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Titel: Entflechtung und Umsetzung des Messstellenbetriebsgesetzes
Datum: 01.01.2018
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: EEG, Energie(wirtschafts)recht, EU-Recht, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte, KWK-G, Messstellenbetrieb/-sgesetz
Dokumentennummer: 19005042 ebenso Versorgungswirtschaft 1/2019, Seite 13

Entflechtung und Umsetzung des Messstellenbetriebsgesetzes

- von Ass. iur. Martin Jacob, Ludwigshafen -*

Das 2016 in Kraft getretene Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) hat den Zählerbetrieb außerhalb des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) geregelt und als eigene Marktrolle ausgeprägt. Es enthält eigene Regelungen zum Datenschutz, zur Datenverwendung und zur buchhalterischen Entflechtung. Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob ein Messstellenbetreiberdaneben auch die EnWG-Vorschriften zur rechtlichen und operationellen Entflechtung zu beachten hat und welche Schlussfolgerungen daraus für den grundzuständigen Messstellenbetrieb und für den Messstellenbetrieb im Kundenauftrag gem. § 5 MsbG zu ziehen sind. Die unterschiedlichen EnWG-Entflechtungsanforderungen für größere EVU und für die von der rechtlichen und operationellen Entflechtung freigestellten sog. De-Minimis-EVU können je nach Auslegung des MsbG zu erheblichen Verzerrungen des Wettbewerbs im Messwesen führen. Fraglich ist, ob dies vom Gesetzgeber gewollt war.

1. Grundzuständiger Messstellenbetrieb durch den Netzbetreiber

Im EnWG war der Messstellenbetrieb zunächst als integraler Teil der Netzzugangsleistung des (Anschluss-)Netzbetreibers angelegt.1 Denn ohne Messwerte ist der Netzzugang nicht zu organisieren, eine Liefer- oder Einspeisestelle nicht zu bilanzieren und die Netznutzung einschließlich gesetzlicher Umlagen und der Konzessionsabgabe nicht abzurechnen. Die wettbewerbliche Öffnung des Messwesens, 2005 zugunsten der Anschlussnehmer, 2008 zugunsten der Anschlussnutzer, die gem. § 21b EnWG a.F. einen Dritten mit dem Zählerbetrieb und der Messung beauftragen konnten, änderte nichts an der grundsätzlichen Zuordnung zu den Netzbetreiberaufgaben.2 Deshalb hatte der Verteilernetzbetreiber (VNB) auch in seiner Marktrolle als Messstellenbetreiber (MSB) z.B. die kommunikative Entflechtung und Markentrennung gem. § 7a Abs. 6 EnWG3 zu beachten4, ebenso die informatorische Entflechtung gem. § 6a EnWG.5 Die Zuordnung des Messwesens zum Netzbetrieb wurde im Zusammenhang mit § 10c Abs. 6 EnWG höchstrichterlich bestätigt; nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs sind Messstellenbetrieb und Messung wichtige Hilfsdienste für die Gewährung des Netzzugangs.6

Nach Inkrafttreten des MsbG war die Zuordnung des Messstellenbetriebs zunächst unklar.

[…]

2. Messstellenbetrieb im Kundenauftrag (§ 5 MsbG)

Einzelne Aussagen der Auslegungsgrundsätze, insbesondere in der 1. Auflage 2017 zum Messstellenbetrieb außerhalb der Grundzuständigkeit, waren dagegen umstritten. Z.B. sahen es die Behörden als kritisch an, wenn ein rechtlich nicht entflochtenes sog. De-Minimis-EVU, das als VNB die gMSB-Rolle mit wahrnimmt, sich in seinem Netzgebiet gleichzeitig als vom Kunden gem. § 5 MsbG beauftragter (sog. »wettbewerblicher«) MSB betätige; wegen der Formulierung »Dritter« käme dafür nur eine andere juristische Person in Frage.21

Diese enge Wortlautauslegung des § 5 MsbG würde De-Minimis-EVU gegenüber einem entflochtenen VIU benachteiligen. Denn neben dessen als gMSB tätiger Netzgesellschaft kann dessen Energievertriebsgesellschaft allen Kunden wettbewerbliche Kombi- bzw. Bündelangebote machen, d.h. Energielieferung und iMS als Paket anbieten und sich vom Kunden gem. § 5 MsbG als »Dritter« mit dem Messstellenbetrieb beauftragen lassen. Solche Bündelangebote sind für die Erfüllbarkeit der Roll-Out-Pflicht wesentlich. Wegen der erheblichen Mehrkosten wird man die Kunden von der Sinnhaftigkeit eines iMS nur überzeugen können, wenn sie dafür im Gegenzug Vorteile bei ihrem Energiebezug realisieren können. Zwar könnte der gMSB darauf verweisen, er sei in den Fällen der §§ 29, 31 Abs. 1, 2 MsbG zum iMS-Einbau verpflichtet und die Anschlussnehmer wie auch Anschlussnutzer hätten dies gem. §§ 36 Abs. 3, 38 MsbG zu dulden.22 Mit solchen formal zutreffenden, aber doch rein legalistischen Argumenten lassen sich die Kunden jedoch erfahrungsgemäß nicht beeindrucken.

[…]

3. Übertragung der Grundzuständigkeit (§§ 41 ff. MsbG)

Ein Netzbetreiber und gMSB kann seine Grundzuständigkeit für mME und iMS gem. §§ 41 ff. MsbG einem Dritten übertragen. Davon wurde, soweit ersichtlich, bisher kaum Gebrauch gemacht, abgesehen von einer evtl. konzerninternen Übertragung auf eine verbundene Metering-Gesellschaft.35 Mit Ablauf der Dreijahresfrist in § 45 Abs. 2 MsbG könnte sich dies jedoch ändern. Denn ein gMSB, der die gesetzliche Mindest- Roll-Out-Quote von 10% der Pflichteinbaufälle innerhalb von 3 Jahren nach Roll-Out-Beginn nicht erfüllt hat, hat gem. § 45 MsbG zwingend ein Übertragungsverfahren einzuleiten und die Grundzuständigkeit für mME und iMS öffentlich auszuschreiben.

[…]

* Martin Jacob ist Gleichbehandlungsbeauftragter und Stabsbereichsleiter Regulierungsrecht der Pfalzwerke Netz AG, Ludwigshafen.

1 Vgl. Gabler-Pennekamp/Jost in Baur/Salje/Schmidt-Preuß, Regulierung in der Energiewirtschaft, Kap. 73 Rn. 1 f.

2 Vgl. Gabler-Pennekamp/Jost in Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Fn. 1), Kap. 73 Rn. 3 ff.

3 Dazu ausführlich Jacob, VersorgW 2016, 202 ff.

4 Gemeinsame Auslegungsgrundsätze III der Regulierungsbehörden zu den Anforderungen an die Markenpolitik und das Kommunikationsverhalten (§ 7a Abs. 6 EnWG) vom 16.07.2012, S. 8; Bourwieg in Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Fn. 1), Kap. 93 Rn. 86 f.; vor Inkrafttreten des MsbG unstrittig.

5 Vgl. Herzmann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, § 21b Rdn. 8, 11.

6 Vgl. Herzmann in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, § 21b Rdn. 8, 11.

21 Auslegungsgrundsätze MsbG, 1. Aufl. 2017, S. 6, unter 3; ebenso wohl Becker in Steinbach/Weise, MsbG, § 5 Rn. 31 ff.

22 Dazu Strathmann in Steinbach/Weise, MsbG, § 29 Rn. 8.

35 Dies wird nicht publik, da im Wege der Inhouse-Vergabe ohne Ausschreibung gem. §§ 97 ff. GWB möglich, s.o. Fn. 19 m.w.N.

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