Werbung oder Datenschutzverstöße vor und beschränken sich darüber hinaus auf die nachträgliche Überprüfung der als kritisch gemeldeten Bewertungen. Diese Vorgehensweise führt mitunter zur Löschung von überproportional vielen negativen Bewertungen. Weiter zeigte sich, dass ein Großteil der Verbraucher zwar Nutzerbewertungen lesen will, aber nur wenige Verbraucher in bestimmten Situationen selbst Bewertungen schreiben. Gleichzeitig ist das Interesse der Portale und der Anbieter an Nutzerbewertungen sehr hoch, da viele Bewertungen regelmäßig zu Umsatzsteigerungen führen. So kommt es zu einer „Angebotslücke“ bei den Bewertungen. In dieser Lücke bewegt sich das Geschäftsfeld der Bewertungsvermittler, deren seriöse Vertreter allerdings zunehmend von unseriösen „5-Sterne-Garantie“-Angeboten in den sozialen Netzwerken verdrängt würden. Das Problem von Fake-Bewertungen werde oft mit Bewertungen, die von Computerprogrammen („Bots“) oder von Dienstleistern erstellt wurden, gleichgesetzt, so das BKartA. Diese Pauschalisierung werde dem tatsächlichen Spannungsfeld der Interessenlagen und den unterschiedlichen Geschäftsmodellen der Portale nicht gerecht. Beispielsweise können seriöse Bewertungsvermittler durchaus einen Beitrag für die Erstellung von Bewertungen leisten. Es muss vielmehr darum gehen, für den Verbraucher Transparenz zu schaffen, ob Bewertungsvermittler eingeschaltet waren, um damit die schwarzen Schafe von den seriösen Vermittlern zu trennen. In Deutschland gibt es keinen behördlichen Verbraucherschutz. Daher kann nur an die betroffenen Portale appelliert werden, die vorgeschlagenen Maßnahmen freiwillig umzusetzen, oder auf dem Zivilrechtsweg wird eine entsprechende Verantwortlichkeit der Portale eingefordert. Einer Klarstellung bedarf u.a. auch die Frage der Verantwortlichkeit für Verstöße gegen bestehende Vorschriften, da an der Entstehung und Verbreitung einer Bewertung meist mehrere Parteien, die Plattform, der Hersteller, ein Händler oder Dienstleister und evtl. auch ein Bewertungsvermittler beteiligt sind. - Quelle: BKartA -

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