Markentrennung und kommunikative Entflechtung bei Verteilernetzbetreibern (§ 7a Abs. 6 EnWG)
- von Ass. Martin Jacob, Ludwigshafen -*
Seit 2011 sind Verteilernetzbetreiber (VNB), die Teil eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens (VIU) sind, gem. § 7a Abs. 6 EnWG zur Markentrennung und kommunikativen Entflechtung verpflichtet. 2012 haben die Regulierungsbehörden die damit verbundenen Verpflichtungen in Auslegungsgrundsätzen näher konkretisiert. Seit 2013 liegt hierzu eine umfangreiche Verwaltungspraxis der Bundesnetzagentur (BNetzA) vor, seit dem 21.10.2015 eine erste Leitentscheidung des OLG Düsseldorf. Über die Hintergründe und Schlussfolgerungen für die Praxis wird berichtet. Auswirkungen ergeben sich nicht nur für die größeren, voll entflechtungspflichtigen VIU über 100.000 Anschlusskunden, sondern auch für sog. De-Minimis-Unternehmen, soweit sie freiwillig eine Netzgesellschaft eingerichtet haben.
(…)
3. Umsetzung durch die Regulierungsbehörden
Zunächst bestand eine gewisse Rechtsunsicherheit, wie die eher abstrakten Anforderungen des § 7a Abs. 6 EnWG in der Praxis umzusetzen sind. Vor diesem Hintergrund veröffentlichten die Regulierungsbehörden 2012 Auslegungsgrundsätze zur Markentrennung und kommunikativen Entflechtung der VNB.1 Danach muss eine eigenständige Unternehmensidentität erkennbar werden bzw., in markenrechtlicher Terminologie, eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne ausgeschlossen sein,2 nicht aber eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, d.h. der Eindruck wirtschaftlicher Beziehungen oder organisatorischer Zusammenhänge zwischen den Unternehmen.3 Somit darf die Konzernzugehörigkeit zum VIU weiter erkennbar bleiben, beim ÜNB/ITO zumindest im „Kleingedruckten“, beim VNB auch im Logo.4 In der Literatur wird dieser markenrechtliche Ansatz z.T. abgelehnt und eine stärkere Ähnlichkeit für zulässig gehalten; das Konzernlogo und die Konzernfarben könnten weiter genutzt, müssten nur mit dem unübersehbaren Zusatz „Netz“ verbunden werden.5
4. Beschluss des OLG Düsseldorf vom 21.10.2015
Einer Beschwerde gab das OLG Düsseldorf statt.6 Es hielt die vorgerichtlich angebotene Markentrennung für ausreichend, um den Anforderungen des § 7a Abs. 6 zu genügen. Deshalb sei die Untersagung ermessensfehlerhaft.7 Das OLG stellte den rechtlichen Ansatz der BNetzA nicht in Frage, auch nicht ihre Prüfung der Verwechslungsgefahr anhand markenrechtlicher Grundsätze, kam aber in einer abweichenden Tatsachenwürdigung zum gegenteiligen Ergebnis. (…)
Mehr Rechtssicherheit brachte der OLG-Beschluss für die Kennzeichnung von Fahrzeugen.8 Der betroffene VNB hatte vorgerichtlich zugesagt, Spezialfahrzeuge für Netzzwecke nur in neutraler Ausstattung ohne VIU-Logo einzusetzen. Strittig war nur noch, ob VNB-Mitarbeiter für Kundenbesuche einen PKW aus dem Fahrzeugpool des VIU mit dessen Logo nutzen dürfen.
* Der Autor ist Gleichbehandlungsbeauftragter der PFALZWERKE AG und der Pfalzwerke Netz AG.
1 Gemeinsame Auslegungsgrundsätze III der Regulierungsbehörden zu den Anforderungen an die Markenpolitik und das Kommunikationsverhalten … (§ 7a Abs. 6 EnWG) vom 16.7.2012 (i.F. „Auslegungsgrundsätze III“).
2 Auslegungsgrundsätze III, S. 11 ff.; Bourwieg (Fn. 5), Kap. 93 Rn. 88 ff.
3 Auslegungsgrundsätze III, S. 11.
4 Wieso es beim Marktauftritt der VNB notwendig sei, „dass die Firma im Hintergrund bleibt“ (Auslegungsgrundsätze III, S. 12, unter 5.3; Bourwieg (Fn. 5), Kap. 93 Rn. 93), erschließt sich nicht; hier werden Anforderungen an den ÜNB/ITO, die dort in der Gesetzesbegründung zu § 10a Abs. 4 EnWG eine gewisse Stütze finden, undifferenziert auf den VNB übertragen.
5 Hölscher (Fn. 11), § 7a Rn. 81 f.
6 Beschluss vom 21.10.2015, Az. VI-3 Kart 128/14 (V); in diesem Heft VersorgW 2016, 213 ff., DokNr. 16001631.
7 Beschlussgründe unter B II. sowie B II 2.2.
8 Beschlussgründe unter B II 1.4.