Haftungsfragen bei fortschreitender Dezentralisierung und Vernetzung
- von RA Markus Heinrich und RAin Denise Dressler-Niesler LL.M., Hamm -*
Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien mit immer mehr kleineren Anlagen, die in das Netz einspeisen, wird die Elektrizitätsversorgung dezentraler. Die fortschreitende Vernetzung der Energieversorgung erzeugt eine »neue« Angriffsfläche: der Zugriff auf die Systeme durch Hacker. Neben dem Risikofeld des Black-Outs durch Hacker-Zugriffe insbesondere auf das System der intelligenten Messsysteme, können (kleinere) Erzeugungsanlagen ebenfalls einen Unsicherheitsfaktor bilden, wenn sie nicht über hinreichende IT-Sicherheitsstandards verfügen. Anhand dieser Szenarien befasst sich der Beitrag mit möglichen Haftungsfragen bei fortschreitender Dezentralisierung und damit einhergehender Digitalisierung und Vernetzung.
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II. Szenario Ausfall kleinerer Erzeugungsanlagen
1. Haftung des Netzbetreibers bei Stromausfällen
Wer bei Stromausfällen haftet ist - unabhängig von der Frage der Dezentralisierung - zunächst eine Frage allgemeinen Haftungsrechts. Insoweit ist der Netzbetreiber als Vertragspartner bzw. Partner im Anschlussverhältnis gem. NAV des Endverbrauchers und nicht der Lieferant der richtige Anspruchsgegner. Gegen den Netzbetreiber besteht ein Anspruch auf Anschlussnutzung, welcher die tatsächliche Erreichbarkeit des Adressaten für die Entnahme von Energie sicherstellt; die Belieferung mit Energie ist nicht Teil dieser Anschlussnutzung, wobei Folge dieser Trennung ist, dass der (reine) Energielieferant bei Unregelmäßigkeiten und Unterbrechungen des Netzbetriebs gegenüber dem Kunden grundsätzlich nicht haftet1 (was in Fällen von »all inclusive« Verträgen ggf. vertraglich sicherzustellen ist). …
III. Szenario Ausfall Smart Meter
1. Haftungsgrundlagen
Durch die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung im Bereich des Energiesektors werden herkömmliche Energienetze vermehrt zu »intelligenten« Netzen (sog. »Smart Grids«)
ausgebaut. Einen Schwerpunkt bildet dabei der Einsatz von kommunikationsgesteuerten Messstationen, die auch als »Smart Meter« bezeichnet werden. Diese digitalen Messeinheiten
ermöglichen es dem Letztverbraucher, Netzbetreiber und Erzeuger, notwendige Verbrauchsinformationen wie z.B. den tatsächlichen Energieverbrauch oder Netzzustandsdaten in Echtzeit zu erfassen.2 …
2. Haftungsprävention
Dies vorausgeschickt, widmet sich dieser Beitrag an dieser Stelle primär der Frage, wie sich der grundzuständige Netzbetreiber gegen die typischen Haftungsrisiken, die aus dem Einsatz von Smart Metern resultieren, bestmöglich absichern kann und wird diesbezüglich konkrete Gestaltungshinweise geben, wobei er sich auf den regelmäßig auftretenden Falls eines Netzbetreibers als grundzuständiger Messstellenbetreiber beschränkt, der sich zur Erbringung seiner Leistungen eines Dienstleisters bedient. …