Kapitalertragsteuer auf Verluste von Regiebetrieben (Betriebe gewerblicher Art)
- von Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -*
Gewinnausschüttungen werden bei den Anteilseignern der Kapitalertragsteuer unterworfen. Dies gilt sowohl für die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften (insbesondere GmbH und AG), aber auch für den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, welche den Betrieb gewerblicher Art (BgA) führt. Steuerpflichtig sind nicht bloß die offen gezeigten Gewinne, die an die Anteilseigner bzw. Trägerkörperschaft transferiert werden, sondern ebenso die verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Anhand eines Praxisfalls zeigt sich im Folgenden, dass es bei Dauerverlusten von Regiebetrieben trotz ordnungsgemäßer Bescheinigung über die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos zu einer Kapitalertragssteuerbelastung kommen kann.
1. Unmittelbarer Verlustausgleich bei Regiebetrieben
Regiebetriebe sind - anders als Eigenbetriebe, die Sondervermögen der öffentlichen Hand darstellen - untrennbar mit dem Haushalt der Trägerkörperschaft verbunden. Dem Gesamtdeckungsprinzip zufolge fließen alle Einnahmen des Regiebetriebs der Körperschaft zu; umgekehrt werden die Aufwendungen des Regiebetriebs aus dem allgemeinen Haushalt der jPdöR bestritten. Das hat die Rechtsprechung zum Anlass genommen, dass die steuerlichen Verluste des BgA, sofern dieser einem Regiebetrieb zuzurechnen ist, im Jahr des angefallenen Fehlbetrags unmittelbar als durch die jPdöR ausgeglichen gelten. Maßgeblich ist das handelsrechtliche Jahresergebnis (§ 275 HGB) oder - sofern nur eine Steuerbilanz aufgestellt wird - der Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG. Das steuerliche Einlagekonto, welches i.d.R. mit dem Vordruck KSt 1 Fa erklärt wird, erhöht sich um den angefallenen Verlust. Handelsrechtlich soll bei Regie - betrieben innerhalb des Bilanzpostens Eigenkapital kein Gewinn-/Verlustvortrag ausgewiesen werden können. Steuerlich wird der Verlust im Rahmen des § 10d EStG gesondert festgestellt.
Beispiel:
Der städtische BgA Volksfeste, der innerhalb des Haushalts geführt wird (Regiebetrieb), erwirtschaftet laut dem Betriebsvermögensvergleich pro Jahr einen Fehlbetrag von 50.000 €.
Im Formular KSt 1 Fa erhöht sich das Einlagekonto um diesen Verlust, welcher als durch die Trägerkörperschaft noch im betreffenden Jahr ausgeglichen gilt.
(…)
2. Verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe des Jahresfehlbetrags
Seit der »Bedburg-Hau«-Entscheidung des BFH vom 22.8.20074 wird allgemein davon ausgegangen, dass ein dauerdefizitärer BgA alljährlich (zumindest) in Höhe des Jahresverlusts eine vGA leistet. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer würde einen über Jahre hinweg andauernden Verlust nicht hinnehmen und vielmehr einen finanziellen Ausgleich (ggf. sogar zuzüglich eines Gewinnaufschlags) verlangen. Reichen die Einnahmen zur Erwirtschaftung der Aufwendungen nicht aus, wird dem Hoheitsbereich der Trägerkörperschaft implizit ein Interesse aus einem defizitären Betrieb unterstellt.
Der Gesetzgeber war über das BFH-Urteil teilweise unglücklich. Es wurde zwar grundsätzlich anerkannt, dass in Höhe der Verluste eine vGA entsteht. Jene Gewinnausschüttung rechnet zu den Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG und zieht auf Ebene der jPdöR - grundsätzlich - eine 15%ige Kapitalertragsteuer-Belastung (zzgl. Solidaritätszuschlag) nach sich (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Somit ist der deutsche Steuergesetzgeber ab dem Veranlagungsjahr 2012 übergegangen, nicht nur Gewinne zu besteuern, sondern auch Verluste der Ertragsteuer zu unterwerfen!
Mit dem Jahressteuergesetzes 20095 wurde aber in § 8 Abs. 7 KStG eine Regelung eingeführt, wonach die Rechtsfolgen einer vGA - im Wesentlichen anfallende Kapitalertragsteuer - nicht gezogen werden sollten, falls es sich um einen sog. begünstigten Dauerverlustbetrieb handelt. Bei BgA liegt ein Dauerverlustgeschäft vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird.
Die Beweislast liegt zunächst beim Finanzamt. Dieses hat nachzuweisen, dass eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, also eine vGA, vorliegt.6 Die Verwaltung ist angehalten, Beteiligungserträge von nicht betriebsnotwendigen Finanzanlagen sowie etwaige stille Reserven, die erst bei der Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs realisiert werden, unberücksichtigt zu lassen. In einem zweiten Schritt kann die jPdöR glaubhaft machen, dass ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft i.S.d. § 8 Abs. 7 KStG betrieben wird.1
Fortführung des Beispiels:
…
* Die Kapitalertragsteuer und das steuerliche Einlagekonto sind Thema des Online-Buches »Die Besteuerung der öffentlichen Hand« (dort Modul 4), abonnierbar unter www.online-bibliothek.eu. Vgl. auch Kronawitter, VersorgW2015, 101 ff., DokNr.15003431, zur Erläuterung des BMF-Schreibens vom 09.01.2015.
1 BMF v. 12.11.2009 - IV C 7 - S 2706/08/10004, BStBl 2009 I S. 1303, Rz. 35-37, VersorgW 2010, 9, DokNr. 10000181.