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Normenkontrollantrag von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses zu den Berliner Wasserbetrieben erfolglos

01.07.2014 Mit Beschluss vom 20. Juni 2014 - 165/12 hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin auf einen Normenkontrollantrag von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses entschieden, dass die Regelung im Berliner Betriebe-Gesetz vom 14. Juli 2006 (BerlBG) zur Höhe der Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals, die sich auf die Entgelt- und Tarifbemessung der Berliner Wasserbetriebe und Stadtreinigungsbetriebe auswirkt, mit der Verfassung von Berlin vereinbar ist.

Das Berliner Betriebe-Gesetz regelt in § 16 die Bemessung der Tarife und Entgelte der Berliner Wasserbetriebe und Stadtreinigungsbetriebe. Die Entgelte der Nutzer müssen danach die voraussichtlichen Kosten der Betriebe decken. Zu deren Kosten zählt nach dem Gesetz auch eine angemessene Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals. Die Höhe des Zinssatzes für die Kosten- und Tarifkalkulation setzt der Senat von Berlin durch Rechtsverordnung fest. Hierfür enthält das Gesetz (in § 16 Abs. 5 Satz 3 BerlBG) die Vorgabe, dass bei der Festlegung des Zinssatzes »die Durchschnittsrendite konservativer Vermögensanlagen in einem langfristigen, mindestens zehnjährigen, dem Kalkulationszeitraum vorausgehenden Betrachtungszeitraum zugrunde zu legen« ist.

Die Antragsteller, 43 Mitglieder der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der Piraten des Abgeordnetenhauses, halten diese Regelung für verfassungswidrig, weil sie gegen das Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit verstoße. Insbesondere der nach oben nicht begrenzte »mindestens zehnjährige« Betrachtungszeitraum konservativer Vermögensanlagen räume dem Verordnungsgeber einen verfassungswidrigen Spielraum ein. Die Praxis habe gezeigt, dass sich der Senat bei der Festsetzung des Zinssatzes einseitig an den Gewinnzusagen für die vormaligen privaten Anteilseigner orientiert habe. Auch das Bundeskartellamt habe die von den Berliner Wasserbetrieben erhobenen Trinkwasserpreise als missbräuchlich überhöht beanstandet.

Dem ist der Verfassungsgerichtshof nicht gefolgt. Er hat den Normenkontrollantrag als zulässig angesehen, obwohl er bereits im Jahr 2010 eine im Wesentlichen inhaltsgleiche gesetzliche Vorgängerregelung überprüft und als verfassungsgemäß bezeichnet hatte (Beschlüsse vom 14. Juli 2010 VerfGH 39/09 - und - VerfGH 29/07). In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof die damaligen Entscheidungen bestätigt. Die von den Antragstellern für verfassungswidrig gehaltenen gesetzlichen Vorgaben in § 16 Abs. 5 Satz 3 BerlBG sind mit der Verfassung von Berlin vereinbar. Die Verordnungsermächtigung ist ausreichend bestimmt und räumt dem Senat in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein Regelungsermessen ein; sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 64 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung von Berlin.

Der Verfassungsgerichtshof hat in den Entscheidungsgründen darauf hingewiesen, dass der Senat bei der Ausübung dieses Ermessens aber nicht völlig frei ist, sondern auch die Interessen der Nutzer angemessen berücksichtigen und die kartellrechtlichen Vorgaben beachten muss.

- VerfGH Berlin -

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