Umsatzbesteuerung von Leistungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts – Vorschlag einer Neuregelung in § 2b UStG-E
- von Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl. Martin Kronawitter, Untergriesbach -
Allgemein zeichnet sich der Standort Deutschland durch hohe Rechtssicherheit aus. Demgegenüber taumelt die Umsatzbesteuerung von Leistungen der öffentlichen Hand, wie sie das deutsche UStG in der derzeitigen Fassung vorsieht, seit längerer Zeit vor sich hin. Nach einigen von den EuGH- und BFH-Richtern ausgesprochenen Tiefschlägen agieren Kommunen, deren Berater sowie die Finanzämter benommen im mehr oder weniger rechtsfreien Raum. Wenigstens haben die Finanzstaatssekretäre von Bund und Ländern nun einen Gesetzesvorschlag über die angedachte künftige Besteuerung von Leistungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts zur Diskussion gestellt. Aus Vereinfachungsgründen soll bis zu einer gewissen Umsatzgrenze von einer Besteuerung der öffentlichen Hand Abstand genommen werden. Auffällig ist insbesondere der Versuch, die sog. Beistandsleistungen zwischen verschiedenen öffentlich-rechtlichen Körperschaften nach wie vor aus der Umsatzsteuer herauszuhalten. Dies kann mit Hilfe der Kriterien des Vergaberechts gelingen. Ansonsten lehnt sich der Vorschlag stark an die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) an.
2.2 Kritische Würdigung
2.2.1 Keine Umsatzsteuer bei Ausübung „öffentlicher Gewalt“ (§ 2b Abs. 1 Satz 1 UStG-E)
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Der Begriff der „öffentlichen Gewalt“ soll nach Auffassung der Finanzstaatssekretäre unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH auszulegen sein. Freilich ist der Terminus zunächst nach europäischen Maßgaben zu interpretieren. Nach EU-Rechtsprechung handelt es sich bei Tätigkeiten „im Rahmen der öffentlichen Gewalt“ um solche Tätigkeiten, die die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelung (z.B. öffentlich-rechtlicher Vertrag, öffentlich-rechtliche Vereinbarung, Verwaltungsakt) ausüben.1 Die nationalen Gerichte vertreten hier keine abweichende Meinung. Sie verstehen darunter Tätigkeiten, die dem Träger der öffentlichen Gewalt eigentümlich und vorbehalten sind.2 Erbringt eine jPdöR dagegen Leistungen aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags und damit unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer, werden diese Tätigkeiten nicht von § 2b Abs. 1 UStG-E erfasst.
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2.2.3 Keine „größeren Wettbewerbsverzerrungen“ bei geringfügigen Umsätzen (§ 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG-E)
Mit § 2b Abs. 2 UStG-E versuchen sich die Finanzstaatssekretäre erstmals an einer Umschreibung des Ausdrucks „größere Wettbewerbsverzerrungen“. Diese liegen nach dessen Nr. 1 nicht vor, falls der von einer jPdöR im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraussichtlich 17.500 € jeweils nicht übersteigen wird. Aus Gründen der Praktikabilität soll anhand der Umsatzgrenze für Kleinunternehmer (§ 19 UStG) entschieden werden, ob eine derartige gewichtige wirtschaftliche Betätigung durch die jPdöR ausgeübt wird, dass diese wettbewerbsrelevant ist. Die Umsatzgrenze versteht sich als Bruttobetrag einschließlich Umsatzsteuer.
Auf dem Verwaltungswege (UStAE) müsste zudem geregelt werden, wie umzugehen ist, wenn die jPdöR wider Erwarten doch Umsätze von mehr als 17.500 € erzielt, aber die Ausgangsrechnungen keine gesonderte Umsatzsteuer ausweisen. Hilfreich wäre auch eine Heranziehung nachhaltiger Umsätze, bspw. die durchschnittlichen Umsätze der drei vorangegangenen Kalenderjahre. …
1 EuGH v. 17.10.1989, Rs. C-231/87 und C-129/88, Comune di Carpaneto Piacentino, Slg. 1989, 3233; EuGH v. 14.12.2000, Rs. C-446/98, Fazenda Pública, Slg. 2000, I-11435.
2 RFH v. 9.7.1937, V D 1/37, RStBl 1937 S. 1306; BFH v. 9.2.1953, V 84/52 U, BStBl 1953 III S. 86; BFH v. 23.10.1996, I R 1-2/94, BStBl 1997 II S. 139.