Neues aus Bonn!? – Der überarbeitete Leitfaden zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen
- von Rechtsanwalt Christian Marthol und Rechtsanwalt Dr. Thomas Wolf, Nürnberg- *
Eines der bestimmenden Themen der Energiewirtschaft ist weiterhin die Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen. Auch in den kommenden Jahren laufen hunderte solcher Konzessionen aus und die zur Vergabe berufenen Kommunen stehen vor der Frage, wie das vorgeschriebene Vergabeverfahren rechtssicher ausgestaltet werden kann. Aufgrund der weitgehend rudimentären Vorgaben des Gesetzgebers zu Konzessionsvergabe gab und gibt es eine Vielzahl von Streitpunkten zwischen Kommune, Alt- und Neukonzessionär. Bereits im Jahre 2010 hatten Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur einen Leitfaden zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen herausgegeben, der Grundsatzfragen zum Gegenstand hatte. Aufgrund vielfältiger Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung wurde im Mai 20151 eine zweite überarbeitete Auflage des Leitfadens veröffentlicht. Ob damit nunmehr alle offenen Fragen geklärt sind, soll der nachfolgende Beitrag erläutern.
(…)
1. Auswahlverfahren, Auswahlkriterien und Auswahlentscheidung
Wie bereits in einem früheren Beitrag ausgeführt, hat sich der Schwerpunkt der Diskussion um Konzessionsvergaben zwischenzeitlich auf die Anforderungen an ein diskriminierungsfreies und transparentes Auswahlverfahren verlagert.2 Dreh- und Angelpunkt der Diskussion sind Fragen zum richtigen Auswahlverfahren (insbesondere bei der zusätzlich beabsichtigten Suche nach einem strategischen Partner), zu richtigen Auswahlkriterien und zur richtigen Auswahlentscheidung. Zu begrüßen ist grundsätzlich, dass der Leitfaden diese Fragen aufgreift, allerdings bleibt der Leitfaden wohl hinter den Erwartungen der beteiligten Marktakteure zurück, da oftmals gerade keine detaillierte Auseinandersetzung mit verfahrenswesentlichen Fragen erfolgt.
So stellt der Leitfaden zwar in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung nochmals klar, dass es der Bestimmungsfreiheit der Gemeinde unterliegt, ob sie das Verfahren zur Suche nach einem strategischen Partner und zur Vergabe der Konzession zeitlich nacheinander (zweistufiges Verfahren) oder zeitgleich (einstufiges Verfahren) durchführt.3 Alleine die Durchführung eines zweistufigen Verfahrens begründet damit per se noch keine Voreingenommenheit der Kommune. Keine konkreten Ausführungen dagegen enthält der Leitfaden zu der in der Praxis derzeit sehr intensiv geführten Diskussion, ob die Suche nach einem strategischen Partner4 dem Vergaberecht unterfällt unabhängig davon, ob es sich um ein sogenanntes Pachtmodell oder Betriebsführungsmodell oder eine Kombination aus beiden Modellen handelt. …
* Die Verfasser sind als Rechtsanwälte im Geschäftsbereich Energiewirtschaft bei Rödl & Partner in Nürnberg tätig.
1 Gemeinsamer Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers (zweite, überarbeitete Auflage, 21.05.2015), im Folgenden „der Leitfaden“.
2 Siehe hierzu Wolf/Dörfler in VersorgW 02/15, S. 40ff, DokNr. 15003368.
3 Leitfaden, Rn. 27 m.w.N.
4 Bei Überschreitung der relevanten Schwellenwerte.