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Bundesrat stimmt Novelle des Kartellgesetzes zu

31.03.2017 Der Bundesrat hat dem vom Bundestag am 09.03.2017 beschlossenen Gesetz für eine Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (9.GWB-Novelle) zugestimmt. Es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Durch die Novelle werden u.a. die Aufgreifschwellen bei der Fusionskontrolle ergänzt. Künftig können Übernahmen von Unternehmen geprüft werden, deren Potenzial sich in einem besonders hohen Kaufpreis von über 400 Millionen Euro zeigt. Das Bundeskartellamt (BKartA) kann in Zukunft auch Netzwerk- und Skaleneffekte oder den Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten bei der Prüfung der Marktbeherrschung berücksichtigen. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass die Verantwortlichkeit von Muttergesellschaften und Rechtsnachfolgern für Kartellverstöße von Tochtergesellschaften bzw. von erworbenen Unternehmen bestehen bleibt.

Mit der Novelle wird auch die Anwendbarkeit der besonderen Missbrauchskontrolle über Anbieter von Elektrizität und leitungsgebundenem Gas in § 29 GWB, die eigentlich zum 31.12.2017 enden sollte, noch einmal um fünf Jahre bis zum 31.12.2022 verlängert. Die Forderung des Bundesrates nach einer Ausweitung der besonderen kartellrechtlichen Preiskontrolle des § 29 GWB auf Fernwärmeversorger wurde nicht aufgegriffen. Allerdings erhält das Bundeskartellamt zusätzliche Befugnisse im Bereich des Verbraucherschutzes. Es kann zukünftig auch bei mögliche Verstöße gegen verbraucherschützenden Bestimmungen Sektoruntersuchungen durchführen und sich mit Stellungnahmen an Zivilprozessen in Verbraucherschutzangelegenheiten beteiligen.

Ferner sind insbesondere die Änderungen der Regelungen zu Kartellschadensersatzklagen zu beachten (§§ 33 - 33g GWB), die der Umsetzung der EU-Kartellschadensersatzrichtlinie dienen. Mit der Richtlinie sollen Kartellzivilklagen erleichtert und Unternehmen und Verbrauchern effektive Schadensersatzansprüche bei Schädigungen durch Kartellverstöße ermöglicht werden. In seiner Mitteilung vom 09.3.2017 weist der VKU auf die Relevanz für kommunale Unternehmen hin und führt u.a. aus: »§ 33g GWB statuiert - zum ersten Mal im deutschen Zivilprozessrecht - einen vorprozessualen Herausgabeanspruch in Bezug auf Beweismittel, die für die Erhebung eines Kartellschadensersatzanspruches (oder für die Verteidigung gegen einen Kartellschadensersatzanspruch) erforderlich sind. Dieser Anspruch kann sich gegen jeden Dritten wenden, die Herausgabe darf aber nicht unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten unverhältnismäßig sein. Kartellschadensersatzanspruch im Sinne der Vorschrift ist auch ein Schadensersatz wegen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Auf der Grundlage von § 33g Abs. 8 GWB können vorprozessual auch Auskünfte verlangt werden«. Auf Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie wurde geltende Privilegien bei der Geheimhaltung neben Rechtsanwälte auch in Bezug auf Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte klargestellt.

Die neuen Regelungen zu Kartellschadensersatz sind nach der Übergangsregelung nur auf Schadensersatzansprüche anwendbar, die nach dem 26.12.2016 entstanden sind. Die Regelungen zur Herausgabe von Dokumenten und zu Auskünften in § 33g GWB sind allerdings auch für Ansprüche anwendbar, die früher entstanden sind, solange am 26.12.2016 noch nicht Klage erhoben wurde.

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