Abwassergebühren im Städtevergleich: erhebliche regionale Unterschiede
01.07.2017 Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln hat im Auftrag von Haus & Grund Deutschland die Abwassergebühren der nach Einwohnern 100 größten Städte in Deutschland untersucht. Für diesen Vergleich wurden die jährlichen Abwassergebühren einer Musterfamilie (4 Personen), die in diesen Städten wohnt, untersucht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Preise, die Verbraucher für die Entsorgung von Abwässern zahlen müssen, je nach Wohnort um mehrere Hundert Euro jährlich variieren. Ein Vierpersonenhaushalt zahlt z.B. in Ludwigsburg für die Abwasserentsorgung im Durchschnitt 260 Euro im Jahr, in Potsdam dagegen sind es mehr als 910 Euro. Von den 20 günstigsten Abwasserentsorgern kommen zwölf aus Bayern oder Baden-Württemberg. Mit Ludwigsburg, Heidelberg und Freiburg liegen die drei günstigsten Städte im Abwasserranking alle in Baden-Württemberg. Mit den Ausnahmen Bremerhaven und Saarbrücken liegen die 20 teuersten Abwassersysteme dagegen ausschließlich in ostdeutschen und nordrhein-westfälischen Städten.
Äußere Rahmenbedingungen, wie etwa die Dimensionierung der Kanäle, das Alter des Kanalnetzes, Hochwasserschutzmaßnahmen, die Infrastruktur für die Regenrückhaltung und Abwasserbeseitigung, der Einsatz neuer Technologien haben einen wesentlichen Anteil daran, wie hoch oder niedrig die Abwasserpreise in den Städten ausfallen. Etwa in Flächenstädten, in denen weite Wege überwunden werden müssen und die deshalb ein großes Kanalnetz unterhalten, sind die Abwassergebühren in der Regel höher als in kompakten Siedlungsgebieten. Zu den Flächenstädten zählt etwa Mönchengladbach.
Die Entwässerungskosten werden ebenfalls durch Zu- und Abwanderung beeinflusst. Wenn in einer Region die Bevölkerungsdichte - und damit auch der Frischwasserverbrauch - sinkt, wird das Abwasserkanalsystem weniger genutzt. Damit steigen die Kosten zur Erhaltung des Systems, die auf die Abwassergebühren aufgeschlagen werden können.
Auch Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser, betont in der aktuellen Diskussion über die großen regionalen Unterschiede bei den Abwassergebühren die Abhängigkeit von zahl reichen Faktoren.
Dazu zählen z.B. die örtlich unterschiedlich notwendigen Anforderungen an die Reinigung von Abwasser. Diese sind zum Beispiel vom Grad der industriellen Struktur einer Region, die Art der Landwirtschaft, geologischen Gegebenheiten sowie der Gewässerbewirtschaftungsstruktur abhängig. Zudem verweist Weyand auf die Ergebnisse des aktuellen BDEW-Kundenbarometers: »Über 77 Prozent der Kunden sind mit den Leistungen ihres Abwasserentsorgers zufrieden.«
Haus & Grund-Präsident Warnecke sieht in den Strukturunterschiede »allein keine ausreichende Erklärung für die enormen Preisdifferenzen«. Die Gründe für die hohen Kosten müssten analysiert und benannt werden. Dass die Kommunen durchaus Gestaltungsspielräume haben, belegen die nach Ansicht von Haus & Grund teils erheblichen Veränderungen der Gebühren im Vergleich zur vorigen Untersuchung des IW Köln im Jahr 2008: Danach ist beispielsweise die Stadt Salzgitter im Ranking von Platz 84 auf 42 gestiegen. Die Kosten für die Musterfamilie seien dort im Jahr um rund 150 Euro gesunken.
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