Betriebe gewerblicher Art als Schuldner der Kapitalerträge – zugleich Erläuterung des BMF-Schreibens vom 9.1.2015
- von Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -
Die Steuerbelastung bei Betrieben gewerblicher Art beschränkt sich nicht nur auf die Körperschaft- (und Gewerbe-) Steuer. Vielmehr muss auf Ebene der Trägerkörperschaft (Gemeinde) - seit Einführung der Einkommenstatbestände des § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG - die Kapitalertragsteuer mit berücksichtigt werden. Bemessungsgrundlagen für den von den Betrieben vorzunehmenden Steuerabzug sind insbesondere Leistungen, die mit Gewinnausschüttungen vergleichbar sind, sowie nicht den Rücklagen zugeführte Gewinne. In diesem Zusammenhang ergeben sich etliche Detailfragen, zu denen sich die Finanzverwaltung kürzlich mit Schreiben vom 9.1.2015 geäußert hat. In diesem Beitrag wird die Besteuerung der fingierten Kapitalerträge mit Kapitalertragsteuer und insofern auch der aktuelle Erlass beleuchtet.
(…)
4.2 Besteuerung von nicht reservierten bzw. aufgelösten Gewinnen und verdeckten Gewinnausschüttungen
4.2.1 Handelsrechtlicher Jahresgewinn als Bemessungsgrundlage
Gegenstand der Besteuerung umfasst bei der Gruppe 1 die nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne des BgA, die nachfolgende Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA sowie verdeckte Gewinnausschüttungen. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG fingiert eine Ausschüttung, da aufgrund der fehlenden rechtlichen Selbständigkeit des BgA eine tatsächliche Ausschüttung an die Trägerkörperschaft nicht erfolgen kann.1 Tabellarisch zusammengefasst, berechnen sich bei BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit die kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nach folgendem Schema:2
Jahresgewinn laut Handelsbilanz
./. Tilgung von Verlusten aus Vorjahren (nur bei Eigenbetrieben)
./. Zuführung des Jahresgewinns zu den Rücklagen
= nicht den Rücklagen zugeführter Gewinn
+ verdeckte Gewinnausschüttungen
+ Gewinn i.S.d. § 22 Abs. 4 UmwStG
+ Auflösung von Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA
= Zwischensumme
- Beträge, für die das steuerliche Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG als verwendet gilt
= Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer
Beim laufenden Gewinn muss auf den handelsrechtlichen Jahresüberschuss (§ 275 HGB) abgestellt werden, wie er nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zutreffend ist.3 Dadurch kann es u.U. zu einer Abweichung gegenüber dem festgestellten Jahresabschluss kommen. Die Verwaltung verdeutlicht dies, wonach z.B. von einer Betriebsprüfung aufgedeckte fehlerhafte handelsrechtliche Bilanzansätze im Jahr der Fehlbuchung und nicht erst im Zeitpunkt der Anpassung der Handelsbilanz korrigiert werden (Rz. 25). Wird bloß eine Steuerbilanz aufgestellt, wird seitens der Finanzbehörden nicht beanstandet, wenn auf Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG abgestellt wird. Hierbei handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen sowie vermindert um den Wert der Einlagen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Erstmals geregelt ist die Vorgehensweise bei BgA »Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft«. …
1 BFH v. 11.7.2007, I R 105/05, BStBl 2007 II S. 841; BT-Drucks. 14/2683, S. 114-115, VersorgW 2007, 249 = DokNr. 07000676.
2 Kronawitter, Besteuerung der öffentlichen Hand, Modul 4 Kapitalertragsteuer und steuerliches Einlagekonto, www.vkw-online.eu/obib.
3 BFH v. 11.9.2013, I R 77/11, BFH/NV 2014, S. 10, VersorgW 2014, 21 = DokNr. 14002730.