Aufwendungsersatz für die Entsorgung von PPK-Verpackungen
- Urteil des LG Köln vom 20.4.2012 - 7 O 146/11 -
Sachverhalt:
Die Klägerin ist im Landkreis N öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gem. §§ 13, 15 KrW-/AbfG. Die Beklagte ist ein Systembetreiber im Sinne des § 6 Abs. 3 der Verpackungsverordnung (VerpackV), der im Auftrag des Handels gebrauchte Verkaufsverpackungen entsorgt. Die Parteien streiten über die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe/Karton (PPK-Verpackungen).
In den Jahren 2008 und 2009 bestand zwischen den Parteien ein Vertrag über die Entsorgung gebrauchter PPK-Verpackungen. Die Klägerin war danach als Auftragnehmerin der Beklagten verpflichtet, die PPK-Verpackungen gemeinsam mit dem kommunalen Altpapier zu entsorgen und der Beklagten durch entsprechende Wiegescheine die Menge der gesammelten und verwerteten PPK-Verpackungen nachzuweisen (sog. Mengenstromnachweis). Die Beklagte hatte dafür ein monatliches Entgelt zu entrichten und wurde im Gegenzug auch an den Erlösen aus der Verwertung des Altpapiers beteiligt.
Nach dem Auslaufen des Vertrages zum 31.12.2009 konnten sich die Parteien nicht auf einen neuen Vertrag einigen. Die Beklagte war grundsätzlich bereit, die Klägerin weiter mit der Entsorgung der PPK-Verpackungen zu beauftragen, doch bestand Streit über die Höhe des Entgelts und der Erlösbeteiligung. Die Klägerin sammelte und entsorgte dennoch weiterhin zusammen mit dem kommunalen Altpapier auch die von den privaten Endverbrauchern in die Sammelbehälter gegebenen PPK-Verpackungen, übergab der Beklagten aber nicht mehr die bislang gelieferten Mengenstromnachweise.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Mit der Entsorgung der PPK-Verpackungen habe sie ein Geschäft der Beklagten besorgt. Die Beklagte sei als Systembetreiber nach § 6 Abs. 3 VerpackV verpflichtet, die gebrauchten PPK-Verpackungen bei den Endverbrauchern abzuholen und der Verwertung zuzuführen. Es handele sich um eine privatrechtliche GoA und der Rechtsweg zu den Zivilgerichten sei eröffnet, da es sich bei der Entsorgung der PKK-Verpackungen nicht um öffentlich-rechtliche Pflichten der Beklagten handele. Die Anwendbarkeit der GoA werde auch nicht durch abschließende Sonderregelungen ausgeschlossen. Die Klägerin sei als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zwar nach § 15 KrW-/AbfG grundsätzlich zur Entsorgung der auf ihrem Gebiet anfallenden und überlassenen Abfälle verpflichtet. Weder dem bürgerlichen noch dem öffentlichen Recht sei aber eine Regelung zu entnehmen, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger das Kostenrisiko zu übernehmen habe, welches sich aus dem Fehlen eines Vertrages zwischen dem Systembetreiber und dem Entsorgungsunternehmen ergebe. Die Pflicht zur Entsorgung der PPK-Verpackungen liege nach § 6 VerpackV vorrangig bei den Herstellern und Vertreibern der Verkaufsverpackungen und den von ihnen beauftragten Systembetreibern. Bei der Miterfassung von Verkaufsverpackungen durch die Klägerin handele es sich daher jedenfalls um ein „auch fremdes“ Geschäft.
Die Klägerin trägt vor, mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt zu haben, was sich auch daran zeige, dass sie bis Ende 2009 noch im Auftrag der Beklagten tätig geworden sei. Die Fortsetzung des Vertrages sei nur aufgrund von Streitigkeiten über die Berechnung der Entgelte gescheitert. Die Geschäftsführung habe auch im Interesse der Beklagten gelegen, da sie damit die Pflichten der Beklagten aus der Verpackungsverordnung erfüllt habe und die grundsätzliche Mitbenutzung des Systems der Klägerin durch die Beklagte von den Parteien nie in Zweifel gezogen worden sei. Jedenfalls sei ein entgegenstehender Wille nach § 679 BGB unbeachtlich, da die Erfüllung der Pflicht der Beklagten zur haushaltsnahen Erfassung von Verkaufsverpackungen im öffentlichen Interesse liege und ohne die Miterfassung des PPK-Anteils der Beklagten durch die Klägerin nicht rechtzeitig erfüllt worden wäre. Die Klägerin habe demnach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz ihrer Aufwendungen nach §§ 677, 683, 670 BGB. Für Leistungen, die zum Beruf oder Gewerbe des Geschäftsherrn gehörten, sei, vergleichbar der Regelung in § 1835 Abs. 3 BGB, die übliche Vergütung zu zahlen. Die Klägerin habe als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger in beruflicher Eigenschaft gehandelt. Für die Bestimmung des üblichen Entgelts könne auf die Vertragskonditionen zurückgegriffen werden, die die Klägerin mit den anderen acht Systembetreibern nach § 6 Abs. 3 VerpackV vereinbart habe. Der durchschnittliche Lizenzmengenanteil der Beklagten habe im Jahr 2010 bei 46,785% gelegen, der Lizenzmengenanteil der acht Wettbewerber bei 53,215%. Da die anderen Systembetreiber für die Entsorgung insgesamt 78.555,51 Euro an die Klägerin gezahlt hätten, ergebe sich gegenüber der Beklagten für das Jahr 2010 ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 69.063,93 Euro.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Aufwendungsersatz in Höhe von 69.063,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 27.1.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Zivilrechtsweg sei zwar eröffnet, doch stehe einer Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entgegen, dass der Bereich der Verpackungsmüllentsorgung durch zahlreiche Vorschriften des Wettbewerbs-, Kartell- und öffentlichen Rechts abschließend geregelt sei. Die Klägerin könne nicht die vielfältigen Probleme bei der Anwendung der dortigen Vorschriften und das dort geltende Konsensualprinzip umgehen, indem sie ihre Forderung einseitig als Aufwendungsersatzanspruch im Rahmen einer zivilrechtlichen GoA geltend mache. Den öffentlich-rechtlichen Vorgaben hätte es alleine entsprochen, wenn die Klägerin ihren Anspruch auf Durchführung der Maßnahmen zu einem bestimmten Entgelt im Voraus vor den hierfür zuständigen Zivilgerichten geltend gemacht hätte. In jedem Fall stehe der Forderung § 242 BGB entgegen, da die Klägerin ihre Pflicht zur Erstellung des Mengenstromnachweises nicht erfüllt habe, so dass die Beklagte gehindert worden sei, den nach § 6 Abs. 5 VerpackV erforderlichen Nachweis zu führen, ein flächendeckendes Entsorgungssystem eingerichtet zu haben. Da über die Konditionen eines neuen Leistungsvertrags keine Einigung erzielt worden sei, habe die Entsorgung der PPK-Verpackungen im Jahr 2010 auch nicht dem Willen der Beklagten entsprochen. Die Klägerin habe auch nicht im Interesse der Beklagten gehandelt, da der Beklagten ohne den Mengenstromnachweis der erforderliche Nachweis dafür gefehlt habe, ein flächendeckendes Entsorgungssystem eingerichtet zu haben. Daher könne auch § 679 BGB keine Anwendung finden. Die Klägerin habe die Aufwendungen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht für erforderlich halten dürfen. Insofern bezieht sich die Beklagte auf die Gründe des Urteils des OLG Köln vom 12.6.2007 (Az. 24 U 4/06).
Schließlich könne die Klägerin nach § 670 BGB nicht eine übliche Vergütung, sondern nur Ersatz der tatsächlich entstandenen Aufwendungen verlangen. Die Klägerin müsse zunächst schlüssig darlegen, wie sie den von ihr geltend gemachten Aufwand berechne und welche Erlöse sie aus der Verwertung des Altpapiers erziele. Ein Aufwendungsersatzanspruch scheide vermutlich bereits deshalb aus, weil der bei der Verwertung des Altpapiers erzielte Gewinn die Kosten der Entsorgung übersteige. Bei der Berechnung müsse jedenfalls berücksichtigt werden, dass die Beklagte nicht für die Entsorgung der PPK-Verpackungen verantwortlich sei, die nicht von ihren Lizenznehmern stammten. Tatsächlich sei ein hoher Anteil der PPK-Verpackungen sogenannten Trittbrettfahrern zuzuordnen, die sämtliche Verpackungen mit einem Grünen Punkt kennzeichneten, aber nur für einen Teil der Verpackungen Entsorgungsverträge mit Systembertreibern abgeschlossen hätten. Für die Entsorgung der Restmengen seien nicht die Systembetreiber, sondern die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verantwortlich. Die Beklagte behauptet insoweit, der Gesamtanteil lizenzierter Verkaufsverpackungen an den PKK-Abfällen liege tatsächlich bei lediglich 15%. Es sei auch kein Grund dafür ersichtlich, dass die Klägerin den Systembetreibern nicht 100%, sondern nur 50% der mit den PPK-Verpackungen erzielten Erlöse anrechnen wolle.
Die Klägerin bietet an, ihre Kostenkalkulation vorzulegen, sollte das Gericht der Ansicht sein, dass es im Rahmen des Aufwendungsersatzes nicht auf die übliche Vergütung, sondern auf die tatsächlichen Kosten ankomme. Sie macht zudem geltend, dass bei der Umlegung der Erlöse zu berücksichtigen sei, dass die PPK-Verpackungen im Vergleich zum sonstigen Altpapier von minderer Qualität seien und dass bei der Berechnung des Abholaufwandes zu berücksichtigen sei, dass die PPK-Verpackungen ein höheres Volumen als sonstiges Altpapier besäßen und daher ein Kostenaufschlag auf den Masseanteil gerechtfertigt sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
Aus den Gründen:
[16] Die Klage ist zulässig und dem Grunde nach gerechtfertigt.
[17] Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet, da die Entsorgungsverpflichtungen der Beklagten auf privatrechtlichen Vereinbarungen beruhen, die sie mit den Herstellern und Vertreibern der Verkaufsverpackungen geschlossen hat, um diese von ihrer Rücknahme- und Verwertungspflicht freizustellen (vgl. § 6 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 VerpackV). Die Klägerin ist nicht im öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis der Beklagten tätig geworden, so dass es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine privatrechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag handelt (so auch BayVGH, Beschluss vom 24.8.2006 - 23 C 06.1986 -, Juris, Rn. 4; OLG Köln, Urteil vom 12.6.2007 - 24 U 4/06 -, Juris, Rn. 22).
[18] Der mit der Klage verfolgte Anspruch der Klägerin auf Aufwendungsersatz ist dem Grunde nach gegeben. Da allerdings die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs noch nicht feststeht, konnte zum jetzigen Zeitpunkt nur ein Urteil über den Anspruchsgrund gemäß § 304 ZPO ergehen.
[19] Die Klägerin kann wegen der von ihr nach dem 31.12.2009 übernommenen Entsorgung von PPK-Verpackungen von der Beklagten Aufwendungsersatz nach den §§ 683, 670, 677 BGB verlangen. Die Voraussetzungen für eine Geschäftsführung ohne Auftrag liegen vor:
[20] Die Klägerin hat ein Geschäft der Beklagten geführt, indem sie mit dem kommunalen Altpapier auch die PPK-Verpackungen entsorgt hat, zu deren Entsorgung sich die Beklagte als Systembetreiber nach § 6 Abs. 3 VerpackV verpflichtet hatte. Dass die Klägerin als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger gemäß § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG gesetzlich verpflichtet war, die in ihre Sammelbehälter gegebenen Abfälle zu entsorgen, steht einem Aufwendungsersatzanspruch im Rahmen eines „auch fremden“ Geschäfts nicht entgegen. Der Umstand, dass die Klägerin sich zuvor bemüht hatte, mit der Beklagten eine Vereinbarung über die Entsorgung der PPK-Verpackungen zu treffen, zeigt, dass sie auch mit Fremdgeschäftsführungswille gehandelt hat (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.6.2007 - 24 U 4/06 -, Juris, Rn. 34 ff.).
[21] Die Anwendung der GoA wird auch nicht durch öffentlich-rechtliche Sondervorschriften ausgeschlossen. Die Verpackungsverordnung bietet gerade keine abschließende Regelung für diese Situation. Nach § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV können die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Übernahme oder Mitbenutzung der Einrichtungen, die für die Sammlung von PPK-Abfällen erforderlich sind, gegen ein angemessenes Entgelt verlangen. Daran zeigt sich, dass die Finanzierungsverantwortung für die Entsorgung der PPK-Verpackungen den Systembetreibern zugewiesen ist und die Kostenlast nicht der (subsidiären) Entsorgungsverpflichtung aus § 15 KrW-/AbfG folgt. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sind auch nicht darauf beschränkt, den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Mitbenutzung und Zahlung eines angemessenen Entgelts aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV geltend zu machen (siehe dazu VG Stuttgart, Urteil vom 30.9.2010 - 2 K 639/09 -, Juris; OVG NRW, Urteil vom 14.7.2011 - 20 A 2467/08 -, Juris). Voraussetzung für diesen Anspruch ist die Verpflichtung der Systembetreiber zur Mitbenutzung der kommunalen Entsorgungseinrichtungen. Stellt es der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger aber dem Systembetreiber frei, wie dieser seine Entsorgungspflichten erfüllt, und bleibt der Systembetreiber untätig, so dass die von ihm zu entsorgenden Abfälle in den Sammelbehältern des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers landen und von ihm mit entsorgt werden müssen, ist § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV nicht einschlägig. Dem Regelungszusammenhang des § 6 Abs. 4 VerpackV lässt sich aber nicht entnehmen, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in diesem Fall die Kosten der Entsorgung zu tragen hätten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.6.2007 - 24 U 4/06 -, Juris, Rn. 37 ff.).
[22] Die Klägerin hat zwar nicht im Interesse der Beklagten gehandelt, doch ist der entgegenstehende Wille nach § 679 BGB unbeachtlich, da die Erfüllung der Entsorgungsverpflichtung im öffentlichen Interesse lag (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.6.2007 - 24 U 4/06 -, Juris, Rn. 49 ff.).
[23] Anders als in dem vom OLG Köln entschiedenen Fall verstößt die Geltendmachung eines Aufwendungsersatzanspruchs vorliegend auch nicht gegen Treu und Glauben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die Beklagte daran gehindert hätte, die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen selbst vorzunehmen. Soweit die Beklagte behauptet, es sei ihr verwehrt, ein eigenes Erfassungssystem für Verkaufsverpackungen im Gebiet der Klägerin zu installieren, wird diese Behauptung nicht näher erläutert oder belegt und widerspricht der vorgelegten Korrespondenz zwischen den Parteien, wonach beide Seiten sich einig waren, die Kooperation fortsetzen zu wollen und sich nur nicht über die Höhe des Entgelts und der Erlösbeteiligung einigen konnten. Auch der Abstimmungserklärung von 1992(Anlage B 3 im Ordner), auf die sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 5.7.2011 (Bl. 137 d.A.) bezieht, lässt sich nicht entnehmen, dass es der Beklagten untersagt wäre, ein eigenes Abholsystem einzurichten. Der Umstand, dass die Klägerin - wie auch die Beklagte - grundsätzlich an einer Fortsetzung der Vertragsbeziehung interessiert war, lässt es nicht treuwidrig erscheinen, bei einem Scheitern der Vertragsverhandlungen Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der GoA zu verlangen. In der Regel wird die Geschäftsübernahme in einem derartigen Fall nicht im Interesse des Geschäftsherrn liegen. Hier war die Klägerin aber nach § 15 KrW-/AbfG verpflichtet, diejenigen PPK-Verpackungen zu entsorgen, um deren Entsorgung die Beklagte sich nicht gekümmert hatte, und der entgegenstehende Wille der Beklagten daher nach § 679 BGB unbeachtlich.
[24] Die Treuwidrigkeit lag in den Entscheidungen des OLG Köln und des LG Köln nicht darin begründet, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger von dem Systembetreiber verlangte, die Kosten der Entsorgung der PPK-Verpackungen zu übernehmen, sondern in der Berufung auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag, obwohl der Systembetreiber bewusst daran gehindert wurde, seine Entsorgungsverpflichtungen selbst zu erfüllen, sondern dazu gezwungen wurde, die Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mitzubenutzen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.6.2007 - 24 U 4/06 -, Juris, Rn. 53 ff.; LG Köln, Urteil vom 23.4.2008 - 20 O 377/06 -, Juris, Rn. 34). In diesem Fall steht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Anspruch auf ein angemessenes Entgelt aus § 6 Abs. 4 Satz 5 VerpackV zu. Nimmt man aber mit dem OLG Köln an, dass § 6 Abs. 4 VerpackV keine abschließende Regelung der Verpackungsentsorgung enthält und die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger dem Systembetreiber auch freistellen können, entweder ihre Entsorgungseinrichtungen mitzubenutzen oder eigene Abholsysteme zu organisieren, kann es nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, in einem solchen Fall Aufwendungsersatzansprüche geltend zu machen, wenn der Systembetreiber untätig bleibt und praktisch ausnutzt, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 15 KrW-/AbfG ohnehin zur Entsorgung verpflichtet ist.
[25] Schließlich ist die Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruchs auch nicht deshalb treuwidrig, weil die Klägerin, anders als in den früheren Jahren, keine Mengenstromnachweise für die Beklagte erstellt hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Mengenstromnachweis im vorliegenden Fall überhaupt für den Nachweis einer flächendeckenden Entsorgung gemäß § 6 Abs. 5 VerpackV erforderlich war. Dann jedenfalls war die Klägerin ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht zur Erstellung des Mengenstromnachweises verpflichtet. Da die Klägerin bei der Entsorgung mangels vertraglicher Grundlage nicht im Auftrag der Beklagten tätig geworden ist, wäre es auch sachlich falsch gewesen, der Beklagten zu bescheinigen, im Landkreis N ein Entsorgungssystem eingerichtet und ihre Entsorgungsverpflichtung erfüllt zu haben. Die Beklagte ist ihrer Entsorgungspflicht gerade nicht nachgekommen. Vielmehr war die Klägerin wegen § 15 KrW-/AbfG gezwungen, die Entsorgungsverpflichtung der Beklagten zu erfüllen und ihre Kosten im Wege eines Aufwendungsersatzanspruchs geltend zu machen. Die Beklagte hätte es demgegenüber in der Hand gehabt, von der Klägerin zu verlangen, ihre Einrichtungen gegen ein angemessenes Entgelt mitbenutzen zu können, § 6 Abs. 4 Satz 6 VerpackV.
[26] Der Klägerin steht gemäß den §§ 677, 683, 670 BGB ein Anspruch auf Aufwendungsersatz für die Entsorgung des auf die Beklagte entfallenden Anteils an PPK-Verpackungen im Jahr 2010 zu. Da jedoch die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs bislang von der Klägerin nicht hinreichend substantiiert worden ist, muss die Entscheidung hierüber der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben.
[27] Im Rahmen ihres Aufwendungsersatzanspruchs kann die Klägerin grundsätzlich die übliche Vergütung für die Entsorgung von PPK-Verpackungen im Jahr 2010 beanspruchen, da sie hierbei - trotz ihrer öffentlich-rechtlichen Entsorgungspflicht - zumindest auch in Ausübung ihres Berufes tätig wurde. Zwar schuldet der Geschäftsherr dem Geschäftsführer nach dem Wortlaut der §§ 683, 670 BGB lediglich den Ersatz seiner tatsächlichen Aufwendungen. Jedoch schließt der Aufwendungsersatzanspruch anerkanntermaßen auch die übliche Vergütung mit ein, wenn die auftragslose Besorgung eines fremden Geschäfts im Rahmen des Berufs oder des Gewerbes des Geschäftsführers erfolgt, da es hier - anders als beim unentgeltlichen Auftrag - an der Vereinbarung der Unentgeltlichkeit fehlt (vgl. nur BGHZ 65, 384 (390); BGHZ 143, 9 (16); BGH NJW 1973, 2101, 2102; BGH NJW-RR 1989, 970; BGH NJW-RR 1992, 1435; BGH NJW-RR 2005, 639, 641; BGH NJW-RR 2005, 1426, 1428; BGH NJW 1993, 3196).
[28] Voraussetzung für die Beanspruchung der üblichen Vergütung im Einzelfall ist allerdings, dass eine solche für das geführte Geschäft überhaupt existiert. Vorliegend beruft sich die Klägerin zur Darlegung der üblichen Vergütung auf die mit den acht anderen Systembetreibern getroffenen Entgeltvereinbarungen. Hiermit genügt sie allerdings noch nicht den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag, da die Beklagte als größter Systembetreiber die Üblichkeit und Angemessenheit der dort vereinbarten Vergütung gerade bestreitet. Auch hat die Klägerin bislang lediglich pauschal einen Durchschnittswert der mit den anderen Systembetreibern getroffenen Vergütungsabreden genannt, ohne die Entgeltvereinbarungen im einzelnen offenzulegen.
[29] Die Klägerin wird daher ihre Behauptung, der Wert der Klageforderung entspreche der üblichen Vergütung, noch näher darlegen und gegebenenfalls unter Beweis stellen müssen. Ebenfalls weiterer Aufklärung bedarf die Frage, welcher Anteil der von der Klägerin entsorgten PPK-Verpackungen unter Berücksichtigung der von der Beklagten behaupteten „Trittbrettfahrerquote“ der Beklagten überhaupt zugerechnet werden kann.