Das neue Mess- und Eichrecht 2015 Was ändert sich für die Versorgungswirtschaft?
- von Dr. Jost Eder, Dr. Michael Weise, Enrico C. Raschetti, Berlin/Stuttgart -*
Seit dem 01.01.2015 gilt ein vollständig neu gestaltetes Mess- und Eichrecht. Mit Inkrafttreten des Mess- und Eichgesetz (MessEG) und der Mess- und Eichverordnung (MessEV) wurden das Eichgesetz (EichG) und die Eichordnung (EichO) sowie die europarechtlich begründeten Ausnahmereglungen zugunsten eines neuen einheitlichen Mess- und Eichrechts mit durchgängiger Systematik abgelöst. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die neue gesetzliche Systematik (hierzu nachfolgend I. und stellt die wesentlichen Änderungen für Messgeräteverwender (hierzu nachfolgend II.) sowie für Messwerteverwender (hierzu nachfolgend III.) dar.
(…)
II. Wesentliche Änderungen für Messgeräteverwender
1. Eichpflicht, §§ 31, 37 MessEG
… Die Pflicht zur Messung besteht immer dann, wenn eine der in § 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 Nr. 1 MessEV genannten Messgrößen (beispielsweise Temperatur, Volumen, Messgrößen bei der Lieferung von Elektrizität sowie Wärme) im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr angegeben oder verwendet wird.1 Damit liegt ein Verstoß gegen das Eichrecht regelmäßig immer dann vor, wenn man die in § 1 Abs. 1 MessEV aufgezählten Messgrößen im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr angegeben oder verwendet werden, ohne diese mit einem Messgerät bestimmungsgemäß gemessen zu haben. In der Versorgungswirtschaft bildet der geschäftliche Verkehr den Hauptanwendungsbereich. „Geschäftlicher Verkehr“ ist (negativ abgegrenzt) jede Tätigkeit, die nicht rein privater oder innerbetrieblicher Natur ist. Davon ist regelmäßig immer dann auszugehen, wenn Messwerte zur Bestimmung der vertraglichen Leistung sowie für Abrechnungszwecke (z. B. die Energiebelieferung oder Netzentgelte) gegenüber Dritten verwendet werden, vgl. § 6 Nr. 6 MessEV.
Wer (auf der ersten Stufe) zur Messung verpflichtet ist, darf hierzu im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr nur solche Messgeräte verwenden, die konformitätsbewertet bzw. geeicht sind, § 37 Abs. 1 Nr. 1 MessEG.2 Der Geräteverwender darf somit nur solche Messgeräte im geschäftlichen Verkehr verwenden, deren Messrichtigkeit zuvor auf Initiative des Herstellers, Einführers oder Händlers durch eine Konformitätsbewertungsstelle bestätigt (konformitätsbewertet) wurde, vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 1 MessEG. Zudem darf der Geräteverwender das Messgerät nach Ablauf der Eichgültigkeitsdauer3 nicht ungeeicht weiterverwenden, vgl. §§ 31 Abs. 2 Nr. 3, 37 Abs. 1 MessEG.
Die eichrechtlichen Pflichten des Geräteverwenders werden im Vergleich zum bisherigen Mess- und Eichrecht in zeitlicher Hinsicht vorverlagert. …
* Der Erstautor ist Rechtsanwalt und Partner, die Zweit- und Drittautoren sind Rechtsanwälte der auf Energie- und Infrastrukturrecht spezialisierten überörtlichen Partnerschaft Becker Büttner Held, Berlin und Stuttgart.
1 Die Regelung führt inhaltlich weitgehend unverändert § 10 Abs. 1 der EichO fort. Zur Vertiefung Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, E 90 a. Eichordnung, Loseblatt, 200. Ergänzungslieferung Okt. 2014, § 10 Rn. 1.
2 Der Gesetzgeber verwendet nicht mehr den klaren Normbefehl „Messgeräte dürfen nur geeicht verwendet werden.“, sondern bestimmt, dass Messgeräte den Bestimmungen von MessEG und MessEV entsprechen müssen, vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 MessEG. Die sprachliche Änderung ist durch die Abschaffung der staatlichen Ersteichung und die Einführung der privatwirtschaftlichen Konformitätsbewertung zu erklären, führt jedoch nicht dazu, dass die Anforderungen an die Einhaltung der Verkehrsfehlergrenzen reduziert werden.
3 Nach neuer Terminologie „Eichfrist“, vgl. § 3 Nr. 5 und § 34 MessEG.