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Titel: Entwicklung des Pooling und Anforderungen nach aktueller Rechtslage – zugleich Anmerkung zu LG Offenburg, Urteil vom 22.07.2015 – 5 O 10/15 KfH
Autor: RA Janis Gersemann
Datum: 01.11.2015
Artikeltyp: Aufsätze
Kategorien: Energie(wirtschafts)recht, Gebühren- und Beitragsrecht; Strom- und Gastarife; Netzentgelte
Dokumentennummer: 15003668 ebenso Versorgungswirtschaft 11/2015, Seite 331

Entwicklung des Pooling und Anforderungen nach aktueller Rechtslage – zugleich Anmerkung zu LG Offenburg, Urteil vom 22.07.2015 – 5 O 10/15 KfH

- zugleich Anmerkung zu LG Offenburg, Urteil vom 22.07.2015 - 5 O 10/15 KfH

- von Rechtsanwalt Janis Gersemann, Berlin -*

Unter Pooling wird die Abrechnung der Netznutzungsentgelte für mehrere Entnahmestellen auf Basis der zeitgleichen Jahreshöchstlast dieser Entnahmestellen verstanden. Das Netznutzungsentgelt wird nicht wie üblich für jede Entnahmestelle einzeln abgerechnet, sondern für mehrere Entnahmestellen zusammengefasst (gepoolt). Da bei mehreren Entnahmestellen die in Anspruch genommene Jahreshöchstlast praktisch nie auf denselben Zeitpunkt fällt, sinkt bei einer gepoolten Abrechnung das spezifische Netznutzungsentgelt, das die betroffenen Netznutzer zahlen müssen. Pooling betrifft große Letztverbraucher, die über mehrere Entnahmestellen an ein Energieversorgungsnetz angeschlossen sind, sowie nachgelagerte Netzbetreiber, die über mehrere Netzverknüpfungspunkte mit dem vorgelagerten Netz verbunden sind und hat für die Betroffenen erhebliche wirtschaftliche Bedeutung.

Seit das System der geschlossenen Versorgungsgebiete mit Inkrafttreten des EnWG 1998 zugunsten eines wettbewerblichen Systems mit Trennung von Netzbetrieb und Vertrieb auf-gegeben wurde, werden Netznutzungsentgelte abgerechnet. Schon seit diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage, wie die Netznutzungsentgelte abgerechnet werden sollen, wenn ein Netznutzer über mehrere Entnahmestellen Elektrizität aus dem Netz bezieht. Eine Zusammenfassung mehrerer Entnahmestellen fand insofern seit Anbeginn der Netznutzungsabrechnung statt. Geändert hat sich im Laufe der Jahre lediglich die Rechtsgrundlage, auf der ein Pooling erfolgt und die Voraussetzungen, die dafür erfüllt sein müssen. Erste Regelungen fanden sich in der Verbändevereinbarung Strom II plus. Mit ihren Festlegungen vom 26. September 2011 hatte die Bundesnetzagentur die Anforderungen an ein Pooling ab dem 1. Januar 2012 behördlich geregelt. Die Pooling-Festlegungen der Bundesnetzagentur wurden schließlich durch § 17 Abs. 2a StromNEV abgelöst, der seit dem 1. Januar 2014 anzuwenden ist.

§ 17 Abs. 2a StromNEV regelt Voraussetzungen und Rechtsfolgen der gepoolten Abrechnung von Netznutzungsentgelten. Allerdings sind noch nicht sämtliche Rechtsfragen geklärt, die sich aus den derzeitigen gesetzlichen Regelungen ergeben. Dies hat zu Streitigkeiten zwischen Netzbetreibern und Netznutzern geführt, die nicht mehr gepoolt abgerechnet wurden. Zuletzt hat das Landgericht Offenburg mit seinem Urteil vom 22. Juli 2015 überraschend entschieden, dass § 17 Abs. 2a StromNEV teilweise nichtig sei. (…)

(…)

4. Urteil des Landgerichts Offenburg vom 22. Juli 2015

(…) Allerdings sah sich das Landgericht Offenburg an einer ermächtigungsnormkonformen Auslegung von § 17 Abs. 2a StromNEV, die den Vorgaben von § 21 Abs. 1 EnWG gerecht wird, gehindert. Es sieht den Begriff „galvanische Verbindung“ als fachsprachlich eindeutigen Begriff im Sinne der Elektrotechnik an, der einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglich sei. Der insoweit eindeutige Wortlaut stehe einer Auslegung, die auch induktive Verbindungen umfasst, entgegen.

Das Landgericht Offenburg hat § 17 Abs. 2a S. 1 Nr. 4 Alt. 2 StromNEV daher mit Urteil vom 22. Juli 2015 wegen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 21 Abs. 1 EnWG und der damit verbundenen Überschreitung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für unwirksam erklärt.

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