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Titel: Muss sich der Vertrieb neu erfinden? – Vertriebsprozesse nach dem EnWG 2021
Datum: 01.09.2021
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht, EU-Recht, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte, Messstellenbetrieb/-sgesetz, Zivilrecht
Dokumentennummer: 21006376 ebenso Versorgungswirtschaft 9/2021, Seite 261

Muss sich der Vertrieb neu erfinden? – Vertriebsprozesse nach dem EnWG 2021

- von RAin Janka Schwaibold und RAin Victoria Boss, Hamburg -*

Nach langem Ringen wurden im letzten Termin vor der Sommerpause das EnWG und das Gesetz für faire Verbraucherverträge beschlossen. Beide Gesetze haben weitreichende Auswirkungen auf vertriebliche Prozesse in Energieversorgungsunternehmen wie Produktgestaltung, Vertragsinhalte, Abrechnung, Sperrung und Kündigung. Der nachfolgende Artikel greift die größten Veränderungen auf und ordnet sie in die endkundenbezogenen Prozesse eines Energieversorgers ein.

Er gliedert sich in zwei Teile: Zunächst der kurzfristige Anpassungsbedarf in einzelnen Prozessschritten, danach folgt der mittelfristige Anpassungsbedarf im Produktportfolio eines Versorgers. Energieversorger sollen so in die Lage versetzt werden, ihre Ressourcen in den nächsten Monaten ergebnis- und aufwandsorientiert für die zwingend erforderlichen Anpassungen einzusetzen.

Einleitung

Neben den »großen« Themen wie Wasserstoffnetze, Entflechtung, Ladeinfrastruktur und Flexibilitäten setzt das novellierte Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verpflichtende europäische Vorgaben um1 und birgt gemeinsam mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge (GffVV) einige Tücken für Vertrieb und Shared Service. Das novellierte EnWG wurde am 26.07.2021 verkündet und ist seit dem Folgetag in Kraft. Energieversorger müssen die Neuregelungen aus dem EnWG ohne Übergangsfrist umsetzen.

Nachfolgend werden die kurzfristig umzusetzenden Änderungen in den Lebenszyklus eines Endkunden-Lieferverhältnisses eingebettet (vgl. Grafik 1).

Wegen des erheblichen Umfangs des Gesamtanpassungsbedarfes wird nachfolgend nicht jede Neuregelung in gleicher Tiefe behandelt. Der Schwerpunkt liegt auf den strategischen Grundentscheidungen für die Umsetzung.

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde am 17.08.2021 verkündet.2 Die verbraucherschützenden Vorgaben treten zum Teil erst in 2022 in Kraft, haben aber weitreichende Auswirkung auf die Produktgestaltung, so dass sie ebenfalls bereits jetzt bei Entscheidungen für 2022 berücksichtigt werden sollten.

Teil 1: Kurzfristiger Anpassungsbedarf in den Vertriebsprozessen aus dem EnWG

I. Vertragsgestaltung

1. Grundsatzfrage Kundengruppen

Die EnWG-Novelle birgt eine Vielzahl neuer inhaltlicher Vorgaben für Energielieferverträge und Abrechnungen. Darüber hinaus erfolgt eine Vereinheitlichung des Umgangs mit den gängigen Kundengruppen (vgl. Grafik 2).

Während das EnWG bisher einen höheren Schutz- und Transparenzstandard für Haushaltskunden vorsah, werden die übrigen Letztverbraucher diesen nun in vielen Bereichen gleichgestellt. Für Gewerbekunden über 10.000 kWh Jahresverbrauch muss nun ebenfalls ein hohes Informations- und Schutzniveau eingehalten werden.

Grundsatzfrage:

Soll eine ggf. bislang praktizierte Trennung der SLP-Produkt- und Vertragsgestaltung zwischen Haushaltskunden bzw. Verbrauchern einerseits und Gewerbekunden andererseits aufrechterhalten werden?3

2. Auszug: Vertragsinhalte für alle Kundenarten

Während bisher die wesentlichen Vertragsinhalte nach § 41 EnWG alte Fassung überwiegend für Haushaltskunden galten, legt § 41 EnWG neu nun Vorgaben für alle Letztverbraucher verbindlich fest, teilweise inhaltlich verändert und verschärft. Die Mindestinhalte für Energieverträge gelten also künftig für alle Strom- und Gaskunden eines Energieversorgers, nicht nur für das Kleinkundensegment.

Für den vollständigen Überblick vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 1-12 EnWG. Einige können in der Umsetzung Mühe bereiten:

Neben der belieferten Verbrauchsstelle muss der Vertrag die Identifikationsnummer des Kunden benennen. Falls der Kunde diese nicht bereits im Auftrag angibt, muss der Lieferant diese selber ermitteln.

Zu benennen ist der Vertragsbeginn neben der Vertragsdauer. Das Datum bereitet ggf. Schwierigkeiten, wenn der Vertrag mit Zugang der Vertragsbestätigung beim Endkunden zustande kommt. Hier sind aber »weiche« Formulierungen möglich.

Im Rahmen der zu erbringenden Leistungen muss angegeben werden, ob der Messstellenbetrieb und die Messstellenbetriebsentgelte im Vertrag enthalten sind. Die EnWG-Novelle rückt hier bewusst den Messstellenbetrieb als Vertrags- und Kostenbestandteil in den Fokus und forciert damit die Abkehr vom bisherigen »All-Inclusive-Vertrag«.4 Macht daher die Mischpreiskalkulation der Messstellenbetriebsentgelte über alle Kunden in einem Tarif künftig noch Sinn? Zumindest bei Kunden, die zum wettbewerblichen Messstellenbetreiber wechseln und die Entgelte dort abführen, steigt das Konfliktpotential. Die Novelle korreliert mit dem bereits im MsbG enthaltenen Ansatz, auch Tarife ohne Messstellenbetrieb zu schaffen.

Da die Abgrenzung zwischen Sonderverträgen und Grundversorgung nicht immer selbsterklärend ist, muss die Tarif- bzw. Produktbezeichnung jetzt eindeutig sein und darauf hingewiesen werden, ob ein Tarif innerhalb oder außerhalb der Grundversorgung liegt. Für die Grundversorgung verlangt ein neu eingefügter Satz 2 von § 36 Abs.1 EnWG eine »einfach auffindbare und unmissverständliche« Veröffentlichung. Ab sofort müssen allen Letztverbrauchern mehrere Zahlungsweisen angeboten werden. Die bislang geltende Vorgabe für Haushaltskunden wurde bereits durch den BGH dahingehend präzisiert, dass mindestens drei Zahlungswege und davon eine Option ohne (Kunden-)Bankkonto erforderlich sind.5

Die Informationspflichten über Streitbeilegungsverfahren umfassen künftig auch alle Letztverbraucher. Da die Schlichtungsstelle Energie und der Verbraucherservice der Bundesnetzagentur nur Verbrauchern offenstehen, dient die Pflicht eher der Absicherung möglicherweise künftiger allgemeiner Schlichtungsstellen oder Streitbeilegungsmechanismen auch für Gewerbekunden.

3. Änderungen betreffen auch reine Haushaltskundenverträge

Die Neuordnung der Vertragsregelungen im EnWG führt aber nicht nur zu einer reinen Übertragung des bisherigen Haushaltskundenstandards auf alle Letztverbraucher. Die Vorgaben, die bereits in Haushaltskundenverträgen enthalten sind, werden modifiziert. Auch für Haushaltskundenverträge ist also ein umfassender Abgleich mit § 41 EnWG erforderlich.

4. Größerer Anpassungsbedarf in Gewerbekundenverträgen

Wie hoch der Aufwand für Vertragsanpassungen im Unternehmen ist, hängt maßgeblich davon ab, welche Produktstrategie bislang verfolgt wurde. Dort, wo für Haushaltskunden und Gewerbe einheitliche Verträge angeboten werden, wird bereits viel enthalten sein. In reinen Gewerbeverträgen, insbesondere in RLM-Verträgen, besteht der Aufwand in einem umfassenden Abgleich mit den neuen Anforderungen.

II. Vertragsabschlussprozess

1. Textform für Haushaltskundenverträge außerhalb der Grundversorgung

Für Verträge mit Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung ist nun die Textform verpflichtend.6 Das bedeutet einerseits, dass der Lieferant keine Schriftform mehr fordern darf, also die eigenhändige Unterschrift im Original. Andererseits werden fernmündliche Vertragsschlüsse mit Haushaltskunden ausgeschlossen. Zweck der Neuregelung ist der Schutz vor untergeschobenen Verträgen, die mitunter das Ergebnis aggressiver Telefonakquise waren.

Lieferanten, die bislang telefonisch Verträge schließen, z.B. über Dienstleister, müssen ihren Abschlussprozess umstellen. Die Telefonakquise kann nur noch vorbereitenden Charakter haben, an den ein Abschlussprozess in Textform anschließt. Auch für Energieversorger, die nicht bewusst auf Telefonabschlüsse setzen, kann diese Vorgabe Auswirkungen haben: Die Textform muss ggf. bedacht werden bei Tarifwechseln (Wechsel von einem Produkt in ein anderes), Folgebelieferungen oder die Rückholung des Kunden nach einer Kündigung. Diese Vorgaben gelten nur für Haushaltskunden. Eingespielte Abschlussprozesse mit Großkunden im Gewerbebereich und im eigenen Einkauf bzw. der Beschaffung sind nicht betroffen.

2. Vertragszusammenfassung für alle Letztverbraucher

Für alle Kundenarten muss der Energieversorger künftig innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss eine Vertragszusammenfassung zur Verfügung stellen (vgl. Grafik 3).

Die weiche Zeitvorgabe ermöglicht die Einbindung in unterschiedliche Abschlussprozesse (vor Ort, Online, postalischer oder elektronischer Austausch von Dokumenten).

Über die Zielrichtung des neuen Dokumentes lässt sich spekulieren. Eine vergleichbare Zusammenfassung im TK-Bereich muss vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden. Die dem EnWG zugrunde liegende Richtlinie trifft indes keine Zeitvorgabe.7 Im Ergebnis ist wohl Ziel, dem Kunden seine drängendsten Fragen (wann beginnt die Belieferung, wann kann ich kündigen, was zahle ich?) auf einen Blick zu beantworten.

III. Vertragsänderungen und Preisanpassungen

Die einseitige Änderung von Vertragsbedingungen betrifft in der Regel die Preisanpassung. Soweit ein wirksames Anpassungsrecht vereinbart wurde, sind aber auch andere einseitig durch den Lieferanten vorgegebene Vertragsänderungen denkbar, z.B. um den Vertrag an zwingende neue Gesetzesregelungen anzupassen. Für die Ankündigung solcher Änderungen und für Preisanpassungen gibt § 41 Abs. 5 EnWG nun zwei einheitliche Mindestfristen vor: nicht weniger als vier Wochen für Haushaltskunden, nicht weniger als zwei Wochen für alle anderen Kunden, also (größere) Gewerbekunden. Über Änderungen muss der Versorger den Letztverbraucher unter Nennung von Anlass, Voraussetzung und Umfang informieren. Das Anpassungsschreiben im Sondervertrag nähert sich also für alle Kunden (falls Anpassungsrechte vereinbart auch RLM) den Vorgaben für die Grundversorgung an.

IV. Abrechnungsprozess

Im Abrechnungsprozess sind die Neuerungen der EnWG-Novelle besonders einschneidend und daher mit dem höchsten unternehmensinternen Aufwand verbunden. So ändern sich nicht nur die Abrechnungsinhalte, sondern auch die Abrechnungsintervalle und die Form. Zusätzlich wird ein neues verpflichtendes Informationsdokument eingeführt, dass für den Kunden Transparenz schafft, für den Versorger aber mit erheblichem Zusatzaufwand verbunden ist - die Abrechnungsinformation.

Grundsatzfragen:

Ist das unternehmensinterne System fähig, zwischen Kunden mit elektronischer Rechnung und solchen mit Papierrechnung zu unterscheiden? Und können darin eine Abrechnungsinformation erzeugt und deren Versandintervalle nachgehalten werden?

1. Neue Inhalte der Energierechnung

Nach § 40 Abs.1 EnWG müssen Rechnungen für Energielieferungen an Letztverbraucher wie bisher bereits einfach und verständlich sein. Neu ist, dass keine Unterscheidung mehr zwischen Haushaltskunden und den übrigen Letztverbrauchern erfolgt. Alle Pflichtinhalte gelten gegenüber allen Letztverbrauchern, wenngleich einige davon schwer gegenüber Großkunden umzusetzen sind (Grafik 4 - Auszug).

Ebenfalls neu ist, dass die Rechnungsinhalte auf Wunsch verständlich und unentgeltlich zu erläutern sind.

a) Grafische Darstellung: Vergleichsgruppen

Der bislang nur für Haushaltskunden vorgesehene Vergleich des kundeneigenen Jahresverbrauchs mit Jahresverbräuchen von Vergleichsgruppen mittels Grafik wird nun auf alle Letztverbraucher ausgeweitet. Während bei Haushaltskunden bereits eine Vergleichbarkeit über die Standardlastprofile erreicht werden kann, ist dies insbesondere bei RLM-Kunden inhaltlich auch nur bedingt aussagekräftig. Denkbar sind hier neben dem reinen Arbeitswert weitere Vergleichsparameter wie Branche, Leistungsspanne oder Ähnliches, wobei auf eine ausreichende Anonymisierung zu achten ist.

b) Ausweisung Kalkulationsgrundlage

Bislang waren lediglich die Konzessionsabgabe, die Netzentgelte und soweit enthalten die Entgelte für Messstellenbetrieb und Messung auszuweisen. Nun geht die Darstellungspflicht weit darüber hinaus, alle extern veranlassten Kalkulationsbestandteile, die in die der Rechnung zugrundeliegenden Preise einfließen, sind vom Energielieferanten darzustellen. Damit nähert sich die Transparenz von Komplettpreissystem und separiertem Preissystem, in dem die in der jeweiligen Höhe an den Kunden weitergegebenen Preisbestandteile gesondert auszuweisen sind, zunehmend an. Im Ergebnis wird die Darstellung eingepreister Kalkulationsbestandteile, gerade bei einem heterogenen Kundensegment - verschiedene Netzgebiete und Messeinrichtungen - sogar mit einem höheren Darstellungs- und Begründungsaufwand verbunden sein. Dies zeigt sich bereits aus den Erfahrungen mit den Transparenzanforderung des OLG Köln aus dem vergangenen Jahr.8

Kunden sollen über diese detaillierte Aufstellung der Preiszusammensetzung wettbewerbliche Energielieferangebote besser vergleichen können. Gleichzeitig hat die Transparenz auch für Lieferanten einen positiven Effekt: Haushaltskunden werden an die Komplexität der Preisgestaltung herangeführt und damit der Weg zur aktiven Teilnahme am Energiemarkt über dynamische Tarife9 oder Aggregatoren10 geebnet. Bislang für Haushaltskunden als z.T. zu komplex geglaubte Preissysteme, wie die vollständige Separierung der Preisbestandteile, können somit zukünftig wohl eher die Regel werden.

2. Verbrauchsermittlung

Auch die Verbrauchsermittlung wird durch die Novelle nochmal geschärft. Als Grundsatz werden der Abrechnung nur noch Ablesewerte zugrunde gelegt. Dabei wählt der Lieferant, ob er Ablesewerte des Messstellenbetreibers, eigene oder vom Kunden im Wege der verpflichtenden Selbstablesung übermittelte zur Grundlage seiner Abrechnung macht. Lediglich Haushaltskunden können dieser Selbstablesung bei Unzumutbarkeit widersprechen, dann hat der Lieferant eine unentgeltliche eigene Ablesung vorzunehmen. Bei fernauslesbaren Messeinrichtungen darf keine Selbstablesung verlangt werden, in diesen Fällen hat der Lieferant die Werte des Messstellenbetreibers zu verwenden. Schätzwerte dürfen nur noch im Ausnahmefall, bei Unterlassen der verpflichtenden Selbstablesung des Kunden oder aus anderen vom Lieferanten nicht zu vertretenden Gründen verwandt werden und sind dann optisch hervorzuheben11 und zu begründen. Die Art der Messwertermittlung wird in der Rechnung angegeben.

3. Abrechnungs- und Informationszeiträume und Form

Der Energieverbrauch ist wie bislang in vom Energieversorger wählbaren Zeitintervallen abzurechnen, wobei diese ein Jahr nicht überschreiten dürfen. Kleiner, aber feiner Unterschied zur bisherigen Formulierung, die eine unwesentliche Überschreitung von 12 Abrechnungsmonaten zuließ. Dieser Spielraum entfällt, ein Jahr ist der maximale Abrechnungszeitraum. Abrechnungsvorbereitende Prozesse (z.B. lieferanteneigene Ablesung oder Versand Ablesekarten) sind dahingehend anzupassen.

Für den Übermittlungsweg der Abrechnung führt die Gesetzesnovelle für Strom- und Gaskunden ein Wahlrecht ein. Auf Wunsch des Kunden hat der Lieferant die Abrechnung sowie die Abrechnungsinformation elektronisch zu übermitteln.

Abrechnungsinformationen, § 3 Nr. 1 EnWG:

Informationen, die üblicherweise in Rechnungen über die Energiebelieferung von Letztverbrauchern zur Ermittlung des Rechnungsbetrages enthalten sind, mit Ausnahme der Zahlungsaufforderung selbst.

Jeder Kunde - egal ob Bestands- oder Neukunde - kann fortan wählen, ob ihm die Abrechnung in Papierform oder auf elektronischem Wege übermittelt werden soll. Verbunden mit der Wahl der elektronischen Abrechnung ist die Verpflichtung des Lieferanten, diesen Kunden eine Abrechnungsinformation mindestens alle sechs Monate oder auf Kundenwunsch alle drei Monate unentgeltlich elektronisch zu übermitteln.

Kunden mit fernauslesbaren Zählerständen - RLM-Kunden und Kunden mit intelligentem Messsystem bzw. an dieses angebundene Gaszähler - ist die Abrechnungsinformation monatlich zur Verfügung zu stellen. Bei Kunden mit denen ein monatliches Abrechnungsintervall vereinbart ist, kann die (zusätzliche) Übermittlung der Abrechnungsinformation wohl unterbleiben, da diese keinen weiteren Informationsgehalt enthält. Kunden, die sich für eine elektronische Übermittlung entschieden haben, ist zusätzlich einmal jährlich eine Abrechnung und Abrechnungsinformation in Papierform unentgeltlich anzubieten (vgl. Grafik 5).

Die Entscheidungen des Kunden müssen systemseitig auch umgesetzt werden können. Das umfasst nicht nur die automatisierte elektronische Übermittlung der Abrechnung und der Abrechnungsinformation als solche, sondern auch die Nachhaltefunktion der Kundenauswahl hinsichtlich Übermittlungsweg und Intervall. Während man bei der bislang im EnWG enthaltenen Verbrauchsinformation für Kunden mit intelligenten Messsystemen möglicherweise noch auf händische Abwicklung setzen konnte, wird dies aufgrund der Vielzahl der berechtigten Strom- und Gaskunden künftig unmöglich. Daher muss sehr zeitnah eine Abstimmung mit den IT-Anbietern erfolgen. Ebenfalls zu klären ist, ob und wie eine Abrechnungsinformation mit allen neuen Abrechnungsinhalten aus dem System erzeugt werden kann, ohne dass im System eine Forderung angelegt wird. Prozesstechnisch muss zugleich sichergestellt werden, dass für die Abrechnungsinformationen (regelmäßig) Verbrauchswerte nach Maßgabe von § 40a Abs.1 EnWG vorliegen.

4. Abrechnungszeitpunkte und Fälligkeit

Nach § 40c EnWG werden Zahlungsbeträge frühstens zwei Wochen nach Zugang der Rechnung fällig. Dies gilt für alle Letztverbraucher, so dass auch gegenüber Gewerbekunden- SLP und RLM diese Mindestfälligkeitsfrist eingehalten und ggf. geändert werden muss. Bei Vereinbarung einer monatlichen Abrechnung ist diese binnen drei Wochen zu erstellen, im Übrigen bleibt es bei sechs Wochen nach Ende des Abrechnungszeitraumes. Eine verspätete Abrechnung führt nicht zum Wegfall der Forderung. Der Kunde kann aber über die im Vertrag verpflichtend aufzunehmende Entschädigungsregelung nach § 41 Abs. 1 Nr. 8 EnWG, die ausdrücklich verspätete Abrechnungen umfasst, vom Lieferanten Ersatz eines durch die Verspätung eintretenden Schadens verlangen.

Soweit sich aus der Abrechnung für den Kunden ein Guthaben ergibt, ist dies mit der nächsten Abschlagszahlung vollständig zu verrechnen. Darüber hinausgehende Guthaben bzw. nach einer Schlussrechnung sind binnen zwei Wochen auszuzahlen. Vereinbarte Voraus- und Abschlagszahlungen sind am vorherigen Verbrauch zu bemessen bzw. bei Neukunden am durchschnittlichen Verbrauch vergleichbarer Kunden. Gegenüber Haushaltskunden wird eine vereinbarte Voraus- oder Abschlagszahlung nicht vor Beginn der Lieferung fällig, anders bei Gewerbekunden, bei denen eine Zahlung bereits zu einem früheren Zeitpunkt gefordert werden kann.

5. Verbrauchshistorie

Zusätzlich zur Abrechnungsinformation darf der Letztverbraucher die Herausgabe von Informationen zu seiner Verbrauchshistorie an ihn oder einen bevollmächtigten Dritten im Intervall der übermittelten Abrechnungsinformationen für längstens drei Jahre fordern. Diese kumulierten Daten können indes anders als die Abrechnungsinformation selbst mit einem Entgelt belegt werden.

V. Änderungen in Sperrprozessen

Die Neuregelungen im Bereich Versorgungsunterbrechung sind vergleichsweise einfach umzusetzen, schon weil die Versorgungsunterbrechung nach wie vor keinen Massenprozess darstellt.

Um den Kunden in die Lage zu versetzen, sich selbstständig um Hilfen zu bemühen12, muss der Lieferant vier Wochen vor einer geplanten Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung leicht verständlich über kostenfreie Möglichkeiten zu deren Vermeidung sowie über deren Konsequenzen informieren. Als Beispiele führt die Regelung an:

  • Hilfsangebote zur Abwendung einer Versorgungsunterbrechung wegen Nichtzahlung
  • Vorauszahlungssysteme
  • Informationen zu Energieaudits
  • Informationen zu Energieberatungsdiensten
  • Alternative Zahlungspläne verbunden mit einer Stundungsvereinbarung
  • Hinweis auf staatliche Unterstützungsmöglichkeiten der sozialen Mindestsicherung
  • Schuldnerberatung

Lediglich die Informationen zu alternativen Zahlungsplänen und Stundungsvereinbarungen sind für den Lieferanten dabei kritisch. Eine harte Pflicht, diese anzubieten ergibt sich aus der Regelung nicht. Da die aufgeführten Maßnahmen sowohl in § 41c Abs. 2 EnWG als auch in der ihr zugrundeliegenden Richtlinie nur als Beispiele genannt sind13, wäre wohl gut vertretbar, über diese nicht zu informieren, soweit eine solche Vereinbarung mit dem Kunden nicht gewünscht ist. Der Umsetzungsaufwand dieser Informationspflicht ist überschaubar. Energieversorger außerhalb der Grundversorgung, die Versorgungsunterbrechungen durchführen, müssen sich ein Muster für Unterstützungsangebote anfertigen, das der Unterbrechungsandrohung an den Kunden beigefügt wird. Weitaus größere Anpassungen werden möglicherweise bei der Sperrung durch den Grundversorger erforderlich, wenn der Verordnungsentwurf der Strom- und GasGVV14 tatsächlich so in Kraft tritt. Neben der Einführung neuer Zahlungsverzugsgrenzen und Ankündigungsfristen ist danach der Grundversoger auch verpflichtet, seinen säumigen Kunden eine Abwendungsvereinbarung (wozu auch das Angebot einer zinsfreien Ratenzahlungsvereinbarung zählt) anzubieten. Sollte dies tatsächlich so eintreten, werden Grundversorger gegenüber wettbewerblichen Versorgern deutlich schlechter gestellt.

VI. Änderungen im Kündigungsprozess

Im Kündigungsprozess stellen sich im Unternehmen vorwiegend intern zu beantwortende Fragen.

Grundsatzfrage:

Steht der Vorteil der Kundenbindung bei Weiterbelieferung im Umzugsfall in angemessenem Verhältnis zum internen Abwicklungsaufwand und dem Preisrisiko?

1. Lieferantenkündigung

Ab sofort sieht § 41b Abs.1 EnWG das Textformerfordernis für die Lieferantenkündigung gegenüber Haushaltskunden vor. Mit der Angleichung an die Strom- und GasGVV schafft der Gesetzgeber auch außerhalb der Grundversorgung Regelungssicherheit für Haushaltskunden. Für Kündigungen der Kunden ist die Textform nicht verpflichtend, kann aber vertraglich vereinbart werden.15

2. Kündigungsbestätigung

Die Textform gilt auch für die Kündigungsbestätigung, die der Lieferant binnen einer Woche nach Zugang der Kündigung durch Haushaltskunden übermitteln muss. Diese muss die Zeitpunkte des Vertrags- und Belieferungsendes enthalten. Die Kündigungsbestätigung ist vom Lieferanten für jede Kündigungsart eines Haushaltskunden zu übersenden (auch außerordentliche), unabhängig vom Ausübenden (Neulieferant oder Kunde). Als einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung bedarf die Kündigung zu ihrer Wirksamkeit keiner Bestätigung. Eine verspätete oder unterbliebene Kündigungsbestätigung hat daher keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung. Da Kündigungsbestätigungen ohnehin Standard sind, besteht der Anpassungsbedarf in der nun fest vorgegebenen Frist von einer Woche und der Aufnahme der Pflichtinhalte Vertrags- und Lieferende. Bei zeitnaher Reaktion auf den Eingang der Kündigung dürften diese Angaben für Energieversorger kein Problem darstellen, beträgt doch im Rahmen der Marktprozesse die Antwortfrist des Netzbetreibers auf die Abmeldemitteilung lediglich drei Werktage, wenngleich die prozessuale Vorlauffrist im Fall des Lieferantenwechsels sieben Werktage beträgt.16 Für die Mitteilung des Lieferendes ist - wenn überhaupt - die Abmeldebestätigung des Netzbetreibers ausreichend.

3. Fortführung des Vertrages bei Umzug

Mit Einführung des Kündigungsrechts für Haushaltskunden im Falle eines Umzuges in § 41b Abs. 4 EnWG wollte der Gesetzgeber einen Bereich regeln, der immer wieder Anlass für Verbraucherbeschwerden gab. So sollen einige Lieferanten im Falle der vorzeitigen Beendigung des Energieliefervertrages Abschlagszahlungen als Strafzahlungen oder eine Beendigung des Vertrages gar nicht zugelassen haben.17 Diesen Praktiken einen Riegel vorzuschieben war Ziel des neuen Rechtsanspruches. Eine gute Idee, die leider unglücklich umgesetzt ist. Im Fall des Wohnsitzwechsels wird dem Haushaltskunden ein außerordentliches Kündigungsrecht mit einer Frist von sechs Wochen auf den Zeitpunkt des Umzuges oder später eingeräumt. In seiner Kündigung ist er verpflichtet, die neue Anschrift und neue Marklokations-ID mitzuteilen. Zugleich erhält der Energielieferant seinerseits das Wahlrecht, binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung den Vertrag zu gleichen Bedingungen am neuen Wohnsitz weiterzuführen, es sei denn, an der neuen Entnahmestelle erfolgt die Belieferung bereits über einen anderen Lieferanten.

Was als interessenausgleichendes Instrument gedacht war, birgt rechtsdogmatisch einige Auslegungsschwierigkeiten: Die Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist ein Gestaltungsrecht, dass zur Wirksamkeit keiner Bestätigung oder Annahme bedarf. Besteht ein Kündigungsrecht und wird die Kündigung formgerecht innerhalb der Kündigungsfrist erklärt, beendet sie den geschlossenen Vertrag. Hier soll indes der Vertrag an der neuen Entnahmestelle fortgeführt werden. Daher ist wohl davon auszugehen, dass dem Kunden kein »echtes Kündigungsrecht« eingeräumt werden sollte. Vielmehr darf und muss der Lieferant über die Fortsetzung des Vertrages bei geänderter Vertragslage entscheiden. Diese Entscheidung kann grundsätzlich für alle Lieferverträge im Vorwege oder kundenindividuell im Einzelfall getroffen werden. Die bisherige Vorgehensweise sollte daher überprüft und ggf. angepasst werden.

4. GffVV: Der Kündigungsbutton

Aus dem GffVV ergibt sich für die Kündigung durch Verbraucher zum 01.07.2022 eine Änderung der Kündigungsart. Ab diesem Zeitpunkt haben Energieversorger für Dauerschuldverhältnisse, deren Vertragsschluss in der Vergangenheit oder Zukunft über eine Website zustande gekommen ist, zur Ausübung des Kündigungsrechts der Kunden einen sog. »Kündigungsbutton« vorzuhalten. Über diese eindeutig bezeichnete Schaltfläche muss dem Kunden ermöglicht werden, die Kündigungsart und ggf. den Kündigungsgrund zu erklären sowie weitere zur Kündigung erforderliche Angaben zu machen. Unmittelbar im Anschluss an die Absendung der Kündigungserklärung, die für den Kunden mit Datums- und Zeitangabe speicherbar sein muss, hat systemseitig der Versand einer Kündigungsbestätigung unter Angabe des Beendigungszeitpunktes zu erfolgen. Insbesondere diese automatisierte, informationsverarbeitende Bestätigung wird für Versorger und deren IT-Anbieter eine gewisse Herausforderung darstellen, so dass zeitnah das Gespräch gesucht werden sollte.

Teil 2: Mittelfristiger Anpassungsbedarf bei der Produktgestaltung

Sowohl aus dem GffVV als auch aus dem neuen EnWG ergeben sich Vorgaben, die Energieversorger zur umfassenden Analyse und ggf. Neuausrichtung des Produktportfolios zwingen. Das GffVV ändert zwar zunächst nur die Vorgaben für Verbraucher. Wegen des regelmäßig hohen Anteils dieser Kundengruppe in SLP-Portfolien und häufig einheitlicher Produktgestaltung wirken sich die neuen Vorgaben aber auf das Gesamtportfolio und mittelbar auf Gewerbeverträge aus.

I. Laufzeitregelungen nach dem Gesetz für faire Verbraucherverträge

- (Erst-)Laufzeit Das GffVV führt zu einer Neufassung von § 309 Nr. 9 BGB, der Vorgaben zur zulässigen Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen trifft. Nach langem Ringen18 ist es bei zwei Jahren als Höchstlaufzeit für Verbraucherverträge geblieben. Diese Vorgabe gilt nicht nur für Energielieferverträge, sondern für alle Laufzeitverträge mit Verbrauchern, also z.B. auch Dienstleistungen.

Zu beachten ist, dass sich die Höchstlaufzeit auf die Vertragslaufzeit bezieht und nicht auf den Lieferzeitraum eines Vertrages. Da der Vertrag regelmäßig mit Bestätigung durch den Versorger und deren Zugang beim Verbraucher beginnt, ist ein Lieferzeitraum von zwei Jahren kaum rechtssicher abzubilden.

II. Verlängerung von Verträgen

Bisher war eine Verlängerung der Laufzeit um bis zu ein Jahr zulässig. Im Gesetzgebungsverfahren diskutiert wurde zunächst eine Verkürzung auf drei Monate, wobei an diese kurze Folgelaufzeit noch komplizierte Anforderungen geknüpft wurden.19

Die Neufassung ist denkbar einfach: Eine Verlängerung ist unzulässig. Ein Vertrag mit einer festen Erstlaufzeit kann danach nur entweder enden oder in einen unbefristeten und damit jederzeit (dazu sogleich) kündbaren Vertrag übergehen. Im Verbraucherbereich ist damit ein einheitliches Portfolio mit Jahresscheiben nach der Erstlaufzeit nicht mehr verbindlich abbildbar.

III. Kündigungsfrist

Auch für die zulässige Höchstkündigungsfrist haben sich Änderungen ergeben. Sie wird von drei Monaten auf einen Monat verkürzt. In Verbindung mit der Überführung von Jahres- oder Zweijahresverträgen in unbefristete Verträge führt das zwangsläufig dazu, dass im Verbraucherportfolio jeden Monat Kunden aus dem Portfolio ausscheiden können. Wegen der Beschränkung auf einen Monat und nicht - wie bislang in Sonderverträgen häufig üblich z.B. einen Monat zum Monatsende - sind auch untermonatliche Kundenverluste nicht mehr zu verhindern. Damit fallen im SLP-Bereich für deutlich mehr Entnahmestellen als bisher Lieferende und Bilanzierungsende auseinander.

IV. Bindungswirkung auf anderen Wegen

Auch wenn eine vertragliche Bindung nicht mehr zulässig ist, wird das Interesse der Endkunden an einer Preisstabilität in der Energieversorgung nicht erlöschen. Über bekannte Instrumente, wie z.B. Boni, Preisgarantien oder Jahresrabatte lässt sich eine ähnliche Bindung aufrechterhalten, ein Kundenverlust aber rechtlich nicht mehr verhindern.

V. Geltung und Bestandsverträge

Die dargestellten Neuregelungen gelten erst ab dem 01.03.2022 für Verträge, die ab dann geschlossen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt können Laufzeitverträge mit einer Verlängerungsoption für bis zu ein Jahr noch wirksam geschlossen werden. Ein vor dem Stichtag geschlossener Vertrag kann sich dann so lange immer wieder um ein Jahr verlängern, bis er von einer der beiden Vertragsparteien gekündigt wird.

VI. Auswirkungen auf Gesamtportfolio

Für Versorger, die bislang stark auf Laufzeitprodukte setzen, werden diese Änderungen mittelfristig das Vertriebs- und Beschaffungsportfolio verändern. Mit zunehmender Anzahl neuer Verträge, für die ab 2022 die Möglichkeit einer festen Verlängerungszeit entfällt, steigt der Anteil an Kunden, die nur noch kurzfristig (maximal einen Monat) vertraglich gebunden sind, spätestens in 2023 stetig an.

Altverträge können sich weiter verlängern, so dass sich zwei Portfolien entwickeln: Bestandskunden im bisherigen Verlängerungsraster und Neukunden mit kurzer Laufzeit (nach Ablauf der Erstlaufzeit).

Mit der Zeit wird das erste Portfolio an Größe verlieren, das zweite anwachsen.

Grundsatzfrage:

Soll für Gewerbekunden die bisherige Vertriebs- und Beschaffungsstrategie beibehalten werden oder eine Anpassung an die Verbraucherstandards erfolgen?

Die erste Variante sichert das Gewerbekundensegment weiterhin langfristig mindestens in Jahresscheiben, verstärkt aber das Auseinanderfallen in zwei Portfolien. Die zweite Variante ermöglicht ein einheitliches Vorgehen, birgt aber das kurzfristige Kundenverlustrisiko. Das Fortführen der bisherigen Produktwelt in 2022 ff. ist ohne vertiefte strategische Analyse der neuen Anforderungen und Wechselwirkungen in den Portfolien nicht zu empfehlen. Denn egal wie man sich hinsichtlich der Grundsatzfrage entscheidet, in beiden Fällen ist spätestens 2022 eine Auseinandersetzung mit Beschaffungs- und Risikostrategien im Unternehmen bzw. im Verhältnis zu Dienstleister und/oder Vorlieferant erforderlich.

Innerhalb der Übergangsfrist ist für den Vertrieb also zweierlei zu tun: Zum einen ist eine Entscheidung darüber zu treffen, ob eine für Verbraucher und Gewerbetreibende einheitliche Produktstrategie verfolgt oder eine Trennung in Verbraucher- und Gewerbekundenverträge im SLP-Bereich vorgenommen werden soll. Zum anderen sollte sehr kurzfristig die Entscheidung getroffen werden, ob vor Inkrafttreten der Neuerung gezielt Marketingmaßnahmen zur Erhöhung des Langzeitportfolios ergriffen werden sollen.

VII. Ableitungen

Die Gesetzesnovellen bringen Anpassungsbedarf, der über die Anpassung von Vertragsdokumenten weit hinaus geht (vgl. Checkliste Grafik 6).

Fast alle Prozessänderungen sind ab sofort umzusetzen. Selbst die Vorgaben, die erst 2022 Wirkung entfalten, bedürfen aufwendiger Vorarbeit. Eine unternehmensindividuelle Priorisierung der Anpassungen und Allokation der einsetzbaren Mittel im bestmöglichen Aufwand/Risiko-Verhältnis ist unerlässlich.

* Die Autorinnen Janka Schwaibold, Partnerin und Victoria Boss, Counsel, sind Rechtsanwältinnen bei Schalast Rechtsanwälte am Standort Hamburg und beraten Energieversorger in der Vertragsgestaltung, der Umsetzung von Marktprozessen und bei der strategischen Produktgestaltung.

1 Das Gesetz dient (auch) der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.06.2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (Binnenmarktrichtlinie (EU) 2019/44).

2 BGBl. 2021 Teil I Nr. 53. Die hier behandelten Änderungen des § 309 BGB treten zum 01.03.2022 in Kraft.

3 Vgl. aber auch unter Teil 2 die neuen zeitlichen Grenzen der Vertragsbindung für Verbraucher.

4 Begründung Drucksache 19/27453 zu Nummer 45 zu § 41.

5 BGH, Urteil vom 10.04.2019 - VIII ZR 56/18.

6 Diese Vorgabe war ursprünglich im GffVV enthalten, wurde aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in das EnWG überführt.

7 Binnenmarktrichtlinie (EU) 2019/44, Artikel 10 Abs. 3 am Ende.

8 Vgl. OLG Köln, Urteil vom 26.06.2020 - 6 U 304/19; Schwaibold, Preisanpassung im Sondervertrag - Jetzt die Weichen für die Zukunft stellen, in: EnWZ Aktuell 10/2020, S.VI f.

9 § 41a Abs 2 EnWG verpflichtet Lieferanten ab einer mit den Jahren abnehmenden Mindestkundenzahl, dynamische Tarife anzubieten, die Preisschwankungen auf den Spotmärkten widerspiegeln.

10 Nach § 41 d Abs. 1 EnWG darf der Lieferant Letztverbrauchern und Betreibern von Erzeugungsanlagen nicht verbieten, ihre Entnahme, Erzeugung oder Lastverlagerung künftig über Aggregatoren gebündelt im Markt anzubieten.

11 »Angemessene Schriftgröße« BT-Drucksache 19/27453 S. 124.

12 BT-Drucksache 19/27453 S. 127 zu § 41 Abs. 2.

13 Vgl. Binnenmarktrichtlinie (EU) 2019/44 Art. 10 Abs. 11.

14 Vgl. die Fassung, der der Bundesrat zugestimmt hat: BR-Drs. 397/21 vom 25.06.2021.

15 Vgl. § 309 Nr.13 lit.b BGB.

16 Vgl. Use Case 3: Lieferende Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (BK6-19-218 vom 11.12.2019).

17 Vgl. BT-Drucksache 19/27453 S. 128.

18 Vgl. für einen Überblick den BT-Vorgang unter www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-verbrauchervertraege-846980, zuletzt abgerufen am 12.08.2021

19 Vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 24.02.2021, BT-Drucksache 19/26915, S. 7 f.

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