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Titel: Lieferantenausfall bei Mittelspannungskunden
Behörde / Gericht: Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH)
Datum: 17.09.2024
Aktenzeichen: EnZR 57/23
Gesetz: EnWG
Artikeltyp: Rechtsprechung
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht
Dokumentennummer: 25082190

Lieferantenausfall bei Mittelspannungskunden

– BGH, Urteil vom 17.09.2024 – EnZR 57/23 –

Leitsätze des Gerichts:

  1. Zur Wahrung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Stromnetzen darf der Netzbetreiber Marktlokationen von Letztverbrauchern nicht ohne sachlichen Grund dem Bilanzkreis eines bestimmten Lieferanten zuordnen.
  2. § 38 Abs. 1 Satz 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), der für den Bereich der Niederspannung eine Ersatzversorgung anordnet, findet keine entsprechende Anwendung auf Fälle des Energiebezugs in höheren Spannungsebenen.
  3. Kommt es in der Mittelspannung zum Ausfall eines Energielieferanten und fehlt es an einer vertraglich vereinbarten Ersatzversorgung, ist die Lieferstelle für die Übergangszeit bis zu einer möglichen Anschlusssperre dem Bilanzkreis eines Energieversorgungsunternehmens zuzuordnen, das aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Netzbetreibers voraussichtlich in der Lage ist, die Versorgung kurzfristig sicherzustellen.
  4. Fällt ein Folgelieferant zu einem Zeitpunkt aus, in dem noch ein Lieferverhältnis mit einem anderen Versorger besteht, hat der Netzbetreiber übergangsweise die betreffende Marktlokation auch über das Vertragsende hinaus diesem Lieferanten zuzuordnen, wenn dieser weiter lieferfähig ist; das gilt auch, wenn mehrere Energieversorgungsunternehmen geeignet sind.
  5. War die Bilanzkreiszuordnung wegen eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot nach § 20 Abs. 1 EnWG rechtswidrig, kann der Netzbetreiber die rückwirkende Zuordnung einer Lieferstelle zum Bilanzkreis des vertraglich verpflichteten Lieferanten innerhalb der Clearingfrist gemäß den Marktregeln für die Durchführung der Bilanzkreisabrechnung Strom der Bundesnetzagentur (MaBiS) nicht mangels Zustimmung desjenigen Lieferanten verweigern, dem die Lieferstelle fehlerhaft zugeordnet worden war.

Bitte das Urteil über unten stehenden Link öffnen.

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