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Titel: Herausforderungen bei der Durchführung europaweiter Vergabeverfahren im Bereich der Elektromobilität
Autor: Dr. Andreas Graef
Datum: 01.11.2018
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht, EU-Recht, Vergaberecht, Wettbewerbs-/Kartellrecht
Dokumentennummer: 18004929 ebenso Versorgungswirtschaft 11/2018, Seite 330

Herausforderungen bei der Durchführung europaweiter Vergabeverfahren im Bereich der Elektromobilität

- von RA Dr. Andreas Graef, MBA, Düsseldorf -*

In einem richtungsweisenden Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht kürzlich die Zulässigkeit von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge im innerstädtischen Verkehr bestätigt.1 Auch wenn flächendeckende Fahrverbote als Reaktion auf die Entscheidung der Leipziger Richter kurzfristig nicht zu erwarten sind, sehen sich die Kommunen und öffentliche Verkehrsunternehmen unter verstärktem Handlungszwang. Um ihre lokalen Klimaschutzziele langfristig zu erfüllen, wollen sie ihre bestehenden ÖPNV-Flotten umrüsten und zukünftig verstärkt Elektrobusse oder Hybridfahrzeuge einsetzen. Auf diesem Weg soll nicht nur die Luftqualität verbessert, sondern auch die Lärmemissionen der Fahrzeuge spürbar minimiert werden. Angesichts dieser Ausgangslage wurden in den vergangenen Monaten etliche europaweite Vergabefahren zur Beschaffung von Elektrofahrzeugen und der für ihren Einsatz benötigten Ladeinfrastruktur auf den Weg gebracht. Mit diesem Beitrag will der Verfasser - getragen von den eigenen Erfahrungen - einen Einblick in die Herausforderungen geben, denen sich zur Beachtung des Kartellvergaberechts verpflichtete Akteure bei der Durchführung von Ausschreibungen im Bereich der Elektromobilität ausgesetzt sehen.

A. Einleitung

Der Begriff der Elektromobilität wird im Schrifttum grundsätzlich weit auslegt.2 Die nachstehenden Ausführungen konzentrieren sich hingegen auf die maßgeblichen Rahmenbedingungen für den Erwerb von Elektrobussen und deren Ladeinfrastruktur in einem wettbewerblichen Verfahren, während andere im Bereich der Elektromobilität denkbare Beschaffungsinitiativen außerhalb der Betrachtung bleiben. In einem ersten Schritt stellt der Beitrag zunächst die für Bedarfsträger einschlägigen öffentlichen Fördermittelprogramme vor (vgl. unten B.). Anschließend werden die für die Gewährleistung eines erfolgreichen und rechtssicheren europaweiten Vergabeverfahrens zu überwindenden Herausforderungen intensiv beleuchtet (vgl. unten C.) Ein Ausblick des Verfassers schließt diesen Beitrag ab (vgl. unten D.).

B. Möglichkeiten zur Inanspruchnahme öffentlicher Förderprogramme

Dieselbetriebene ÖPNV-Busse machen derzeit etwa ein Prozent des innerstädtischen Verkehrs aus, sind aber für etwa 20 Prozent des Schadstoffausstoßes verantwortlich. Diese nachteiligen Umwelteinwirkungen, die mit dem Einsatz von Dieselbussen verbunden sind, werden im Rahmen einer Gesamt(wirtschaftlichkeits)betrachtung derzeit noch durch die weitaus höheren Anschaffungskosten von Elektrobussen über - lagert. Für kommunale Verkehrsunternehmen ist die von Elektrobussen nur dann wirtschaftlich, wenn sie Erleichterungen bei den Betriebskosten in Anspruch nehmen oder höhere Fahrpreise verlangen können. Da derartige Bemühungen von vornherein nicht erfolgversprechend erscheinen, unterstützt das Bundesumweltministerium im Einzelfall die Anschaffung von mehr als fünf Elektrobussen mit bis zu 80 Prozent der Investitionsmehrkosten gegenüber dem konventionellen Dieselbuseinsatz und die Anschaffung von mehr als 5 Plug-In-Hybridbussen mit bis zu 40 Prozent der beihilfefähigen Investitionsmehrkosten.3 Förderfähig sind zudem die korrespondierende Ladeinfrastruktur mit maximal 40% der beihilfefähigen Investitionsmehrkosten sowie weitere Maßnahmen, die zur Inbetriebnahme von Elektrobussen nötig sind (zum Beispiel Schulungen und Werkstatteinrichtungen).4 Neben Fördermitteln auf Bundesebene können kommunale Verkehrsunternehmen mitunter auch von Zuschüssen der Bundesländer profitieren. Derartige Landesprogramme stützen sich auf die Länderöffnungsklausel Nr. 5.3 der Richtlinie zur Förderung der Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Personennahverkehr des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Sie können die Förderung des Bundes ergänzen, soweit sie die Herausforderungen bei der Durchführung europaweiter Vergabeverfahren im Bereich der Elektromobilität Rahmenvorgaben der zuvor erwähnten Richtlinie beachten. Dafür können die Bundesländer eigene Mittel maximal in Höhe des dieser Richtlinie zugrunde liegenden Gesamtförderbetrags des Bundes vorsehen.5

[…]

C. Vorbereitung europaweiter Vergabeverfahren

Ein wesentlicher Faktor für die rechtssichere Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens und den späteren Projekterfolg ist eine hohe Sorgfalt bei der Erstellung der

Vergabeunterlagen. Versäumnisse in der Vorbereitungsphase lassen sich zu einem späteren Zeitpunkt gewöhnlich nicht oder allenfalls mit einem erheblichen Aufwand beseitigen.

Die nunmehr folgenden Ausführungen konzentrieren sich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - auf die Herausforderungen, denen sich die ausschreibenden Stellen bei Beschaffungsvorgängen im Bereich der Elektromobilität ausgesetzt sehen.

[…]

* Herr Rechtsanwalt Dr. Andreas Graef ist Partner, MBA bei BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Düsseldorf. Der Verfasser dankt Frau Katharina Inglis für die tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung dieses Manuskripts.

1 BVerwG, Urt. v. 27.02. 2018 - BVerwG 7 C 26.16, NZV 2018, 393.

2 Die Bundesregierung, Leitfaden »Elektromobilität« - Beschaffung von Elektro- und Hybridfahrzeugen, S.5.

3 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Richtlinien zur Förderung der Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Personennahverkehr v. 05.03.2018, S. 4. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat nach eigenen Angaben in den Programmen »Modellregionen Elektromobilität«, »Schaufenster Elektromobilität« und »Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie« im Zeitraum 2006 bis 2015 Fördermittel von mehr als 850 Mio. Euro bereitgestellt. Vgl. BMVI, Elektromobilität in Kommunen, S. 5 f.

4 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Richtlinien zur Förderung der Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Personennahverkehr v. 05.03.2018, S. 4.

5 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Richtlinien zur Förderung der Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Personennahverkehr v. 05.03.2018, S. 5.

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