Regulierung des Energievertriebs: Mythos oder Realität? - Teil 1 -
Dr. Karsten Rauch, Wuppertal[1]
Die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgung stellt eine mittlerweile seit fast 20 Jahren gelebte Wirklichkeit dar. Das Fundament für die staatliche Steuerung und Kontrolle der Netzinfrastrukturen bilden das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sowie die auf diesem Fundament erlassenen Verordnungen und Entscheidungen der Bundesnetzagentur (BNetzA). Daneben hat das europäische Primär- und Sekundärrecht ebenfalls einen unmittelbaren und/oder mittelbaren Einfluss auf die Abwicklung des Netzgeschäfts.
Die Frage, ob überdies eine Regulierung des Energievertriebs dogmatisch angenommen werden kann, stellte sich lange Zeit nicht. Mittlerweile haben Energieverkäufer jedoch in vielfältiger Form neue bzw. ausgeweitete Regeln und Verhaltensstandards bei der Abwicklung ihres Geschäfts zu beachten. Namentlich sei an dieser Stelle nur auf die in § 40a bis § 40c EnWG vorgesehenen Vorgaben in Bezug auf die Gestaltung von Energieabrechnungen hingewiesen. Aber auch der Umstand, dass Energievertriebe unter bestimmten in § 41a EnWG näher beschriebenen Bedingungen einen lastvariablen Tarif anbieten müssen, stellt eine neue Qualität staatlicher Regelsetzung dar. Die geschilderte Ausgangslage bildet den Grund und den Anlass für die in zwei aufeinander aufbauenden Beiträgen zu erbringenden Untersuchungen. Im ersten Teil der Abhandlung sollen die Grundlagen der Regulierung im Rechtssinne vorgestellt werden. Die hervorgebrachten Ergebnisse werden im zweiten Teil der Untersuchung herangezogen, wenn die im Titel aufgeworfene Frage einer Beantwortung zugeführt wird.