Anhörung im BT-Wirtschaftsausschuss zu Verbot von Stromsperren
15.01.2020 Im Ergebnis waren sich die Sachverständigen der Anhörung des Wirtschaftsausschusses einig: Stromsperren wegen Zahlungsrückständen sollten möglichst vermieden, aber als ultima ratio erhalten bleiben. Das teilte der parlamentarische Pressedienst mit zu der Diskussion im Bundestag über einen Antrag der Linken für ein gesetzliches Verbot von Stromsperren (BT-Drs. 19/14334) und einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 19/9958) auf gesetzliche Maßnahmen zur Verhinderung von Stromsperren.
Vertreter von Stadtwerken und Verbänden warnten davor, Stromsperren gesetzlich zu verbieten. Dies würde nur zur Kündigung zahlungsunfähiger Kunden führen und sie automatisch in die Grundsicherung bringen. Vielmehr könnten frühzeitige Hilfen für Betroffene unter Beteiligung relevanter Akteure das Entstehen von Energieschulden begrenzen oder verhindern. Hier sei die Kooperation aller Akteure wie Jobcenter, Sozialamt, Schuldnerberatung sowie Wohlfahrtsverbände, Verbraucher zentralen und Energieversorger wichtig. Die gültigen gesetzlichen Regelungen reichten aus. Mit der Androhung einer Stromsperre sollte auf Beratungsstellen verwiesen werden, darüber hinaus auf die zu erwartenden Kosten für die Sperre sowie für die erneute Inbetriebnahme. Weiter kam der Hinweis, dass ein Verbot von Stromsperren wegen Zahlungsunfähigkeit zur Folge hätte, dass die Einnahmeverluste auf die zahlenden Verbraucher umzulegen wären. Dadurch erhöhe sich wiederum die Belastung einkommensschwacher Haushalte in der Grundversorgung als »Spiraleffekt«. Es gehe in erster Linie um Sozialrecht, nicht um Energierecht.
Der deutsche Mieterbund setzte sich für die Absenkung des Grundversorgungstarifs oder die Einführung eines Sozialtarifs oder Basistarifs ein. Ein Verbot von Stromsperren sei nicht einleuchtend. Auch die Zahlungswilligkeit müsse sichergestellt werden. Weiter wurde geäußert, dass ausgehend von der gesetzlichen Pflicht des jeweiligen Grundversorgers, jedem Interessierten einen Zugang zu Strom zu verschaffen, dies in einer Marktwirtschaft nur möglich sei, wenn die erbrachte Leistung auch entsprechend bezahlt werde. Grundversorgern sei eine Bonitätsprüfung meist nicht möglich. Auch könnten sie in den seltensten Fällen Kunden ablehnen. Deshalb müsse als Ultima Ratio eine Sperrung des Anschlusses möglich sein, wenn der Kunde seinen Vertragspflichten nicht nachkomme.
Die Verbraucherverbände sprachen sich für eine Verlängerung der Mahn- und Sperrfristen aus. Vier Wochen seien vollkommen ungenügend, um Fragen wie die Begründetheit der Forderung oder eine mögliche Übernahme durch den Sozialversicherungsträger zu klären. Sie setzten sich angesichts der deutlich gestiegenen Strompreise dafür ein, die derzeit geltende Schwelle von 100 Euro Zahlungsrückstand anzuheben. Insbesondere Grundversorger sollten freiwillig auf 200 Euro gehen. Alternative sei ggf. eine Senkung des Strompreises durch eine Reform bei Steuern, Abgaben und Umlagen. Sinkende Einkaufspreise müssten zügig an die Kunden weitergegeben werden. Von mehr Wettbewerb im Sonderkundensegment verspreche man sich Druck auf die Grundversorgungspreise.
Von den initiativgebenden Bundestagsfraktionen sprachen sich die Linken dafür aus, die Versorgung mit Strom als Grundrecht jedes Bürgers anzuerkennen. Dies sei eine Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges Wohnen und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Bündnis 90/Die Grünen fordern unter anderem eine aus dem Regelsatz der Grundsicherung ausgelagerte Stromkostenpauschale, die sicherstellen müsse, dass die tatsächlichen Kosten auch abgedeckt werden.
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