Tax Compliance Management Systeme in der Versorgungswirtschaft
-von WP/RA/StB Dr. Frank Westphal, Mülheim und RA/StB Arnulf Starck, Hannover-*
Die aktuellen Diskussionen um Tax Compliance Management Systeme oder auch das sog. innerbetriebliche Kontrollsystem für Steuern zeigen, dass in der Praxis eine große Unsicherheit herrscht, wie man mit dem Thema Steuern im Unternehmen umgehen sollte und vor allem wie man sich dazu als Unternehmen gegenüber dem Finanzamt positioniert. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an die Steuerfunktion im Unternehmen stetig steigen, nicht zuletzt durch die voranschreitende Digitalisierung auch im steuerlichen Bereich. Zu nennen sind hier nur die Schlagworte E-Bilanz, E-Steuererklärung (ELSTER) und GoBD.1
Der Beitrag fasst den Stand der Diskussion zu den Tax Compliance Management Systemen zusammen und zeigt einige wesentliche Punkte auf, die es insbesondere in der Versorgungswirtschaft zu beachten gilt.
I. Ausgangslage
1. Begrifflichkeiten
Unter Compliance ist die Einhaltung von Regeln (gesetzliche Bestimmungen und unternehmensinterne Richtlinien) zu verstehen. Demnach meint Compliance im weiteren Sinne die eigentlich recht banale und daher an sich selbstverständliche Feststellung, dass Recht und Gesetz eingehalten werden sollen. Nach dem IDW2 sind nun unter einem Compliance Management System (CMS) die auf der Grundlage der von den gesetzlichen Vertretern festgelegten Ziele eingeführten Grundsätze und Maßnahmen eines Unternehmens zu verstehen, die auf die Sicherstellung eines regelkonformen Verhaltens der gesetzlichen Vertreter und der Mitarbeiter des Unternehmens sowie ggf. von Dritten abzielen, d.h. auf die Einhaltung bestimmter Regeln und damit auf die Verhinderung von wesentlichen Verstößen (Regelverstöße). Es geht also letztlich in einer komplexen und arbeitsteiligen Unternehmensorganisation um die Ergreifung solcher Maßnahmen, die Regelverstöße insgesamt oder durch Einzelne (a) präventiv verhindern oder (b) detektiv aufdecken.
Unter einem Tax Compliance Management System (TCMS oder Tax-CMS) versteht nun das IDW einen abgegrenzten Teilbereich eines CMS, dessen Zweck auf die vollständige und zeitgerechte Erfüllung steuerlicher Pflichten gerichtet ist. …
3. Relevanz eines TCMS
Primäres Argument für Unternehmen für die Einrichtung eines TCMS ist somit die Haftungsvermeidung3 - zumindest aber die deutliche Reduzierung von Haftungsrisiken -4 für Organe und Leitungspersonen. Dies gilt sowohl für strafrechtliche als auch für materielle Konsequenzen. Da unser Strafrecht ein Individualstrafrecht ist, treffen die strafrechtlichen Konsequenzen leichtfertiger oder vorsätzlicher Steuervergehen auch in Bezug auf Unternehmenssteuern immer die handelnden Personen, in der Regel also die verantwortlichen
Organe, und nicht das Unternehmen selbst. Zudem ergibt sich aus § 130 Abs. 1 OwiG möglicherweise der Vorwurf der Ordnungswidrigkeit wegen unterlassener erforderlicher Aufsichtsmaßnahmen im Unternehmen.
III. Struktur
(…)
2. Grundelemente eines TCMS
a) Tax Compliance Kultur
Um Schopenhauer abzuwandeln ist Kultur zwar nicht alles, aber ohne Kultur ist alles nichts. Nicht ohne Grund ist daher die Tax Compliance Kultur das erste und grundlegende Element eines TCMS. Sie ist ein weicher Faktor, der einer (rechtlichen) Regelung gerade nicht zugänglich, aber entscheidend dafür ist, ob das TCMS ein toter Papiertiger für die Schublade ist oder ob ein TCMS entsprechend der Intention der Finanzverwaltung auch lebendig ist und tatsächlich gelebt wird. …
* Dr. Frank Westphal ist bei Dr. Bergmann, Kauffmann und Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft (BKP) tätig. Arnulf Starck ist Partner bei PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC). Die Autoren haben gemeinsam zahlreiche (Tax-)Compliance-Projekte für Mandanten erfolgreich geleitet und sind für diese Themen Lehrbeauftragte an der Hochschule Weserbergland (HSW) in Hameln. Sie geben ihre persönliche Meinung wieder.
1 Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD), BMF-Schreiben vom 14.11.2014, BStBl. I 2014, S. 1450, VW-DokNr. 18002168.
2 Institut der Wirtschaftsprüfer.
3 Vgl. dazu auch Besch/Starck (Fn. 6), Rn. 16 ff.
4 Vgl. etwa auch Esterer/Eisgruber, DB 2017, 986, 987.