Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetzbetreiber für die 3. Regulierungsperiode aufgehoben; hier BNetzA (BK4-16-160)
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.2018 - VI-3 Kart 319/16 [V]
Leitsätze des Gerichts:
Die Festlegung der Eigenkapitalzinssätze für die dritte Regulierungsperiode vom 05.10.2016 (BK4-16-160) ist im Hinblick auf ihren Beschlusszeitpunkt mit § 7 Abs. 6 und Abs. 4 GasNEV vereinbar. Aus diesen Vorschriften ergibt sich nicht, dass eine Festlegung erst in dem Jahr, das der Regulierungsperiode unmittelbar vorangeht, erlassen werden darf.
Die der Festlegung der Eigenkapitalzinssätze zugrunde liegende Bestimmung der Marktrisikoprämie ist nicht geeignet, eine im Sinne des § 21 EnWG angemessene Verzinsung zu ermitteln. Vor dem Hintergrund der aktuellen Kapitalmarktsituation stellt es eine methodisch unzulässige Verengung dar, dass die Bundesnetzagentur bei der Bestimmung der Marktrisikoprämie ausschließlich auf historische Durchschnittswerte zurückgegriffen und sowohl bei der Ausübung des sich im Rahmen dieses Ansatzes eröffneten Beurteilungsspielraums als auch bei der Plausibilitätskontrolle Indikatoren für eine höhere Marktrisikoprämie nicht beachtet bzw. ihnen kein höheres Gewicht beigemessen hat.
Es stellt sich als methodisch fehlerhaft dar, dass die Bundesnetzagentur die Ableitung der Marktrisikoprämie allein aus den historischen DMS-Daten vorgenommen hat, ohne die Sondersituation des gegenwärtigen Marktumfeldes zu berücksichtigen und eine um alternative Ansätze ergänzte Würdigung und Plausibilitätskontrolle durchzuführen. Angesichts des durch die Euro- und Staatsschuldenkrise auf den Kapital- und Finanzmärkten ausgelösten Strukturbruchs und den durch historische Daten nur unzureichend abgebildeten Auswirkungen auf die Investorenerwartung sowie zur Vermeidung einer Fortschreibung des "Golden Age of Bonds"-Effekts wäre eine Plausibilitätskontrolle unter Einbeziehung der Erkenntnisse einer ergänzenden Anwendung des TMR-Ansatzes, von Ex-Ante-Modellen sowie des Zero Beta CAPM durchzuführen gewesen.
Der von der Bundesnetzagentur angesetzte Wert für den Betafaktor von 0,83 ist nicht zu beanstanden und basiert auf einer sachgerechten Auswahl von Vergleichsunternehmen.
Die durch die „Energiewende“ entstandenen Anforderungen an Netzbetreiber erfordern keine Erhöhung des Risikofaktors. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass deutsche Netzbetreiber im Vergleich zu ausländischen Netzbetreibern einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, das eine entsprechende Anpassung des Betafaktors erfordert.
Im Rahmen des Vergleichs der festgelegten Eigenkapitalzinssätze mit der Verzinsung ausländischer Netzbetreiber hat die Bundesnetzagentur es rechtsfehlerhaft unterlassen, die hinreichende Vergleichbarkeit der verglichenen Parameter der festgelegten Eigenkapitalzinssätze zu überprüfen und – soweit erforderlich - herzustellen. Um eine Vergleichbarkeit der Zinssätze ausländischer Regulierungsentscheidungen herzustellen, wäre eine Korrektur der Kapitalstruktur geboten gewesen. Zudem erscheint die Feststellung, ob sich der festgelegte Eigenkapitalzinssatz innerhalb der Bandbreite ausländischer Regulierungs-entscheidungen bewegt, für die Frage, ob eine angemessene Verzinsung in Sinne des § 21 Abs. 2 EnWG vorliegt, nur von geringer Relevanz, denn die Bandbreite ausländischer Regulierungsentscheidungen erfasst auch Ausreißer, die sich möglicherweise weit entfernt von dem Durchschnitt der übrigen Regulierungsentscheidungen befinden. Als Vergleichsmaßstab bietet sich neben der Bandbreite die durchschnittliche Verzinsung, berechnet als Mittelwert der Länderdurchschnitte an.
Die Berechnung des Steuerfaktors ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Die von der Bundesnetzagentur verwendete Formel zur Berechnung des Eigenkapitalzinssatzes vor Steuern ist korrekt. Die Eigenkapitalzinssätze nach Steuern für Neuanlagen und Altanlagen sind um die Körperschaftssteuer zu erhöhen.
Die Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes für Altanlagen gemäß § 7 Abs. 4 S. 2 GasNEV ist nicht zu beanstanden. Die von der Bundesnetzagentur gewählte Berechnungsmethode, den Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen nach Steuern als Ausgangspunkt zugrunde zu legen, davon die Preisänderungsrate auf der Nach-Steuer-Ebene abzuziehen und auf diese Weise einen Nachsteuerwert zu errechnen, entspricht den Vorgaben des § 7 Abs. 4 S. 2 GasNEV.
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