Titel: Berücksichtigung von Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen eines Abwasserzweckverbandes in der Kalkulation der gemeindlichen Abwassergebühren
Behörde / Gericht:
VGH Baden-Württemberg
Datum: 08.03.2022
Aktenzeichen: 2 S 565/21
Gesetz: KAG
Artikeltyp:
Rechtsprechung
Kategorien:
Sonstiges Kommunalrecht
Dokumentennummer:
23071397
Berücksichtigung von Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen eines Abwasserzweckverbandes in der Kalkulation der gemeindlichen Abwassergebühren
– VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.03.2022 – 2 S 565/21 –
Leitsätze des Gerichts:
- Soll die Abgabenhoheit auf einen Zweckverband übertragen werden, so bedarf es hierfür einer ausdrücklichen Regelung in der Verbandssatzung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.05.1982 – 2 S 851/81, VBlBW 1983, 210).
- Hat ein Zweckverband Aufgaben der Abwasserbeseitigung ganz oder teilweise übernommen, ohne dass ihm die Abgabenhoheit übertragen wurde, ist in der Regel davon auszugehen, dass die von ihm betriebenen Abwasseranlagen von den Verbandsgemeinden mit seinem Einverständnis als Bestandteil ihrer öffentlichen Einrichtungen gewidmet sind; die Abwasseranlagen des Zweckverbands sind deshalb im Außenverhältnis zu den Benutzern der Einrichtung als Bestandteil der öffentlichen Einrichtungen der Verbandsgemeinden im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 KAG anzusehen. Etwas anderes gilt nur, wenn eine Verbandsgemeinde die Verbandsanlagen in ihrer Abwassersatzung ausdrücklich von der Widmung ihrer öffentlichen Einrichtung ausgenommen hat (vgl. zum Beitragsrecht VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.12.1990 – 2 S 1996/88, n.v.).
- Abschreibungen des Anlagevermögens eines Abwasserzweckverbands können über die Verbandsumlage auf die Verbandsgemeinden umgelegt werden. Steht die Abgabenhoheit den Gemeinden zu, dürfen sie die Verbandsumlage als Kosten ihrer öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung in der Kalkulation ihrer Abwassergebühren ansetzen.
- Eine abgabenerhebungsberechtigte Verbandsgemeinde darf Abschreibungen für ihren nach dem Verteilungsschlüssel der Verbandssatzung zu bestimmenden Anteil an den Verbandsanlagen auch dann in ihrer Gebührenkalkulation ansetzen, wenn die Verbandssatzung keine Regelung dazu enthält, dass Abschreibungen auf die Verbandsgemeinden umgelegt werden.
- Das zu verzinsende »Anlagekapital« im Sinne des § 14 Abs. 3 Nr. 1 KAG umfasst auch das Kapital, das in Anlagen gebunden ist, die durch einen Zweckverband betrieben werden.
- Der Gemeinderat darf im Rahmen seines Beurteilungsspielraums entscheiden, ob der kalkulatorische Zinssatz laufend dem sich ändernden Kapitalmarkt angepasst werden soll oder ob dieser Zinssatz im Interesse einer gleichmäßigen Gebührenbelastung auf der Grundlage einer langfristigen Betrachtung zu bestimmen ist. Die Entscheidung für einen Betrachtungszeitraum von (höchstens) 30 Jahren verletzt den Beurteilungsspielraum grundsätzlich nicht.
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