Umsatzbesteuerung der Leistungen der öffentlichen Hand ab 2017 - zugleich Erläuterungen zum BMF-Schreiben zur Anwendung des § 2b UStG
- von Dipl.-Bw.(FH)/Dipl.-Vw./Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -
Gerade noch rechtzeitig vor Beginn des neuen Jahres hat das BMF am 16.12.2016 das langersehnte Anwendungsschreiben des § 2b UStG (III C 2 - S 7107/16/10001)[*] vorgelegt. Die Erwartungen daran waren hoch. Für die Praxis erweisen sich insbesondere die darin angeführten Beispiele als nützlich. In diesem Beitrag werden im Kontext mit dem BMF-Schreiben die Grundsätze der grundsätzlich ab 1.1.2017 geltenden Umsatzbesteuerung der Leistungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts dargestellt.
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2. Besteuerung von privatrechtlich erbrachten Leistungen im Verhältnis zu § 2b UStG
2.1 § 2b UStG als Ausnahmevorschrift von § 2 UStG
§ 2b UStG versteht sich von der Gesetzessystematik her als Ausnahmeregelung zum allgemeinen Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG. Das bedeutet, dass für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft von jPdöR die allgemeinen Regelungen des § 2 Abs. 1 UStG maßgeblich sind. Nach der letztgenannten Vorschrift ist derjenige unternehmerisch tätig, wer eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen selbständig ausübt, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Das Gesetz entspricht inhaltlich insofern Art. 9 MwStSystRL, wonach derjenige steuerpflichtig ist, »wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt«. …
2.2 Allgemeiner Unternehmerbegriff des § 2 UStG
Das Verhältnis von § 2b zu § 2 UStG1 macht deutlich, dass ein Handeln der jPdöR auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag stets und bedingungslos - wie es der BFH längst vorgegeben hat2 - deren Unternehmereigenschaft im umsatzsteuerlichen Sinne begründet. In diesem Fall greift abschließend § 2 UStG,3 womit gar nicht erst zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen des § 2b UStG vorliegen. ….
3. Nichtbesteuerung von jPdöR bei der Ausübung öffentlicher Gewalt (§ 2b Abs. 1 Satz 1 UStG)
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3.1 Definition von jPdöR
Die Finanzverwaltung nennt im Schreiben vom 16.12.2016 zunächst Beispiele von jPdöR (»insbesondere«), namentlich Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, Zweckverbände), die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften,4 die Innungen, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, die staatlichen Hochschulen und sonstige Gebilde, die auf Grund öffentlichen Rechts eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, etwa Anstalten des öffentlichen Rechts (Rz. 3).
Die Ausführungen des BMF sind vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils vom 29.9.2015 zu sehen, wonach haushaltsgebundene Einrichtungen einer Gemeinde nicht selbständig sind und damit nicht Unternehmer i.S.d. EU-Richtlinie sein können.5 ..
1 Vgl. hierzu das Prüfschema bei Kronawitter, VersorgW 2016, S. 6, DokNr. 16003724.
2 BFH v. 3.3.2011, V R 23/10, BStBl 2012 II S. 74, VersorgW 2012, S. 17, DokNr. 12001347; BFH v. 1.12.2011, V R 1/11, BFH/NV 2012, S. 534, VersorgW 2012, S. 106, DokNr. 12001534; BFH v. 10.11.2011, V R 41/10, BFH/NV 2012 S. 670, VW-DokNr. 12001311.
3 BT-Drucks. 18/6094, S. 95.
4 Vgl. Weber, MwStR 2016, S. 818 zum nichtunternehmerischen Handeln der Kirchen im Lichte des § 2b UStG.
5 EuGH v. 29.9.2015, Gmina Wrolaw, C-276/14, EU:C:2015:635, HFR 2015, S. 1087.