Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) – mehr Rechtssicherheit für Konzessionsvergaben?
- von Rechtsanwältin Johanna Dörfler und Christina Stein, LL.M., Wirtschaftsjuristin, Nürnberg -*
Am 02.02.2017 wurde das Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat einen Tag später in Kraft.
Sinn und Zweck der Gesetzesnovelle war die Schaffung von mehr Rechtssicherheit für (kommunale) Bewerber im Zuge der Netzübernahme, sofern diese sich im Wettbewerb als künftige Netzbetreiber durchsetzen konnten.1 Die Zielsetzung, für mehr Rechtssicherheit im Hinblick auf das Bewertungsverfahren bei der Vergabe von Wegenutzungsrechten für die leitungsgebundene Energieversorgung zu sorgen sowie die Rechtssicherheit im Netzübergang zu verbessern, ist darüber hinaus auch Bestandteil des Koalitionsvertrags.2
Die Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung wird in einem vergabeähnlichen Verfahren gemäß §§ 46ff. EnWG durchgeführt. Die ursprünglich sehr knapp gehaltenen Regelungen im EnWG wurden im Zuge der Novelle vom 03.02.2017 zum Teil präzisiert und erneuert. Insbesondere im Hinblick auf die Bestimmung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung, die Legitimierung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft als Auswahlkriterium im Rahmen der Konzessionsvergabe, die Konkretisierung des Auskunftsanspruchs der Gemeinde, die Einführung eines zeitlich gestaffelten Rügeregimes sowie die Pflicht zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe nach Ablauf des Konzessionsvertrages wurden die gesetzlichen Vorgaben novelliert.
Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die gesetzlichen Neuregelungen geben und diese einer ersten Bewertung dahingehend unterziehen, ob und inwieweit sie das Ziel von mehr Rechtssicherheit im Zuge von Konzessionsvergaben fördern werden.
1. Übertragung der notwendigen Anlagen/wirtschaftlich angemessene Vergütung (§ 46 Abs. 2 EnWG)
Bislang normierte das Gesetz in § 46 Abs. 2 EnWG a.F. lediglich die »wirtschaftlich angemessene Vergütung« als zu vereinbarendes Übernahmeentgelt im Rahmen einer Übertragung der Netze und überließ die genauere Definition dessen den beteiligten Unternehmen.3 Es sollte aber sichergestellt werden, dass ein Wechsel des Konzessionärs nicht an der Forderung eines unangemessen hohen Kaufpreises durch den Altkonzessionär scheitert. Üblicherweise wurden zunächst Sachzeit- und Ertragswert als maßgebliche Größen für die Ermittlung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung herangezogen. Nicht selten wurden dabei Netzübernahmen durch überhöhte Kaufpreisforderungen des Altkonzessionärs erheblich verzögert.4 Inzwischen hat der BGH entschieden, dass sich die wirtschaftlich angemessene Vergütung grundsätzlich am objektivierten Ertragswert orientiert.5
Um die Rechtssicherheit im Hinblick auf das Übernahmeentgelt weiter zu erhöhen, wird mit der Neufassung des § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG der objektivierte Ertragswert als Regelfall normiert.6 Dies entspricht den im »Kaufering-Urteil« des Bundesgerichtshofs aufgestellten Grundsätzen7 und gilt für den Fall, dass sich Alt- und Neukonzessionär nicht über den Netzkaufpreis einigen können. Gemäß Satz 5 genießt der Grundsatz der Vertragsautonomie auch bei der Ermittlung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung den Vorrang. …
* Die Verfasserinnen sind als Rechtsanwältin bzw. Wirtschaftsjuristin im Geschäftsbereich
Energiewirtschaft bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig.
1 BT-Drs. 18/8184, S. 8.
2 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode,
S. 59.
3 § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG a.F.
4 BT-Drs. 18/8184, S. 12.
5 BGH, Beschluss vom 03.06.2014, EnVR 10/13, VW-DokNr. 14002849.
6§ 46 Abs. 2 S. 4 EnWG.
7 BGH, Urteil vom 16.11.1999, KZR 12/97, VersorgW 2000, 34.