Umfang und Ausgestaltung des Akteneinsichtsrechts bei der Vergabe des Strom- und Gaskonzessionsvertrages gemäß § 47 Abs. 3 EnWG
LG Leipzig, Urteil vom 18.01.2019 - 05 O 2411/18
Hinweis der Redaktion (aus der Pressemitteilung des LG Leipzig vom 18.01.2019):
Mit Urteil vom 18. Januar 2019 hat das Landgericht Leipzig auf Antrag der VWS Verbundwerke Südwestsachsen GmbH der Stadt Stollberg untersagt, mit der Stadtwerke Schneeberg GmbH einen neuen Strom- und Gaskonzessionsvertrag abzuschließen. Die VWS ist Altkonzessionärin, also Inhaberin der Konzessionen des Strom- sowie Gasverteilnetzes in der Gemeinde Stollberg. Die Stadt teilte mit, dass sie auf aufgrund Stadtratsbeschlusses von März 2018 beabsichtige, den Zuschlag nunmehr der Stadtwerke Schneeberg GmbH zu erteilen, da diese in einem relativen Bewertungssystem die meisten Punkte erhalten habe. Im Gerichtsverfahren macht die VWS unzureichende Akteneinsicht in das Vergabeverfahren, Unzulässigkeit eines Nebenangebotes auf gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dem Netzbetreiber und Auswahlfehler geltend.
Das Landgericht Leipzig hat ebenfalls einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darin gesehen, dass der VWS keine ausreichende Akteneinsicht in das Auswahlverfahren gewährt wurde. Die Gemeinde kann die Akteneinsicht versagen, um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der konkurrierenden Unternehmen zu wahren. Die Prüfung, ob die von ihr geschwärzten Tatsachen und Umstände in diesem Sinne als geheim einzustufen sind, obliegt aber der Gemeinde. Die Gemeinde kann sich nicht darauf zurückziehen, dass die konkurrierenden Bieter einer Offenlegung widersprochen hätten, sondern muss in jedem Einzelfall eine Abwägung vornehmen und diese auch erläutern. Hieran fehlt es. Die Stadt hat ihre umfangreichen Schwärzungen im Auswahlvermerk überhaupt nicht weiter erläutert. Damit genügt auch das Absageschreiben der Stadt nicht den qualifizierten Anforderungen, die das Energiewirtschaftsgesetz aufstellt.
Des Weiteren hat das Landgericht einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot angenommen, weil sich aus den Ausschreibungsunterlagen ablesen lasse, dass die Gemeinde sachfremde Kriterien für die Angebotsabgabe vorsehen möchte. Einen derartigen Umstand sieht das Gericht darin, dass die Stadt in den Verfahrensbriefen dazu aufgefordert hat, der Stadt Stollberg ein (unverbindliches) Nebenangebot auf die Eingehung einer Kooperation zu unterbreiten, die sich auf den Betrieb des Gas / (Strom-)Versorgungsnetzes bezieht.
Gegen das Urteil kann Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt werden.
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