Novelle der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) – Gesamtüberblick
- von StB Dipl.-Bw. (FH) Jürgen Dobler und RA Dr. Thomas Wolf, Nürnberg *
Am 16.09.2016 wurde die Zweite Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, die einen Tag später in Kraft getreten ist. Lange und zeitintensive Diskussionen zwischen Regulierungsbehörden, Bund und Ländern sowie den Interessenverbänden über die richtige Ausgestaltung des Regulierungsrahmens der Zukunft haben damit ein Ende gefunden. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die wesentlichen Änderungen sowie den (teils holprigen) Weg zu den jeweiligen Neuregelungen geben und diese einer ersten Bewertung unterziehen. Der Kapitalkostenabgleich als zentrales Element der Änderungen wird an anderer Stelle in dieser Ausgabe ausführlich erläutert.
(…)
2. Regulierungskonto (§ 5 ARegV)
Auf dem Regulierungskonto werden systemimmanente1 Erlös- und Kostenabweichungen erfasst. In der bisherigen Ausgestaltung wurden die Differenzen jährlich verbucht und entsprechend verzinst.2 Der Ausgleich der verbuchten Differenzen (Saldo) wurde durch die Regulierungsbehörde im letzten Jahr für die vorangegangenen fünf Kalenderjahre ermittelt und in der folgenden Regulierungsperiode zum Ausgleich gebracht.3 Sofern jedoch die Abweichung (Mehrerlöse) zwischen zulässigen Erlösen und tatsächlichen Erlösen mehr als 5 % betragen hat, war der Netzbetreiber verpflichtet, den Differenzbetrag entsprechend bei der Netzentgeltbildung - innerhalb der Regulierungsperiode - zum Abzug zu bringen.4
In der Regulierungspraxis hat sich jedoch gezeigt, dass die Saldobildung über einen Zeitraum von fünf Jahren verwaltungsseitig sehr aufwendig umzusetzen war.5 Zudem hat die Anpassungsverpflichtung bzw. Anpassungsberechtigung bei einer Abweichung von mehr als 5 % häufig zu einer Verzerrung der Netzentgelte geführt. Vor diesem Hintergrund ist es sicherlich zu begrüßen, dass „…der nach den Absätzen 1 und 1a ermittelte Saldo des Regulierungskontos des letzten abgeschlossenen Kalenderjahres annuitätisch wird (und) über die drei dem Jahr der Ermittlung folgenden Kalenderjahre durch Zu- und Abschläge auf die Erlösobergrenze verteilt (wird).“6 Somit kommen dem Grunde nach die Regelungen der bis einschließlich zum Jahr 2008 angewandten periodenübergreifenden Saldierung wieder zur Anwendung. (…)
4. Dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten/Lohnzusatzkosten
Galten bisher betriebliche und tarifvertragliche Vereinbarungen zu Lohnzusatz- und Versorgungsleistungen, soweit diese in der Zeit vor dem 31.12.2008 abgeschlossen worden sind, als dauerhaft nicht beeinflussbare Kostenanteile (§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 9 ARegV), wurde mit der nunmehr in Kraft getretenen Novelle der Bestandsschutz von geltenden kollektivarbeitsrechtlichen Vereinbarungen von Versorgungsleistungen der beim Netzbetreiber direkt angestellten Mitarbeiter auf solche Vereinbarungen ausgeweitet, die vor dem 31.12.2016 geschlossen wurden. …
* Die Verfasser sind im Geschäftsbereich Energiewirtschaft bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig.
1 Bildung der Netzentgelte zum 15.10. eines Kalenderjahres für das Folgejahr mit entsprechenden Planabsatzmengen.
2 § 5 Abs. 1 und 2 ARegV (alt).
3 § 5 Abs. 4 ARegV (alt).
4 § 5 Abs. 3 ARegV (alt). Bei Minderlösen ist der Netzbetreiber „berechtigt“, den Differenzbetrag zum Ansatz zu bringen.
5 Bestandteil der Festlegung des Ausgangsniveaus nach § 6 ARegV.
6 § 5 Abs. 3 S. 2 ARegV.