Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden – Anpassung des EnWG
20.06.2023 Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte in einem Vertragsverletzungsverfahren am 02.09.2021 – C 718/18 entschieden, dass Deutschland die Elektrizitäts- und die Erdgasbinnenmarkt-Richtlinien des Dritten Energiebinnenmarktpakets in vier Punkten nicht zutreffend umgesetzt hat. Drei Klagepunkte des Vertragsverletzungsverfahrens betrafen Entflechtungsfragen, die mit einer Änderung des Energiewirtschaftsrechts im Zusammenhang mit dem Klimaschutz-Sofortprogramm und zu Anpassungen im Recht der Endkundenbelieferung vom 19.07.2022 ausgeräumt wurden.
Der vierte Klagepunkt betraf die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden von normativen Vorgaben des nationalen Gesetzgebers. Der EuGH hatte festgestellt, dass Deutschland mit einer Reihe konkreterer normativer Regulierungsvorgaben durch Verordnung die in den Richtlinien vorgesehene Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde in unzulässiger Weise einschränkt. Um die Entscheidung des EuGH im noch offenen vierten Klagepunkt umzusetzen, sieht der Gesetzentwurf zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts (BT-Drs. 20/7310) der Bundesregierung vor, dass die Verordnungsermächtigung des §24 EnWG aufgehoben wird. Gleiches gilt laut Entwurf für die Verordnungsermächtigung des Paragrafen 21a EnWG, auf den sich zwar die Klage der Kommission nicht erstreckt, die aber von der Reichweite der Entscheidung des EuGH erfasst werde. Beide Verordnungsermächtigungen sollen daher durch Festlegungskompetenzen der nationalen Regulierungsbehörden ersetzt werden.
Dazu sollen die bisher in Rechtsverordnungen wie Anreizregulierungsverordnung (ARegV), die Strom- und Gasnetzentgeltverordnungen (Strom- und GasNEV) und Netzzugangsverordnungen (Strom- und GasNZV) enthaltenen Festlegungskompetenzen der nationalen Regulierungsbehörde in das EnWG überführt und ergänzt werden. Gleiches gilt für Verfahrens- und Transparenzvorschriften, soweit diese noch in den Rechtsverordnungen enthalten und nicht Gegenstand einer ausschließlichen Kompetenzzuweisung an die nationale Regulierungsbehörde sind.
Insgesamt wird diese Änderung zu einer ganz grundsätzlichen Reform des Regulierungsrahmens führen. Die in den betreffenden Rechtsverordnungen und im EnWG enthaltenen und für unzulässig befundenen Regulierungsvorgaben sollen sukzessive durch Vorgaben der Bundesnetzagentur (BNetzA) ersetzt werden. Die gerügten Verordnungen sollen zu bestimmten Zeitpunkten außer Kraft treten und damit vollständig aufgehoben werden:
- ARegV mit Ablauf des 31.12.2027
- StromNEV mit Ablauf des 31.12.2028
- GasNEV mit Ablauf des 31.12.2027
- StromNZV/GasNZV mit Ablauf des 31.12.2025
Im Zusammenhang mit bundesweit einheitlichen BNetzA-Festlegungen soll die Rolle des Länderausschusses bei der BNetzA – bestehend aus Vertretern der Landesregulierungsbehörden – gestärkt werden.
– MS –