Marktlokation und Messlokation - Einführung einer neuen Codierungssystematik für die Energiewirtschaft
- von Rechtsanwälte Dr. Michael Weise und Dr. Florian Wagner, Stuttgart/Berlin -*
Mit ihrem Beschluss zum Interimsmodell zur Marktkommunikation,1 mit dem vornehmlich die aktuellen Marktkommunikationsprozesse an die neuen Rahmenbedingungen des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG)2 angepasst werden sollen, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) auch eine neue Begriffs- und Codierungssystematik für die Energiewirtschaft zum 01.10.2017 eingeführt. Bisher ist die durch die Verteilernetzbetreiber für die Entnahme- und Einspeisestellen im Netzgebiet vergebene Zählpunktbezeichnung die zentrale Referenz für die vorhandenen Wechsel- und Bilanzierungsprozesse. Für die Betreiber von Energieversorgungsnetzen ändert sich dies nun grundlegend. Die Festlegungen zum Interimsmodell zur Marktkommunikation verpflichtet die Betreiber von Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetzen, spätestens bis zum 01.02.2018 flächendeckend alle Entnahme- und Einspeisestellen in ihrem Netzgebiet (in der neuen Begriffssystematik: »Marktlokation«) mittels einer neuen eigenständigen Identifikationsnummer zu identifizieren, der Marktlokations-ID.3 Der nachfolgende Beitrag stellt Hintergrund und Auswirkungen dieses Systemwechsels dar.
I. Einführung und Hintergründe
Zum Hintergrund für die Einführung der neuen Begriffs- und Codierungssystematik gehört das am 02.09.2016 in Kraft getretene MsbG (nachfolgend 1.). Allerdings ist bereits an dieser Stelle klarzustellen, dass eine aus dem MsbG ableitbare Notwendigkeit für diese Novität nicht bestand. Die Verabschiedung des MsbG gehört damit zwar zum Hintergrund und Kontext (und soll deshalb hier auch im Kurzüberblick dargestellt werden), eine normative Verknüpfung besteht jedoch (eindeutig) nicht. Ihre Verankerung hat die neue Begriffs- und Codierungssystematik in der Ende letzten Jahres - aus Anlass des MsbG - verabschiedeten und mittlerweile bestandskräftigen Festlegung zum Interimsmodell zur Marktkommunikation erfahren, mit der die ersten Anpassungen der Marktkommunikationsprozesse an die neuen Rahmenbedingungen des MsbG erfolgten (nachfolgend 2.).
(…)
1. ID der Marktlokation
Die prozessual getrennte Behandlung der beiden Objektarten Markt- und Messlokation hat die Frage aufgeworfen, wie mit der Situation eines Auseinanderfallens einer Eins-zu-Eins-Beziehung zwischen Markt- und Messlokation umzugehen ist.4 Aus Sicht der BNetzA war es erforderlich, eine eindeutige Identifikation der Mess- und Marktlokation vor und nach der Auflösung einer Eins-zu-Eins-Beziehung zwischen beiden Objektarten zu gewährleisten. Diese jederzeitige Eindeutigkeit war aus Sicht der BNetzA dadurch sicherzustellen, dass alle Netzbetreiber verpflichtet werden, flächendeckend alle Marktlokationen mit einer neuen eigenständigen ID-Nummernsystematik auszustatten.5 Die BNetzA hat sich mit der Vorgabe einer neuen Marktlokations-ID insbesondere von folgenden Erwägungen leiten lassen:6
- Die Marktlokations-ID soll sich von der bisher verwendeten Identifikation (Zählpunktbezeichnung nach Metering-Code) unterscheiden.
- Durch Länge und Aufbau dieser Identifikationsnummer soll auch unmittelbar erkennbar sein, dass es sich nicht um eine ID für eine Messlokation handelt.
- Eine Prüfziffer soll Falschübermittlungen schneller erkennbar machen.
- Die bundesweite Eindeutigkeit soll durch eine zentrale Vergabe der Marktlokations-ID sichergestellt werden.
* Die Autoren sind Rechtsanwälte der auf Energie- und Infrastrukturrecht spezialisierten Partnerschaft mit begrenzter Berufshaftung Becker Büttner Held, Stuttgart und Berlin.
1 BNetzA, Beschluss zur Anpassung der Vorgaben zur elektronischen Marktkommunikation an die Erfordernisse des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende v. 20.12.2016, Az.: BK 6-12-200 und BK7- 16-142.
2 Gesetz über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen (Messstellenbetriebsgesetz - MsbG) v. 29.08.2016, BGBl. I, S. 3106.
3 BNetzA, Az.: BK6-12-200, Tenor Ziff. 4, VW-DokNr. 17001856; Az.: BK7-16-142, Tenor Ziff. 3, VW-DokNr. 17001857.
4 BNetzA, Beschluss BK6-16-200, S. 14.
5 BNetzA, Beschluss BK6-16-200, S. 14
6 BNetzA, Beschluss BK6-16-200, S. 15