Haftung bei Dauerverlustbetrieben für die Geschäftsführung? Führt die Übernahme von sogenannten nicht begünstigten Dauerverlustgeschäften zu einer Haftung einer Geschäftsführung?
- von RA StB Dr. Marcel Reinke, Nürnberg -*
Die Frage nach der persönlichen Haftung der Geschäftsführung ist von nicht zu unterschätzender praktischer Relevanz. Häufig ist sich die Geschäftsführung von kommunalen Eigengesellschaften der vielfältigen Haftungsrisiken, die sich aus ihrer Tätigkeit ergeben können, nicht bewusst. Gerade im Hinblick auf die Übernahme von sogenannten Dauerverlustgeschäften kommt das Thema der Haftung der Geschäftsführung ad hoc nicht in Betracht. Gleichwohl kann es auch hier zu erheblichen Risiken kommen, wenn der Gesellschafter den sich aus dem Dauerverlustgeschäft ergebenden Verlust ausgleicht. Dieser Verlustausgleich kann dann unter Umständen als verdeckte Gewinnausschüttung ausgelegt werden. Im folgenden Beitrag wird das sich daraus ergebende Haftungsrisiko näher beleuchtet.
Inhaltsübersicht
I. Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung bei Dauerverlustgeschäften
Soweit die juristische Person des öffentlichen Rechts (kurz »jPdöR«) oder eine mehrheitlich von einer jPdöR beherrschten Gesellschaft Geschäfte vornehmen, welche dauerhaft zu Verlusten der Gesellschaften führen, so spricht man steuerrechtlich von sogenannten Dauerverlustgeschäften. Der BFH hat diesbezüglich im Rahmen seiner Entscheidung vom 22.08.20071 entschieden, dass solche Tätigkeiten zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (kurz »vGA«) führen können.
Was auf den ersten Blick abwegig klingt, wird jedoch mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH zur vGA verständlicher. So hatte der BFH schon 2002 entschieden, dass eine vGA dann vorliegen kann, wenn eine Kapitalgesellschaft ohne angemessenes Entgelt Geschäfte tätigt, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen und bei der Gesellschaft selbst zu Verlusten führen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind danach die von der Gesellschaft erzielten Verluste außerbilanziell um die angefallenen Verlustbeträge sowie einen angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen.2 Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter - der grundsätzlich den Maßstab für das Handeln der Gesellschaft bildet - würde nicht bereit sein, eine fortdauernde Kostenunterdeckung aus Dienstleistungen hinzunehmen, die nicht im Interesse der Gesellschaft, sondern lediglich im Interesse der Gesellschafter liegen.3
Aufgrund dessen hat sich der Gesetzgeber genötigt gesehen zu reagieren und mit der Regelung des § 8 Abs. 7 KStG geantwortet.4 Durch das Jahressteuergesetz 2009 und die damit eingeführte Regelung des § 8 Abs. 7 KStG wurde, entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art (kurz »BgA«) sowie von kommunalen Eigengesellschaften hinsichtlich der Behandlung von Dauerverlustgeschäften gesetzlich neu geregelt. Nunmehr unterscheidet der Gesetzgeber hinsichtlich der Rechtsfolgen der vGA zwischen begünstigten und nicht begünstigten Dauerverlustgeschäften. Hierbei handelt es sich um einen Unterschied, den die Rechtsprechung vorher nicht gemacht hat, jedoch aufgrund des Gesetzeswortlautes daran gebunden ist.
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II. Grundsätzliche Auswirkungen einer vGA
Bei den Auswirkungen einer vGA ist zwischen den Auswirkungen auf Ebene der Gesellschaft und den Auswirkungen auf Ebene des betreffenden Gesellschafters zu differenzieren. Die vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern. Sofern der Gewinn gemindert wurde, ist dieser Wert dem Einkommen der Gesellschaft außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen. Die vGA wird auf diesem Wege auf Gesellschaftsebene in eine Gewinnverwendung umqualifiziert. Folge dessen ist, dass sich das Ergebnis der Gesellschaft um die Bemessungsgrundlage der vGA für steuerliche Zwecke erhöht. Im Falle von nicht begünstigten Dauerverlustbetrieben geht die Finanzverwaltung und ihr folgend auch die Rechtsprechung davon aus, dass die Bemessungsgrundlage für die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung die jeweils erzielten Verluste dieser dauerdefizitären Tätigkeiten sind.
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III. Vermeidung der Begründung einer vGA
1. Möglichkeiten der Vermeidung
Handelt es sich bei den Tätigkeiten der Gesellschaft nicht um eine solche im Sinne des § 8 Abs. 7 KStG, so können die Rechtsfolgen einer vGA zwar nicht gänzlich vermieden werden. Jedoch besteht die Möglichkeit, dass dieses Thema im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht aufgegriffen wird und so unangenehme Folgen für den Gesellschafter und insbesondere für die Geschäftsführung unterbleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte daher die vGA im Rahmen der Steuererklärungen offen ausgewiesen und erklärt werden. Um daneben auch die sich daraus ergebende Kapitalertragsteuer zu umgehen, empfiehlt es sich, die vGA als aus dem steuerlichen Einlagekonto herausgezahlt zu erklären und eine entsprechende Verwendung des steuerlichen Einlagekontos zu bescheinigen.
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V. Pflichten des Geschäftsführers
1. Sorgfaltsmaßstab
Gemäß § 43 Abs. 1 GmbH hat der Geschäftsführer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu handeln. Zu verstehen ist dies als die Sorgfalt eines selbständigen, treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen. § 43 Abs. 1 GmbH umschreibt hierbei zum einen den Verschuldensmaßstab und liefert zum anderen zugleich den Maßstab für die Konkretisierung der dem Geschäftsführer obliegenden Organpflichten, soweit sie nicht schon gesetzlich ausformuliert sind.
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* Marcel Reinke ist als Rechtsanwalt und Steuerberater seit 2014 bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig. Schwerpunktmäßig befasst er sich mit handels-, gesellschafts- und steuerrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Gründung von Unternehmen, der Veräußerung bzw. dem Erwerb von Unternehmen und Beteiligungen, der Umstrukturierung von Konzernstrukturen sowie der Beantwortung von umsatzsteuer- und grunderwerbsteuerrechtlichen Fragestellungen verschiedenster Art sowie der Haftung von Leitungsorganen.
1 Vgl. BFH vom 22.08.2007 - I R 32/06, BStBl II 2007, 961.
2 So BFH vom 15.05.2002 - I R 92/00, BFH, DStR 2002, 1660.
3 So BFH vom 22.08.2007 - I R 32/06, BStBl II 2007, 961.
4 § 8 Abs. 7 KStG wurde im Zuge des Jahressteuergesetzes 2009 in das Körperschaftsteuergesetz eingeführt, vgl. BStBl I 2008, 2794.