Probleme bei der Umstellung auf zwölf Abschlagszahlungen bei Grund- und Sonderverträgen im Lichte der Strom-/Gasgrundversorgungsverordnung
- von RA Christian Bützow und Ass. iur. Shihali Velibek, Landshut -*
Viele Energieversorger haben in der Praxis die Abschlagszahlungen des Kunden von elf auf zwölf Monate umgestellt. Dabei wird der Abschlag in der Regel bereits im ersten Monat der Belieferung zu dessen Beginn oder in der Mitte des Monats erhoben. Nach einer Kurzauswertung eines Vergleichsportals hat derzeit mindestens die Hälfte aller Energieversorger diesen Schritt bereits vollzogen. Dies mag u.a. mit fiskalpolitischen Überlegungen zusammenhängen, insbesondere mit der Verpflichtung, auf höhere Guthaben Strafzinsen zahlen zu müssen. Ein weiteres Motiv dürfte die Kundenorientierung sein, da die Kunden bei einer erhöhten Stückelung der Abschlagszahlungen geringere monatliche finanzielle Belastungen zu tragen haben.
Im folgenden Beitrag wird auf die Frage eingegangen, ob dies mit der geltenden Rechtslage vereinbar ist. Hierbei ist grundsätzlich zwischen der gesetzlichen Grundversorgung im Sinne des § 36 Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und den Sonderverträgen zu unterscheiden.
1. Grundversorgung
Gemäß § 1 Strom- und Gasgrundversorgungsverordnung (Strom-/GasGVV) i.V.m. § 36 EnWG regelt die Strom-/GasGVV die Allgemeinen Bedingungen, zu denen Energieversorgungsunternehmen Haushaltskunden im Rahmen der Grund -und Ersatzversorgung in Niederspannung/Niederdruck beliefern.
Haushaltkunden sind gemäß § 3 Nr. 22 EnWG Letztverbraucher, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10 000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kaufen.
Gemäß § 39 EnWG i.V.m. § 1 der Strom-/GasGVV sind die in Strom-/GasGVV geregelten Allgemeinen Bedingungen Bestandteil des Grundversorgungsvertrages.
Die Abschläge sind in § 13 Strom-/GasGVV geregelt.
Demnach können Abschläge nur am Ende des Zeitabschnittes erhoben werden, dessen Verbrauch mit der Abschlagszahlung abgegolten werden soll. Es ist daher nicht zulässig, die Abschlagszahlungen bereits zur Mitte eines Abrechnungszeitraums oder zu dessen Beginn zu erheben.1
Die Erhebung der Abschläge zu Beginn oder etwa zur Mitte eines Monats für denselben Monat widerspräche dem § 13 Strom-/GasGVV. Genauer gesagt, würde es sich rechtlich gesehen nicht einmal um Abschläge im Sinne des § 13 Strom-/GasGVV handeln, sondern vielmehr um Vorauszahlungen.
Der Energieversorger könnte nun auf Idee kommen, diese Anforderungen im Wege einer Ergänzungsvereinbarung mit dem Kunden zu umgehen. Dem tritt der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 06.04.2016 (VIII ZR 236/10)2mit folgenden Ausführungen entgegen: (…)
* Beide Autoren sind Referenten für Vertriebsrecht im deutschen E.ON-Vertrieb.
1 Morell, GasGVV-Kommentar, 2. Auflage, § 13 Rn. 1.
2 BGH, Urteil vom 06.04.2016 - VIII ZR 236/10, Leitsatz b), VW-DokNr. 16001618.