Kriterienwahl bei der Konzessionsvergabe nach § 46 EnWG
- von WP/StB Rolf Faasch und Rechtsanwalt Dr. Julian Faasch, Düsseldorf -*
Die rechtssichere Vergabe von Energiekonzessionen nach § 46 EnWG stellt die Beteiligten derzeit vor große Herausforderungen. Die hierzu in den letzten Jahren ergangene Rechtsprechung zeigt eine erhebliche Dynamik, die in zahlreichen laufenden Konzessionsvergabeverfahren dazu geführt hat, dass die Gerichte laufende Verfahren aufgehoben oder bei beendeten Konzessionsvergabeverfahren den Abschluss des Konzessionsvertrages für nichtig erklärt haben. Gegenstand der richterlichen Beanstandung waren oftmals die festgelegten Auswahlkriterien sowie das Vorgehen bei der Wertung der Angebote.
Nach Einschätzung der Verfasser haben sich die Konturen in der Rechtsprechung mittlerweile dahingehend verfestigt, dass die Auswahl der Kriterien und die anschließende Bewertung weitestgehend nach den entsprechenden Handhabungen für Kartellvergabeverfahren zu erfolgen haben. Die Verfasser nehmen dies zum Anlass, nachfolgend eine Bestandsaufnahme zur Kriterienwahl vorzunehmen.
(…)
I. Bekanntgabe der Auswahlkriterien und deren Gewichtung
Zu den Grundpflichten der Gemeinde in einem geordneten wettbewerblichen Konzessionsvergabeverfahren gehört die rechtzeitige und vollständige Bekanntgabe der für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Kriterien inklusive deren Gewichtung.1 Eine Beschränkung der Auswahlentscheidung auf die veröffentlichten Kriterien und deren Gewichtung gewährleistet die Sicherstellung der notwendigen Transparenz und dient zugleich der Gleichbehandlung unter den Bewerbern.2 Eine Festlegung neuer Auswahlkriterien nach Ablauf der Angebotsfrist und in Kenntnis des Inhalts der eingereichten Angebote ist unzulässig.3 Ein solches Verhalten eröffnet die nicht zu widerlegende Möglichkeit für Manipulationen des Wertungsergebnisses.4
II. Gewichtung von Unter- und Unterunterkriterien
Nach der hier vertretenen Auffassung gilt das Transparenzgebot nicht nur für die Hauptkriterien, sondern auch im Hinblick auf etwaige Unter- bzw. Unterunterkriterien. Auch die Gewichtung von Unter- bzw. Unterunterkriterien hat im Konzessionsvergabeverfahren zwingend zu erfolgen. Die Bewerber werden andernfalls nicht hinreichend deutlich über die Methodik zur Ermittlung des aus der Sicht der Gemeinde attraktivsten Angebots vorab in transparenter Weise unterrichtet.5
* WP/StB Rolf Faasch ist Geschäftsführer der Everheim Stuible Treuberater-GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft. Rechtsanwalt Dr. Julian Faasch ist im Bereich Öffentliches Wirtschaftsrecht bei der BDO Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH tätig und beschäftigt sich dort u.a. mit Konzessionsvergabeverfahren.
1 Graef/Horn, VersorgW 2014, 89 (91)= DokNr. 14002741.
2 LG Stuttgart, Urteil v. 02.10.2014, 11 O 181/14; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.04.2014, VI-2 Kart 2/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.04.2014, VI-2 Kart 3/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.04.2014, VI-2 Kart 4/13.
3 EuGH, Urt. v. 18.11.2010, C-226/09; OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.5.2013, 11 Verg 6/13; OLG München, Beschl. v. 19.03.2009, Verg 2/09; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.1.2008, VII-Verg 41/07; so auch Musterkriterienkatalog als Orientierungshilfe für die Entscheidung über die Einräumung von Wegerechten zum Betrieb von Strom- und Gasverteilnetzen der allgemeinen Versorgung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg v. 06.09.2013, in der Fassung v. 26.03.2014, S. 8.
4 Graef/Faasch, NZBau 2014, 548 (549).
5 LG Stuttgart, Urt. v. 02.10.2014, 11 O 181/14; LG Köln, Urt. v. 06.06.2014, 90 O 35/14; LG Köln, Urt. v. 06.06.2014, 90 O 169/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.04.2014, VI-2 Kart 3/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.04.2014, VI-2 Kart 4/13.